
Schwimmpflanzen erfüllen im Aquarium gleich eine ganze Anzahl von Aufgaben. Im Gegensatz zu den untergetaucht lebenden (der Fachausdruck lautet: submersen) Pflanzen wird man sie weniger ihres dekorativen Effektes wegen ins Aquarium einbringen.
Der Job der Schwimmpflanzen ist biologischer Natur. So fühlen sich z.B. viele Fische viel sicherer, wenn sie Deckung von oben haben. Das Ergebnis eines Schwimmpflanzenpolsters: Weniger scheue Tiere, die prächtigere Farben zeigen.
Für Jungfische sind die dichten Wurzelbärte der Schwimmpflanzen ideale Verstecke. Hier können sie sich vor den Fressgelüsten der anderen Aquarientiere in Sicherheit bringen und hier finden sie auch wichtige Zusatznahrung, wie verschiedene Kleinstlebewesen. Manche Fische laichen auch gerne in den Wurzelbärten ab.
Schwimmpflanzen sind zudem gerade in der Einlaufphase eines Aquariums pefekte Helferlein, denn sie verhindern während der heiklen Anwuchsphase der im Boden wurzelnden Pflanzen, dass diese von Algen überwuchert werden. Freilich muss man aber auch immer darauf achten, dass die Schwimmpflanzen nicht überhand nehmen und die schwimmenden Polster regelmäßig auslichten.
Ganz wichtig für die Kultur der Schwimmpflanzen ist, dass keine zu starke Filterströmung herrschen darf, sonst wachsen die Pflanzen nicht. Auch Schwitzwasser, das von der Deckscheibe auf die Pflanzen tropft, ist tödlich für viele Schwimmpflanzen.
Zu den Pflanzen, die aquaristisch etwas in Vergessenheit geraten sind, gehören die Moosfarne (Azolla). Im Handel werden sie auch unter dem netten Namen „Feenmoos“ angeboten, was jedoch botanisch falsch ist und der darum möglichst nicht verwendet werden sollte. Diese filigranen Pflänzchen verdienen es aber, einmal näher betrachtet zu werden, denn sie sind wirklich ganz hübsch anzuschauen und sehr interessant. Moosfarne leben ursprünglich nicht in Europa, sind heutzutage jedoch weltweit verschleppt und sind oft ausgesprochen invasiv. In Europa findet man verwildert die Arten Azolla caroliniana und A. filiculoides; erstgenannte Art ist in rauheren Klimaten jedoch nicht winterhart.
Moosfarne erscheinen blaugrün in der Farbe, was von einer die Blättchen bedeckenden Wachsschicht kommt, unter der symbiotische blaugrüne Algen leben. Diese Algen können Stickstoff aus der Luft binden. Moosfarne lieben nährstoffreiche Gewässer. Wenn Moosfarne viel Licht erhalten entwickeln sie rötliche Blätter, was auch im Herbst geschieht.
Die Verwendung von Moosfarnen kann im Aquarium oder im Gartenteich erfolgen. Im Teich besiedeln die Pflänzchen vor allem den schlammigen Uferbereich. Wer die Moosfarne aber um ihrer selbst willen beobachten möchte, der kann das auch in einem einfachen Einmachglas auf der Fensterbank tun. Hier kann man dann mit etwas Glück die Entwicklung der (weiblichen) Makrosporen und der (männlichen) Mikrosporen beobachten, denn diese erstaunlichen Pflänzchen sind tatsächlich zweigeschlechtlich! Für die Vermehrung von Moosfarnen im Aquarium ist das jedoch bedeutungslos, denn sie wuchern fröhlich durch ungeschlechtliche Sprossenbildung. Unter günstigen Bedingungen verdoppeln sie ihre Biomasse alle 4-5 Tage.
