Die Wasserfrösche von Sanssouci

(fs) Der Park von Sanssouci in Potsdam wurde Ende des 18ten Jahrhunderts von dem Preußen-König Friedrich II, auch als Friedrich der Große oder „der alte Fritz“ bekannt, um das von ihm 1745 begonnene und 1747 fertiggestellte Schloss Sanssouci herum angelegt. Der Name Sanssouci ist zusammengezogen aus den französischen Worten sans (ohne) und souci (Sorge). Friedrich II selbst, aber auch seine Nachfolger bauten hier noch zahlreiche weitere, der Erholung dienende Schlösser, Gebäude und sonstige Bauwerke. Heute sind der Park und seine Bauwerke der Öffentlichkeit frei zugänglich und eine der Sehenswürdigkeiten, die man nach Möglichkeit mindestens einmal im Leben selbst besucht haben sollte.

Wasserfrosch in Sanssouci

Wasserfrosch in Sanssouci

Uns führte diesmal eher der Zufall hierhin. Tante Else stürzte, verletzte sich und wurde in ein Krankenhaus gebracht, das auf die Pflege alter Menschen spezialisiert ist. Mit ihren 93 Jahren kann man Tante Else als alten Menschen bezeichnen. Glücklicherweise ist sie aber geistig frisch geblieben. Keine Frage also, dass wir Tante Else besuchen und unsere ursprünglichen Pläne ändern würden. Wir wollten zwar eigentlich nach Kroatien, aber Potsdam ist ja auch schön. Das Krankenhaus liegt nahe zum Haupteingang des Parks von Sanssouci, das Wetter war herrlich, also besuchten wir nicht nur Tantchen, sondern auch den Park.

Brunnen in den Römischen Bädern. Das Wasser fließt über eine echte Mördermuschelschale in den Trog.

Für einen wasserliebenden Menschen ist besonders der Teil des Parks um die so genannten Römischen Bäder sehr anziehend. Dieser Teil wurde vom Urgroßneffen Friedrich des Großen, von Friedrich Wilhelm IV. in den Jahren 1829-1840 errichtet. Er grenzt an einen künstlichen See und hier kann man allerlei Fische – vor allem Rotfedern (Scardinius erythrophthalmus) mit herrlich roten Flossen, aber auch Ukeleis (Alburnus alburnus) – beobachten und es gibt schönes Ziergeflügel, wie Mandarinenenten, Höckerschwäne, Blesshühner und natürlich die unvermeidlichen Stockenten. Der wundervolle alte Bestand von Sumpfzypressen (Taxodium distichum) allein macht den Besuch schon zum Erlebnis. Verglichen mit diesen Lebewesen ist Tante Else noch ein Teenie…

Am Ufer des Sees blühte die Bachnelkenwurz (Geum rivale) mit ihren eigenartigen Glockenblüten. In einem abgegrenzten Teil des Gartens wuchs und blühte Mammutblatt (Gunnera manicata). Jede dieser Pflanzen ist es wert, dass eine Geschichte über sie erzählt wird, doch jetzt kommen wir endlich zu den eigentlichen Hauptakteuren dieses Blogs. Während des Fotografierens des Mammutblattes hörte ich sie quaken: Wasserfrösche. Zunächst dachte ich, sie lebten im See oder den bachartigen Abläufen des Sees, doch dann entdeckte ich, dass die Wiese vor den Römischen Bädern in der Mitte eine Vertiefung und darin einen rechteckigen Teich aufwies. Hier tummelte sich eine Truppe von 30-40 rufenden Fröschen.

Man kann die gesamte Anzahl der Tiere nur schätzen. Wenn sie sich nicht bewegen, sind sie hervorragend getarnt. Das müssen sie auch sein, denn jedes Raubtier frisst sie – angefangen von Stelzvögeln über Ringelnattern, Marderartige, Füchse, Katzen und sogar Menschen. Das Froschessen hat in Deutschland keine nennenswerte Tradition in der Neuzeit (früher war es absolut üblich), aber im englischen Sprachraum heißen die Wasserfrösche immer noch „edible frogs“ (also „essbare Frösche“) und die französische Tradition des Froschschenkelverzehrs ist ja bis heute sprichwörtlich.

wasserfrosch ruft

Dieser rufende Wasserfrosch im Teich von Sanssouci gehört der Art Rana ridibunda (Seefrosch) an, erkennbar an den grauen Schallblasen.

Um welche Froschart handelt es sich in Sanssouci? Auf jeden Fall um Wasserfrösche, soviel ist schnell klar. Es gibt in Deutschland sechs Froscharten, drei braune mit Gesichtsmaske (Grasfrosch, Moorfrosch und Springfrosch), die man als „Braunfrösche“ bezeichnet und die nur zur Fortpflanzungszeit im Wasser leben und drei grüne ohne Gesichtsmaske, die bei uns Wasserfrösche heißen, weil sie das ganze Jahr im Wasser bleiben: den Kleinen Wasserfrosch, den Seefrosch und deren Bastard, der Teichfrosch. Dieser Bastard ist bei weitem der häufigste aller Wasserfrösche bei uns und auch in Sanssouci leben hauptsächlich Teichfrösche (Rana kl. esculenta). Wie das kommt? Darüber demnächst mehr….

Wasserfrosch Schwimmruf

Schwimmruf


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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2 Kommentare zu “Die Wasserfrösche von Sanssouci

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