Wollen die Grünen die Aquaristik verbieten?

Die Bundestagswahl steht vor der Tür und alle Parteien, die sich zur Wahl stellen, kämpfen mit ihren Wahlprogrammen um Stimmen. Auf Seite 55 des Wahlprogrammes der Grünen Partei (https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm-DIE-GRUENEN-Bundestagswahl-2021_barrierefrei.pdf) findet sich der folgende Programmpunkt (dies ist ein wörtliches Zitat):

Wildtierhandel an die Leine legen 

Die Covid-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch zusammengedacht werden und dieser Planetary-Health-Ansatz zum Prinzip unseres Handelns werden muss. Der Raubbau an der Natur hat keine Zukunft. Die Pandemie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier auf den Menschen übertragenen Infektionskrankheit. Solche Krankheiten werden immer häufiger, sie werden durch die fortschreitende Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume begünstigt. Dem gilt es überall auf der Welt entgegenzuwirken. Wildtiere gehören in die Wildnis, der Handel mit ihnen muss strenger reguliert, existierende Regularien müssen konsequent umgesetzt werden. In den Herkunftsländern müssen wirtschaftliche Alternativen aufgebaut werden. Wildtierhandel auf Online-Portalen und gewerblichen Börsen sowie kommerzielle Importe von Wildfängen und die Einfuhr von Jagdtrophäen müssen ganz verboten werden. Die Haltung von Tieren aus Wildtiernachzuchten sollte an eine Positivliste und einen Sachkundenachweis geknüpft werden, der sich an der Schwierigkeit der Haltung der jeweiligen Tierart bemisst. Auch die industrielle Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat. Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen auszurichten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Haltung von Tieren in und der Handel mit Pelzen aus Pelztierfarmen beendet werden. 

Ende des Zitats

Nahezu sämtliche Aquarienfische sind Wildtiere im Sinne dieses Textes. Ein Wahlsieg der Grünen Partei oder eine Regierungsbeteiligung könnte also dazu führen, dass die Grünen ein generelles Handelsverbot für Zierfische (sowie für alle anderen Wildtiere, wie Amphibien, Reptilien, Vögel, Kleinsäuger, Insekten, Krebstiere, Spinnenartige, Blumentiere, Stachelhäuter, Mollusken, Ascidien, Würmer etc.) fordern. Ist an diesen Forderungen etwas dran? Sind wir Aquarianer*innen Naturzerstörer, denen man im Sinne des Gemeinwohls das Handwerk legen muss? Nostra culpa? Wohl kaum. Hier noch einmal der Text aus dem Wahkampfprogramm, aber diesmal von mir kommentiert:

