Gobiodon: Winzige Grundeln für winzige Aquarien

Die oben aufgestellte Rechnung: kleiner Fisch = kleines Aquarium geht nicht immer auf. Manchmal brauchen kleine Fische größere Aquarien als große Fische. Aber im Falle der Korallen- oder Zwerg-Grundeln der Gattung Gobiodon stimmt die Gleichung unbedingt!

Gobiodon okinawae, Männchen.

Einsteigern in das schöne Hobby Seewasser-Aquaristik empfiehlt man ganz allgemein, mit Aquarien ab 100 Litern Inhalt zu beginnen, größer schadet nicht, im Gegenteil, je größer, je besser. Begründet wird dies mit der größeren Stabilität des Wassers in größeren Aquarien. Rein chemisch gesehen ist das natürlich Unfug. Ein Liter Wasser ist genauso stabil oder instabil wie 100 Liter Wasser.

Gobiodon atrangulatus

Aber es gibt drei typische Anfängerfehler. Erstes: es wird zu viel gefüttert, weil die Fische immer so betteln, also wohl auch hungrig sind. Zweitens: das Aquarium wird überbesetzt. Und drittens: es wird kein regelmäßiger Teilwasserwechsel durchgeführt, weil das Wasser ja noch sauber aussieht. Bei allen drei Fehlern wirkt sich eine größere Wassermenge günstig aus, denn wenig Dreck in viel Wasser macht nun einmal weniger aus, als die gleiche Menge Dreck in wenig Wasser. Ist man aber einmal über das Anfängerstadium hinaus und hat Erfahrungen im Umgang mit den Tücken des Objekts gesammelt, steht der Einrichtung von einem oder mehreren kleinen Aquarien von 10 – 30 Litern Wasser Inhalt nichts mehr entgegen. Große Aquarien haben nämlich auch einen gewaltigen Nachteil: kleine Tiere verschwinden gerne mal darin auf Nimmerwiedersehen!

Gobiodon histrio

Korallengrundelchen
Diese Gefahr ist zwar bei den Korallengrundelchen der Gattung Gobiodon nicht gegeben. Aber sie haben so einige Eigenschaften, die es interessanter macht, sie in kleinen Spezialaquarien zu pflegen als im großen Riffbecken. Es gibt sehr viele Arten, 27 Arten sind derzeit als gültig anerkannt, etliche weitere harren noch der wissenschaftlichen Bearbeitung. Kaum eine wird wesentlich größer als 6 cm, die meisten werden sogar nur 2-3 cm lang. Trotz ihrer Kleinheit sind es recht zutrauliche, manchmal geradezu freche Fische. Das kommt daher, dass sie über einen giftigen Hautschleim verfügen, der offenbar echt ekelhaft schmeckt. Dadurch haben diese Grundelchen kaum Fressfeinde. Hinzu kommt noch, dass sie mit Steinkorallen der Gattung Acropora leben, in deren Ästen sie Schutz finden. Das kann man durchaus vergleichen mit der Symbiose von Clownfischen mit ihren Anemonen. In der Natur sind manche Gobiodon-Arten sogar artspezifisch an bestimmte Acropora-Arten gebunden.

Korallengrundeln leben in Symbiose mit Steinkorallen der Gattung Acropora, hier eine braune Art.

Artunterscheidung: schwierig!
Die Unterscheidung der Gobiodon-Arten ist ausgesprochen kniffelig, denn im Wesentlichen unterscheiden sich die Arten durch ihre Färbung und die wechselt im Laufe ihres Lebens auch noch. Darum ist es das Beste, wenn man möglichst von Anfang an ein Paar erwirbt, denn es könnte im Nachhinein sehr schwierig werden, nochmals ein Tier der gleichen Art oder Population nach zukaufen. Und das ist schade, denn Gobiodon-Arten lassen sich im Aquarium sogar nachzüchten. Die Geschlechter sind bei gleichaltrigen Tieren nicht sehr schwer auseinanderzuhalten, Männchen werden größer und haben einen dickeren Kopf. Bei G. okinawae haben Männchen zudem weiße Wangen. Da Korallengrundelchen, wie so viele Riff-Fische, ihr Geschlecht wechseln können, entwickeln sich zwei Individuen fast immer zu einem Paar.

Pärchen von G. okinawae, Männchen vorn

Schaden erzeugender Putztrieb
Eine solches Paar wäre in einem großen Riffbecken natürlich auch eine echte Schau. Doch leider kann man Gobiodon zumindest für Steinkorallen-Aquarien nur bedingt empfehlen. Dabei ist das geringere Problem, dass sie auch schon mal einen Polypen vernaschen. Das fällt nicht weiter ins Gewicht, denn Gobiodon fressen gerne Trocken- und Frostfutter, sind also leicht zu sättigen. Aber Korallengrundelchen pflanzen sich unter den paradiesischen Verhältnissen im Aquarium gerne fort. Und dazu putzen sie das Ablaichsubstrat, denn es sind Substratlaicher, die ihre Eier anheften. Das Ablaichsubstrat ist aber immer der Fuß einer Acropora oder, wenn keine Acropora da ist, einer anderen Steinkoralle. Diese können so sehr belästigt werden, dass sie sich nicht mehr öffnen oder gar eingehen. Herausfangen ist aber ein Ding der Unmöglichkeit, die winzigen Grundeln entwischen in einem großen Aquarium zuverlässig jedem Fangversuch des genervten Korallenliebhabers. Und darum pflegt und züchtet man Korallengrundelchen am besten in kleinen Spezialaquarien. Dort fallen ihre schlechten Eigenschaften nicht auf, die guten umso mehr!

Gobiodon citrinus

Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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Ein Kommentar zu “Gobiodon: Winzige Grundeln für winzige Aquarien

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