Diese Vermehrungsfreude kann mancherorts zu bösen Problemen führen. In Südafrika gibt es den biologisch besonders interessanten Labyrinthfisch Sandelia bainsii, der nur ein sehr kleines natürliches Verbreitungsgebiet hat. Dort kämpft er schon länger ums Überleben, denn man hat Forellen und Barsche als Angelfische ausgesetzt, die Sandelia verdrängen. In den wenigen Gewässern, in denen S. bainsii überlebt hat, wuchert nun Azolla. Sie wächst derartig dicht, dass die Labyrinther große Schwierigkeiten haben, Luft zu holen; dazu kommt, dass S. bainsii bei der Flucht aus dem Wasser springt. Landen die Tiere dabei auf dem Azolla-Teppich, finden sie nicht mehr zurück ins Wasser und verenden elendiglich.
Aber diese menschgemachte Katastrophe sollte nicht dazu führen, das Staunen über die kleinen Schwimmpflanzen zu vergessen oder gar auf ihre Pflege zu verzichten. Aquarienpfleglinge oder Gartenteichbewohner gehören nun einmal nicht in die freie Natur, überschüssige Pflanzen muss man kompostieren oder in der Biotonne entsorgen, wer kleine Schwimmpflanzenarten im Teich pflegt, muss dafür sorgen, dass keine Schwimmvögel auf dem Teich zwischenlanden können, die diese Pflanzen an ihren Füßen mitschleppen, dann passiert auch nichts. Abgesehen davon sind Moosfarne ohnehin schon weltweit verbreitet, dieses Kind liegt also längst im Brunnen und das lässt sich auch nicht mehr ändern. Moosfarne sind bezüglich ihrer Biologie spannende Pfleglinge.
Im krassen Gegensatz zur ungeschlechtlichen Vermehrung steht nämlich die sexuelle Vermehrung der Moosfarne. Denn so rasch die durch Sprossung Klone entwickeln, so kompliziert ist ihr Sex. Es wurde schon gesagt, dass es männliche Mikrosporangien und weibliche Makrosporangien gibt. Sie sind in Sporenbehältern (Sporokarpien) untergebracht, die, je nachdem welche Sporangien sie enthalten, Mikrosporokarpien oder Megasporokarpien heißen. Diese Sporenbehälter sind meist paarig an der Pflanze zu finden. Bei Azolla filiculoides haben die Mikrosporokarien etwa 1,5 mm Durchmesser, enthalten 8-130 Mikrosporangien und jedes Mikrosporangium enthält 64 Mikrosporen, die zu Gruppen in 3-10 Massulae zusammengefasst sind. Die Megasporokarpien haben einen Durchmesser von ca. 0,5 mm; sie enthalten jeweils ein Makrosporangium mit einer Makrospore, die bereits eine kleine Kolonie der symbiotischen Blaualge enthält; diese Blaualge heißt übrigens Anabaena azollae.

Bei intensensivem Licht färbt sich Azolla rot bis rotbraun ein. Die grüne Pflanze auf dem Bild ist Utricularia aurea, eine fleischfressende Pflanze.
Wenn beide Sporentypen reif sind, platzen die Sporokarpien auf; die Mikrosporokarpien entlassen ein schwammartiges Gewebe von Massulae, das sich mittels Haftfäden an die Makrosporangien anheften. Gemeinsam sinkt das Gebilde nun auf den Gewässergrund. Dort beginnt die eigentliche Fortpflanzung; wie bei allen Farnen bildet sich ein Vorkeim, der Prothallus, der in diesem Fall ein Mischgewebe aus Massula und Makrospore ist. Dort wachsen Geschlechtsorgane, auf dem Mikrosporengewebe Antheridien, die begeißelte männliche Gameten (Antherozoiden, vergleichbar Spermien bei Tieren) enthalten und aus der von der Makrospore gebildeten Thallus in Archegonien genannten Geschlechtsorganen Oospheren (vergleichbar der Eizelle bei Tieren). Die Oosphere wird von Antherozoiden befruchtet, ganz ähnlich wie beim tierischen Sex, die Geschlechtszellen (Gameten) verschmelzen: ein neuer Farnpflanzenembryo mit neuer genetischer Kombination ist entstanden.
Geben Sie´s ruhig zu: wer bislang glaubte, im Kamasutra ginge es kompliziert zu, wird jetzt sehr bescheiden!
Frank Schäfer
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