Wildtierhandel an die Leine legen 

Die Covid-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch zusammengedacht werden und dieser Planetary-Health-Ansatz zum Prinzip unseres Handelns werden muss. Wunderbar, dafür sind wir hoffentlich alle. Der Raubbau an der Natur hat keine Zukunft. Richtig, Wildtierfang für die private Wildtierhaltung ist allerdings nachhaltig und eben kein Raubbau an der Natur, sondern im Gegenteil ein Paradebeispiel, wie eine umweltverträgliche und langfristige, nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen aussehen kann; im Fall von Zierfischen ist der Wildfang sogar das wirkungsvollste Konzept zum langfristigen Naturschutz in aquatischen Lebensräumen, das existiert. Die Pandemie basiert auf einer Zoonose, einer vom Tier auf den Menschen übertragenen Infektionskrankheit. Das ist wohl richtig, hat aber nichts mit Wildtierhaltung zu tun, sondern mit dem Verzehr ungenügend gegarten Fleisches. Um solche Zoonosen künftig auszuschließen, müsste man die Jagd grundsätzlich und weltweit verbieten und damit die älteste, natürlichste und umweltverträglichste menschliche Lebensweise, nämlich die des Jägers und Sammlers. Will die Grüne Partei tatsächlich alle freien indigenen Völker weltweit, die diese Lebensweise führen, zwangszivilisieren und verstädtern, um künftigen potentiellen Zoonosen vorzubeugen? Solche Krankheiten werden immer häufiger, sie werden durch die fortschreitende Zerstörung der Natur und das Vordringen der Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume begünstigt. Das ist fachlich objektiv falsch. In artenreichen, intakten Lebensräumen kommt es kaum zu von Wildtieren übertragenen Zoonosen, so etwas wird erst begünstigt durch die Artenverarmung in anthropogen stark veränderten Lebensräumen. Mit anderen Worten: Zoonosen entwickeln sich nicht in abgelegenen Naturräumen, sondern in Randgebieten und Zentren des menschlichen Siedlungsbereiches. Dem gilt es überall auf der Welt entgegenzuwirken. Wem gilt es demnach entgegenzuwirken? Dem Vordringen von Menschen in die letzten natürlichen Lebensräume oder den Zoonosen? Letztere gibt es in den letzten natürlichen Lebensräumen nicht. Noch nicht einmal in vom Menschen schon lange besiedelten, naturnahen Lebensräumen, von wo die für den Wildtierhandel gesammelten Arten stammen. Wildtiere gehören in die Wildnis, Quatsch, müssen wir jetzt alle Wildtiere, also u.a. Amsel, Drossel, Fink und Star, aus unseren Gärten vertreiben, weil ein Garten ja wohl kaum die Wildnis ist? der Handel mit ihnen muss strenger reguliert, Wozu? Zur Eindämmung von Zoonosen? Das tut nicht not, Zoonosen kommen nicht über diese Tiere; der Handel mit lebenden Kleintieren ist auch aus Artenschutzgründen unbedenklich. Es ist noch nie auch nur eine Tierart durch den Lebendhandel ausgestorben, obwohl täglich Tierarten durch Lebensraumzerstörung aussterben existierende Regularien müssen konsequent umgesetzt werden. Werden sie doch, da besteht kein Handlungsbedarf In den Herkunftsländern müssen wirtschaftliche Alternativen aufgebaut werden. Die Alternativen zum Fang von Zierfischen in Brasilien bedeuten Goldschürfen mit katastrophalen Auswirkungen auf die Umwelt durch Quecksilberverseuchung oder Brandrodung, die zum Aussterben sämtlicher Wildtiere in der brandgerodeten Fläche führt – das führt zu Zoonosen! – und zur Vernichtung traditioneller, umweltverträglicher Lebensweisen. Wildtierhandel auf Online-Portalen und gewerblichen Börsen Warum? sowie kommerzielle Importe von Wildfängen Das ist fachlich nicht zu begründen; es gibt aus wissenschaftlicher Sicht weder Artenschutz-Bedenken noch die Gefahr von Zoonosen durch z.B. den kommerziellen Import von Wildfängen von Neonfischen. Ein solches Verbot würde bei fast allen Arten lediglich zu einem unkontrollierbaren Schwarzmarkt führen, in dem die sehr strengen Tierschutz-Gesetze und Quarantäne-Vorgaben, ebenso wie Einfuhr-Quoten für Arten, bei denen eine Übernutzung bedenklich wäre (Washingtoner Artenschutzabkommen), völlig ignoriert werden würden und die Einfuhr von Jagdtrophäen Wo kommt das denn jetzt her? Jagd findet entweder auf Grundlage der bestehenden Gesetze statt, dann ist ein solches Einfuhrverbot kaum zu begründen oder durchzusetzen, oder sie ist illegal, dann sind auch die Trophäe und ihre Einfuhr bereits jetzt illegal. Da braucht man keine neuen Gesetze müssen ganz verboten werden. Die Haltung von Tieren aus Wildtiernachzuchten sollte an eine Positivliste Das mindert nicht die Zoonosen-Gefahr und hätte zugleich verheerende Auswirkungen auf den Artenschutz, da es eine unbestrittene Tatsache ist, dass viele Tierarten die nahe Zukunft nur in menschlicher Obhut überleben und in freier Natur durch Lebensraumzerstörung aussterben werden; wir müssen sie für künftige Generation aber unbedingt erhalten, das hat Priorität vor allen anderen Bemühungen, denn eine ausgestorbene Tierart kann nie wieder zum Leben erweckt werden. Zur Arterhaltungszucht braucht es Expertenwissen und dieses Expertenwissen haben ausschließlich die Wildtierhalter und einen Sachkundenachweis Wer soll denn diesen Sachkundenachweis abnehmen? Nicht-Tierhalter, wie die, die diesen sicher wohlmeinenden, aber fachlich katastrophal ignoranten Wahlkampfprogramm-Punkt entwickelt haben? Halter und Züchter schwieriger Tierarten sind Experten und brauchen keine Gängelung durch Behörden, deren Angestellte in aller Regel in diesen Belangen zudem völlig ahnungslos sind  geknüpft werden, der sich an der Schwierigkeit der Haltung der jeweiligen Tierart bemisst. Auch hier wieder – wer beurteilt das? Natürlich fordert ein Blauwal andere Haltungsvoraussetzungen als ein Guppy, aber wer die Voraussetzungen dafür schaffen kann, kann jede Tierart halten und züchten  Auch die industrielle Tierhaltung kann zu Pandemien beitragen, wie sich an coronainfizierten Nerzen gezeigt hat. Und doch hat die Nerzhaltung sich nicht als erheblicher Multiplikator in der Pandemie erwiesen. Die Infektion der Nerze mit Covid-19 war ein Folge, nicht die Ursache der Pandemie. Zoonosen allgemein werden fast ausschließlich von domestizierten Arten, also Haustieren, auf den Menschen übertragen. Ist dann der nächste Schritt ein generelles Haltungsverbot von Haus- und Heimtieren? Das wäre die Konsequenz, wenn man bereit ist, dieser Argumentation zu folgen – allgemeines Verbot von Hund, Katze, Meerschweinchen, Kanarienvogel & Co? Die Tierhaltung ist deshalb auch an den Notwendigkeiten zur Eindämmung möglicher Zoonosen auszurichten. Das tut sie längst, man denke an die Papageienkrankheit, die Tollwut und die Vogelgrippe, um nur ein paar der bekanntesten Zoonosen zu nennen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Haltung von Tieren in und der Handel mit Pelzen aus Pelztierfarmen beendet werden. Das hat nun aber nichts mit Wildtierhandel zu tun und ist darum an dieser Stelle des Wahlprogrammes falsch untergebracht. Nerze und andere in Farmen gehaltenen Pelztiere sind längst domestiziert und keine Wildtiere.

Liebe Grüne Partei, welcher Teufel hat Dich geritten, ausgerechnet die Wildtierhalter zum Feindbild zu erklären? Das sind doch die natur-interessiertesten Menschen überhaupt, Hüter  und Bewahrer geballten Fachwissens, die besten Berater, die man sich vorstellen kann, wenn es um wirkungsvolle Artenschutzmaßnahmen geht. Warum machst Du Dir die zum Feind, statt sie ins Boot zu holen und gemeinsam mit ihnen den gegenwärtigen katastrophalen Verlust an Biodiversität wenigstens ein klein wenig zu bremsen? Der künstlich hergestellte Zusammenhang zwischen Wildtierhaltung und der Pandemie ist ja wohl allerunterste Schublade auf Boulevard-Niveau und völlig ungeeignet, irgend etwas Positives zu entwickeln.

An dieser Stelle muss ich auch einmal persönlich werden. Ich gehöre zu der Generation, deren politisches Erwachen in die Zeiten des Overkills und Wettrüstens und der unkontrollierten Naturzerstörung fiel. Bereits als Schüler organisierten wir damals Schulstreiks (das ist keine Erfindung von Greta Thunberg), um unsere Angst vor einem atomaren dritten Weltkrieg zu demonstrieren, gingen auf die Straße gegen den Bau der Startbahn West und gegen Atomkraft. Wir waren Teil der Bürgerinitativen, die für Frieden und Umweltschutz eintraten und aus denen sich schließlich die Grünen entwickelten. Gefühlt waren wir alle Gründungsmitglieder der Grünen und platzten vor Stolz, dass wir einen grünen Umweltminister im Kabinett Börner hatten. Seit ich wahlberechtigt bin (1982) wähle ich grün. Ich bin bitter enttäuscht, dass die Grünen bis heute kein schlüssiges Konzept zum Artenschutz vorlegen. Immer wieder auf dem Tier-Handel und den Tier-Haltern herumzuhacken, ist lächerlich, beide haben objektiv nichts mit dem weltweiten Verlust an Biodiversität zu tun. Seit 1979 (Berner Konvention) wurde z. B. der Handel mit wildlebenden Tieren aus Europa mehr und mehr eingeschränkt, seit Jahrzehnten gibt es ihn de facto nicht mehr. Für keine einzige wildlebende Tierart Europas hat sich der Gefährdungsgrad dadurch zum Positiven hin verändert. Statt dessen stirbt die Generation der Halter, die sich noch mit der fachgerechten Eingewöhnung und Nachzucht von europäischen Wildtieren, z.B. Singvögeln, auskennt, nach und nach aus. Ex situ-Zuchten sind das einzige mögliche Mittel, um hochgradig gefährdete Arten vor dem endgültigen Aussterben zu retten. Wer soll das denn machen, wenn es keine erfahrenen Wildtierhalter mehr gibt? Offensichtlich geht es im Bereich Artenschutz bei den Grünen nicht mehr darum, diesen auch zu betreiben, sondern nur noch darum, das Thema für Wahlkampfpropaganda auszuschlachten.

Ich habe in der Vergangenheit oft die Grüne Partei gewählt, obwohl einzelne Programmpunkte meinen persönlichen Interessen entgegenstanden. Ich war immer der Überzeugung, dass das Allgemeinwohl vorgeht. Aber in dem aktuellen Wahlprogramm wird eine Gesinnung dargelegt, die es mir unmöglich macht, die Grünen zu wählen. Tierhaltung allgemein und Wildtierhaltung im speziellen erfordern ungeheures Fachwissen und gewaltiges Engagement. Tierhalter pauschal zu kriminalisieren und sie für alles Elend in der Welt verantwortlich zu machen ist doch keine Lösung für irgend ein Problem! Ich appelliere dringend an die für das Wahlprogramm Verantwortlichen, diesen Unfug von „Den Wildtierhandel an die Leine legen“ aus dem Programm zu nehmen, damit die Grünen wieder eine für Tierfreunde wählbare Partei werden – im Moment ist sie das nicht!

Frank Schäfer

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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12 Kommentare zu “Wollen die Grünen die Aquaristik verbieten?

  1. Silvio Zöllner

    Hallo Frank,

    das ist sehr gut kommentiert.
    Dennoch bin ich der Meinung, dass eine Grüne Regierung bzw. Regierungsbeteiligung erstrebenswert ist, da die anderen Parteien viel zu wenig Anstrengungen unternehmen werden um „den Planeten“ zu retten.
    Und letztlich wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird.
    Gruß Silvio

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  2. Thomas

    Das habe ich irgendwann nicht mehr weitergelesen. Da hat aber einer eine ganz seltsame Brille auf. Natürlich ist der X-milliardenfache Fang von Fischen(et al) damit sie beim Tansport, in Läden und Wohnzimmern/Kellern zum Teil unter schrecklichen Zuständen ihren teilweise schnellen Tod finden eine Arschlochaktion. Da kann man noch so viel Text draufwerfen, das wird dadurch nicht besser.

    Ich kaufe nur Fische von privaten Züchtern und das funktioniert wunderbar. Ist also alles nicht so schlimm, selbst wenn man nichts mehr aus der Natur klaut.

    Schöner Sonntagsfilm: https://www.youtube.com/watch?v=XrYqhthEVRY

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    1. Frank Schäfer Beitragsautor

      Guten Tag,

      genau diese Praxis – bei privaten Züchtern kaufen – soll ebenfalls verboten werden („Wildtierhandel auf Online-Portalen … müssen ganz verboten werden.“)

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    2. Markus Si.

      Naja, aus der „Natur“ klauen ist es nicht mehr -eher aus der Natur retten… Fakt ist – und jetzt nur Mal auf Korallen zu sprechen zu kommen, das viele Steinkorallen in Australien und ganz besonders auf den Malediven man hätte retten können, wenn man diese entnommen hätte um sie später wieder „auszuwildern“ macht man nix, kann man nur noch zu schauen (in Büchern) wieschöndie einmal waren….

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  3. Andreas

    Hallo, guter Artikel. Der Passus „noch nie ist eine Wildtierart durch Lebendhandel ausgestorben“ ist, meiner Andicht nach mit Vorsicht zu genießen, da der Spixara genau aus diesem Grund in Freiheit ausstarb ABER eben auch durch angagierte und koordinierte Nachzucht nach Jahrzehnten wieder ausgewildert werden konnte.
    Die Argumentation ist insgesamt absolut schlüssig und jeder, der über Umweltzwerstörung durch Wildfangfische für die Aquaristik nachdenkt, sollte erstmal überlegen, ob es nicht im eigenen Konsumverhalten Stellschrauben gibt. Die Futterfische für Farmlachse, die Seehechte für Fischstäbchen und der Wildschweingulasch sind nämlich ebenfalls Naturentnahmen. Nur dass die halt nicht gepflegt, sondern gleich getötet werden…

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  4. Thomas

    Die Formulierung im Programm der Grünen ist sehr allgemein und bezieht sich keineswegs explizit auf die Aquaristik. Man kann es so interpretieren, wie Frank es tut… aber gemeint sind in erster Linie natürlich die skandalumwitterte Diskussion über Krokodile in der Badewanne oder in der Kiesgrube und giftigen Tieren, die im Mehrfamilienhaus verschollen sind.
    Grundsätzlich zeigt es aber auch auf, dass wir die Menschen, die in der Politik tätig sind, viel mehr und direkter mit der Bedeutung und den Stärken unseres Hobby konfrontieren müssen. Was man nicht kennt, dass schafft man problemlos ab. Ich hatte heute ein langes Gespräch mit der Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Tierschutz der baden-württembergischen Grünen. Da sind keine Betonköpfe am Werk (bis auf die wenigen, die man überall findet) sondern interessierte und differenzierte Menschen, die viel zu wenig über die Aquaristik wissen – aber wissbegierig sind.

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    1. Frank Schäfer Beitragsautor

      Ja, absolut richtig, das bezieht sich nicht explizit auf die Aquaristik, aber eben auch. Niemand wird ernsthaft annehmen, man könne Dummheit (Krokodile in der Badewanne, Kobras im Wohnblock, Goldfische im Einmachglas, ausgesetzte Hunde auf dem Autobahnrastplatz, etc. pp.) durch Gesetze verbieten. Ein Wildtierhaltungsverbot wie es in dem genannten Programmpunkt gefordert wird, würde eine gewaltige Mehrheit verantwortungsvoller Tierhalter kriminalisieren und die Deppen blieben Deppen und würden ihren (bereits jetzt ja schon strafbaren) Handlungsweisen unbeeindruckt weiter frönen.
      Ich bin absolut für Diskussion und Aufklärung. All das beginnt aber bereits in der Schule und im Kindergarten. Ein vernünftiger Biologieunterricht, möglichst mit Tierhaltung als festem Lehrinhalt, in dem Lehrer ein Schulaquarium und -terrarium betreiben, mit einem Schulgarten und wo jedes Frühjahr Froschlaich gesammelt werden darf, um den Kindern das Wunder der Amphibienmetamorphose nahe zu bringen – das brächte tausendmal mehr als jedes Wildtier-Verbot. Nur so als Anregung für aufgeschlossene politisch Handelnde. Wir brauchen wieder mehr Heimtierhaltungen, vor allem durch KInder, auf gar keinen Fall weniger. Aus dieser Gruppe der heimtierhaltenden KInder rekrutieren sich sich die späteren Biologen und Wildtierhalter und -züchter.

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  5. Günter Heilmann

    Lieber Frank,

    wie Du siehst: Grün wählen ist gut, mitmachen ist besser!

    Als Grüner seit Gründungsjahr, gelernter Biologe und Pfleger etwa von 2,2 _P. mokelembembe_ Schliewen & Schäfer, 2006 in einem Artenbecken doch einige Anmerkungen zu Deinem Text:

    (i) Mit „Wildtier“ ist das gemeint, was in den Stocklisten Deines Arbeitgebers die Anmerkung „wc“, nicht jedoch „cb“ trägt, auch wenn letztere gerne als ostasiatische Teich- und Beckennachzuchten ebenfalls neben der „Startbahn West“ landen.

    (ii) Auch schon zu Zeiten der „Startbahn West“ fanden sich etwa in der DATZ begründete Ablehnungen zu Positivlisten für die Heimtierhaltung. Denn selbstverständlich birgt eine nachhaltige Naturentnahme keinerlei Gefahr für einen Wildbestand (Auch wenn es etwa im Kongo auf kriminelle Weise zu Giftfischerei kommt, bei dem ein Teil auf dem Fischmarkt, der andere Teil in den Aquarienfisch-Export gelangt).

    (iii) Andererseits könnte eine Positivliste auf indirekter Weise Wirkung entfalten. So hätte die Alibi-Begründung Brasiliens zum Exportverbot des dann nicht mehr vorhandenen L46 etc. als Ausgleichsmaßnahme zum Bau des Belo-Monte-Staudamms am Rio Xingu kaum Bestand haben können. Auch der Effekt der Bewusstbarmachung und Dokumentation ist nicht zu verachten.

    (iv) Langfristig wird die wirtschaftliche Bedeutung von Wildfängen zurückgehen. Schon jetzt kann die Naturentnahme des wirtschaftlich bedeutsamsten Aquarienfisches, _Paracheirodon innesi_ (unter den natürlichen extremen Bedingungen ein Saisonfisch), kaum mehr mit den ostasiatischen Zuchtbetrieben konkurrieren. Gleichwohl wird sich hierdurch der entsprechende ökologische Fußabdruck eher intensivieren.

    (v) Das Genannte betrifft den Rechtsrahmen der BRD – u. a. vor dem Hintergrund des Art. 20a GG, der den Tierschutz als Staatsziel vorschreibt. Wie Du da das Jagdrecht indigener Völker oder das Vergrämen der Nilgans im Vorgarten davon betroffen siehst, vermag ich nicht zu erkennen…

    (vi) Zoonosen setzen natürlich erst einmal einen Berührungspunkt mit Menschen voraus. So findet die sich gegebenenfalls auch auf den Menschen übertragbare Fischtuberkulose an Fischen im heimischen Aquarium oder in den Nachzuchtbetrieben, kaum aber im natürlichen Lebensraum. Richtig ist auch, dass bisher keine Viruserkrankung bekannt geworden ist, die sich von Fisch auf Mensch übertragen lässt. Bei höheren Vertebraten sieht das aber anders aus (vgl. bsw. Influenza-A-Virus H5N1 (Vogelgrippe) und eben SARS-CoV-2). Und Zoonosen werden anthropogen bedingt zunehmen: https://www.gruene.de/artikel/nicht-die-nerze-sind-schuld.

    (vii) Wie Du an mir siehst: Nein, wir Grüne wollen die Aquaristik nicht verbieten. Denn nur, was der Mensch kennt, kann der Mensch schützen. Ja, wir Grüne haben ein schlüssiges Konzept zum Artenschutz. Wer hierzu mehr grün will, muss auch mehr grün wählen, damit manches nicht nur im Senckenberg-Museum, sondern immerhin auch noch im Frankfurter Zoo zu sehen ist.

    (viii) Für welche wildlebenden Tiere aus Europa möchtest Du denn den Handel dereguliert haben? Waschbären? Damwild? Singvögel? Gelege von Greifvögeln? Griechische Landschildkröten? Kammmolche? Lachse aus dem Main? Störe? Und versuche Dich doch einmal an der Zootierhaltung des Feldhasen…

    (ix) Möchtest Du Dir nicht einmal überlegen, wie sich die Verfehlung des Zwei-Grad-Ziels wirtschaftlich auf den Handel eines „rare [sic!] fish specialist“ auswirken wird?

    Mit bündnisgrünen Grüßen,

    gh

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    1. Frank Schäfer Beitragsautor

      Lieber Günter,

      aber ich mach doch mit 🙂

      Polypterus mokelembembe ist eine Paradebeispiel PRO Wildtierhandel. Zunächst einmal wäre die Art ohne diesen gar nicht erst entdeckt worden. Bevor Uli und ich ihn beschrieben, war er anhand von Alkoholmaterial stets als P. lowei oder andere Arten fehlidentifiziert worden, mir fielen die Unstimmigkeiten bei der Art nur auf, weil ich ein Bestimmungsbuch für Aquarianer über Polypterus schrieb. P. mokelembembe ist als stenöke Art (Schwarzwasserbewohner) von allen Polypterus-Arten am anfälligsten gegen Biotopzerstörung. Wäre er nicht formell beschrieben, gäbe es ihn offiziell gar nicht und bräuchte bei Umweltverträglichkeitsüberlegungen von z.B. Staudammprojekten auch nicht berücksichtigt zu werden. Der Welt-Jahresbedarf an P. mokelembembe für den Zierfischhandel liegt im niedrigen dreistelligen Bereich. Züchten hierzulande lohnt sich darum nicht, denn bei so kleinen Stückzahlen fehlt dafür die wirtschaftliche Grundlage. Umgekehrt verdienen kongolesische Zierfischfänger an den paar mokelembembe, die sie für den Export fangen, erheblich mehr, als an vergleichsweise großen Mengen Speisefischen, die sie alternativ für ihren Lebensunterhalt fangen müssten. Das ist doch eine wunderbare win-win-sitation.

      Man kann nur schützen was man kennt. Im Fall von Kleinfischen (aber auch Reptilien, Amphibien und etlichen weiteren Kleintieren) kennen wir die Biodiversität nur dank des Wildfangimportes (kommerziell und privat). Er führte bei z.B. Apistogramma z.B. zu einer Steigerung der bekannten und erfassten Arten nach 1960 von ca. 20 auf weit über 100, bei den Kampffischen von kaum einem Dutzend auf ebenfalls weit über 100, bei den hochgradig bedrohten Prachtzwergguramis von 3 auf gut 25, bei den Malawibuntbarschen, Tanganjikabuntbarschen, Killifischen und Lebendgebärenden sind die Zahlen sogar noch höher.

      zu i) WC (also wild caught) ist aus eben genannten Gründen wirklich wünschenswert und positiv. CB (captive bred) ist, obwohl eingeflogen, ökologisch bei den meisten Arten sinnvoller, als sie mit hohen Strom- und Wasserkosten hierzulande zu züchten. Wir bauen ja auch keine Gewächshäuser, um hier Bananen, Ananas und andere Südfrüchte anzubauen – oder, das wäre die Alternative – deren Verzehr zu verbieten. Feintuning ist immer gut. Ich sehe als Bewohner eines Spargelanbaugebietes auch keinen ökologischen Sinn darin, drei Wochen vor Beginn der Saison, Spargel aus Südafrika einzufliegen. Andererseits: macht das wirklich was?

      zu ii) ja. Positivlisten sind sch…. und bringen rein gar nichts für Arten- und Tierschutz, was man an Staaten sieht, wo sie existieren (z.B. Norwegen)

      zu iii) ich bin im Grunde bei Dir, aber man sieht am weitgehenden Beschäftigungsverbot der Bundesbürger mit heimischen Wildtieren durch unsere Artenschutzgesetze, dass sehr viel mehr Wissen verloren geht, als Bewusstsein geschaffen wird, wenn erst einmal staatliche Restriktionen greifen. Darum bleibe ich beim uneingeschränkten NEIN zu Positivlisten.

      zu iv) Wirtschaftlich ist Wildfang hierzulande nur in Randbereichen der Branche interessant (für die allerdings existentiell; auch die Interessen von Minderheiten müssen berücksichtigt werden, wenn sie nicht den Interessen der Allgemeinheit unverhältnismäßig entgegenstehen. Das tut das bissel Wildfang im Handel ganz gewiss nicht). Etwa 80% der gehandelten Zierfische weltweit beschränken sich auf weniger als 100 Arten, die ausnahmslos gezüchtet werden. Von den verbleibenden 20% sind über 90% Rote Neon (Paracheirodon axelrodi) und nur das, was dann noch übrig bleibt ist Wildfang im Sinne von WC. Es geht bei meiner vehementen Ablehnung des Wildtierhaltungsverbotes nicht so sehr um die kommerziellen Anbieter, sondern um die zahlreichen privaten Halter und Züchter, denen ein Import (z.B. mit Hilfe der genannten kommerziellen Händler, die nämlich das gesamte hochkomplexe Geflecht von bereits bestehenden Gesetzen und Verordnungen kennen und beherrschen) ebenso möglich bleiben muss, wie die uneingeschränkte Vermarktung ihrer Nachzuchtüberschüsse, was wiederum nur über kommerzielle Tierhändler oder Börsen möglich ist. Wohin sonst mit hunderten Fröschen oder Fischen, die leicht einmal bei einer Nachzucht anfallen?

      zu v) Mir ging es um den im Programmpunkt hergestellten Zusammenhang von Wildtierhandel und Zoonosen, der nicht existiert. Tierschutz als Staatsziel hat nichts mit Wildtier oder Haustier zu tun, das betrifft alle Arten. Tierschutz im Wildtierhandel ist schon aus wirtschaftlichen Gründen unumgänglich. Fische und andere Kleintiere sind extrem empfindliche Lebewesen (verglichen z.B. mit Nutztieren wie Schweinen, Hausgeflügel, Hunden, Katzen etc.), die schlicht und ergreifend sterben, wenn sie nicht tierschutzgerecht behandelt werden. Es ist noch keinem Exporteur oder Importeur, auch keinem Groß- oder Einzelhändler je gelungen, mit kranken oder toten Tieren langfristig Geld zu verdienen. Das wirtschaftliche Überleben des Tierhandels ist so eng an tierschutzgerechte Behandlung der „Ware“ gebunden, dass gesetzliche Forderungen ohnehin in aller Regel übertroffen werden.

      zu vi) Natürlich hast Du mit Fisch-Zoonosen recht, sag ich ja. Allerdings liegt die Gefahr der Fischtuberkulose hauptsächlich in der Seltenheit ihres Auftretens, weshalb sie nur selten richtig diagnostiziert wird und entsprechend selten die adequate Behandlung eingeleitet wird. Die Krankheit wird als „Schwimmbadgranulom“ bezeichnet. Sie tritt daher durchaus auch bei Nicht-Fischhaltern auf, klinisch wohl sogar häufiger als bei Fischhaltern. Die wahrscheinlich aktuell bedeutendste Zoonose kommt über heimische Kleinnager, nämlich in Form der Hanta-Viren.

      zu vii) Ohhh, in dem Link steht aber was anderes: „2011 betrug der Umsatz des Wildtierhandels 11 Milliarden Dollar. Bei den globalen Verbrechen rangiert der illegale Handel mit wilden Tieren nach Drogenhandel, Produktpiraterie und Menschenhandel auf Platz vier. In die Staaten Europas wird dabei alles importiert, was man sich vorstellen kann: Affen, Tiger, Schlangen, Vögel, Insekten, Reptilien und Fische. Sie werden gefangen, der Natur entnommen und Tag für Tag dichter an die Ausrottung getrieben. In Deutschland aber ist der Handel mit Wildtieren zum größten Teil sogar legal. Im Zeitraum 2014 bis 2018 wurden allein 1,3 Millionen lebende Reptilien legal nach Deutschland importiert.“ und später „Wichtig ist zweitens, den Import von Wildtierfängen zu verbieten, ebenso den Besitz und Verkauf von Tieren, die in ihrem Heimatland illegal gefangen und exportiert wurden. Zugleich brauchen wir Positivlisten für die Haltung von Tieren, die aus Tier-, Natur- und Artenschutzgründen, Gesundheits- und Sicherheitsaspekten in Privathaltung unbedenklich und dauerhaft möglich sind. Gewerbliche Tierbörsen sollten untersagt werden.“ Sei mir nicht böse, da beißt sich die Katze in den Schwanz. Ich glaube gerne, dass es nicht Kernpunkt der Grünen ist, Aquaristik und Terraristik zu verbieten. Die berühmten 1,3 Millionen legal importierter Reptilien in vier Jahren entsprechen ca. der Menge Reptilien, die in einer Woche in einer Großstadt wie Kairo, Nairobi oder Bangkok von streunenden Katzen gefressen werden. Solche Zahlen besagen rein gar nichts. Und es ist schlicht gemein, ILLEGALEN Tierhandel (ja, der ist kriminell und aus guten Gründen verboten und mit hohen Strafen belegt) und LEGALEN Tierhandel in eine Topf zu schmeissen. Sorry, ich bin grade nicht überzeugt.

      zu viii) Ich will eigentlich gar nicht den Handel, sondern private Pflege und Zucht dereguliert haben. Der Handel ist nur insoweit zu deregulieren, als dass Nachzuchten legal vermarktet werden dürfen. Wenn staatlicherseits Bedenken wegen einer Übernutzung bestehen, kann man das Handelsmonopol ja dem Staat übertragen. Macht doch mal eine staatliche Zuchtstation für Rotkehlchen, Buchfinken und Gimpel auf, gerne auch für Kreuzottern und Neunstachlige Stichlinge. Ihr werdet merken, da besteht gar keine so große Nachfrage. Und wenn doch, kann man ja die erwirtschafteten Überschüsse in wirkungsvolle Artenschutzprojekte (Landaufkauf für Biotopschutz) stecken. Feldhasen sind übrigens gar nicht so schwierig; ich würde mich freuen, mehr davon im Zoo zu sehen.

      zu ix) „Rare“ sind Arten, die – bezogen auf den gesamten Handel – kaum jemand haben will, aber für die ein Nischenmarkt besteht, weil sie etwa bei wissenschaftlichen Instituten, Zoos, Schauaquarien und spezialisierten Hobbyisten ab und zu gesucht sind. Ausnahmslos alle Fische sind bezüglich ihrer Vermehrungsstrategie r-Strategen und können in einem einzigen Fortpflanzungszyklus ihre Populationen theoretisch mehrfach verhundertfachen, auch die allerseltensten. Wenn sie nicht in riesigen Stückzahlen nachgezüchtet werden, so nur deshalb, weil der Markt für sie dafür viel zu klein ist. Eine Gefährdung von Kleinfischen durch Naturentnahmen ist sowohl theoretisch wie auch praktisch ausgeschlossen, wie man an den vergeblichen Bekämpfungsversuchen von unerwünschten Arten („Neozoen“) sieht und wie wissenschaftliche Langzeituntersuchungen zum Roten Neon, der einzigen in großen Mengen gehandelten Wildfangart, zeigen. Ich denke, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Aquarium Glaser bei Verfehlung des 2 Grad Zieles sind vernachlässigbar, verglichen mit den sozialen Auswirkungen, die diese Verfehlung für die Menschheit haben wird, nämlich Millionen und Abermillionen von vertriebenen Menschen, die wegen des steigenden Meeresspiegels von ihrem Land vertrieben werden. Da sind wir wirklich Altruisten (ich denke, ich spreche diesbezüglich für alle bei Aquarium Glaser und Aqualog animalbook, auch wenn ich grade im Urlaub bin).

      Lieber Günter, wir sind die Guten, nicht die Bösen. Macht bitte keine populistische Hetzjagd auf die (Wildtier-)Tierhalter, dann wählen wir sicher auch wieder Grün.

      FS

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  6. Christina-Johanne Schröder

    Moin Herr Schäfer,

    als Aquarianerin und zukünftige Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN fällt mir nur ein Satz ein: was für ein populistischer Quatsch.
    Illegaler Wildtierhandel und die leider oft fließenden Grenzen zum Legalen ist global gesehen ein großes Problem. Es wäre gut, wenn wir Aquarianer das intensiver thematisieren und uns stärker davon abgrenzen. Aber es liegt im Charakter eines Wahlprogramms, dass ausführliche Papiere, lange Gespräche, Anhörungen und Austausch mit Wissenschaftler*innen in sehr kurze Aussagen zusammengefasst werden. Hinter jedem Satz stecken legislative Beschlüsse, Verordnungen, Einschränkungen und Ausnahmen – wie beispielsweise zertifizierte Handelswege für Süßwasserzierfische – die es zu entwickeln gilt.

    Aber ich lese leider auch an Ihren Ausführungen, alles ist gut, wie es ist. Es gibt nirgendwo Probleme. Und offenbar irren auch ein Großteil der Wissenschaftler*innen die sagen, dass die Zunahme von Zoonosen im direkten Zusammenhang mit dem Raubbau der Natur steht.

    Schade.

    Mit freundlichen Grüßen
    Christina-Johanne Schröder

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    1. Frank Schäfer Beitragsautor

      Auch Moin, Frau Schröder!

      Ich bedaure, dass Sie meinen Beitrag als populistisch empfinden, ich bemühe mich nämlich sehr um das Gegenteil. Widersprechen muss ich Ihnen in Bezug auf Ihre Ansicht, ich würde die Meinung anderer Wissenschaftler*innen ignorieren. Ganz im Gegenteil! Ich bin seit über 25 Jahren in der Biodiversitätsforschung aktiv, gut mit anderen Wissenschaftler*innen vernetzt (wenngleich naturgemäß hauptsächlich bezüglich aquatischer Lebensgemeinschaften und -räume) und kenne weder wissenschaftliche Publikationen, die einen Zusammenhang zwischen Wildtierhandel und Biodiversitätsverlust herstellen, noch wurde so etwas in Vorträgen oder persönlichen Gesprächen auf Symposien und Kongressen je thematisiert. Der Grund ist einfach: die Anzahl für den Wildtierhandel relevanter Arten pro Biotop ist viel zu klein, als dass Entnahmen von Individuen so weniger Arten auf das Ökosystem nennenswerte Auswirkungen auf die Biodiversität haben könnte.
      Der Zusammenhang zwischen Zunahme von Wildtierzoonosen und Biodiversitätsverlust ist so: aufgrund veränderter Wirtschaftsformen, vor allem der zunehmenden Industrialisierung der Landwirtschaft, kommt es zu einer dramatischen Verarmung der Biodiversität. Wo bei traditionellen landwirtschaftlichen Methoden beispielsweise noch 10 Mäusearten existieren konnten, gibt es jetzt nur noch ein bis zwei. Gleichzeitig steigt aber die Individuenzahl der überlebenden Spezies dramatisch, denn sie haben in dem für sie optimalen Lebensraum keine Konkurrenz mehr. So können sich mutierte Erreger in der Population schnell etablieren und ausbreiten. Der Sprung der Zoonose auf den Menschen erfolgt dann entweder direkt, wie etwa bei dem Hanta-Virus in Deutschland, der über Mäusekot verbreitet wird und mit dem man sich vorzugsweise ansteckt, wenn man das Gartenhaus säubert; dabei wird zu Staub zerfallener Mäusekot aufgewirbelt und eingeatmet, was zur Infektion führen kann. Oder über den Vektor Nutzvieh, das in der industrialisierten Landwirtschaft ja auch in extrem hohen Dichten und bei extrem reduzierter genetischer Vielfalt gehalten wird. So steigt in Betrieben mit intensiver Nutzviehhaltung das Risiko einer Ansteckung mit neu entstandenen Krankheitserregern.
      Es ist nicht so, dass alles im Wildtierhandel in Ordnung wäre. Ich finde es trotzdem erschreckend, wie wenig differenziert die GRÜNEN mit dem Thema umgehen. In dem vom Günter Heilmann zitierten https://www.gruene.de/artikel/nicht-die-nerze-sind-schuld heißt es z.B.:
      „2011 betrug der Umsatz des Wildtierhandels 11 Milliarden Dollar. Bei den globalen Verbrechen rangiert der illegale Handel mit wilden Tieren nach Drogenhandel, Produktpiraterie und Menschenhandel auf Platz vier. In die Staaten Europas wird dabei alles importiert, was man sich vorstellen kann: Affen, Tiger, Schlangen, Vögel, Insekten, Reptilien und Fische. Sie werden gefangen, der Natur entnommen und Tag für Tag dichter an die Ausrottung getrieben. In Deutschland aber ist der Handel mit Wildtieren zum größten Teil sogar legal. Im Zeitraum 2014 bis 2018 wurden allein 1,3 Millionen lebende Reptilien legal nach Deutschland importiert.“
      Auch hier die von mir kommentierte Fassung:
      2011 betrug der Umsatz des Wildtierhandels 11 Milliarden Dollar.
      Was genau gibt diese Zahl an? Den legalen Handel mit lebenden Wildtieren zum Zweck der privaten Haltung? Oder enthält diese Zahl nicht vielmehr den geschätzten illegalen Umsatz, den professionelle Kriminelle mit gewildertem Elfenbein, Nashorn, Tigerprodukten, Schildpatt, Wildkatzenpelzen etc. pp. erwirtschaften, denn diese Produkte machen den allergrößten Teil des kritisierten Wildtierhandels aus. Dagegen sind wir alle, es handelt sich aber um längst verbotene, kriminelle Tätigkeiten. Sie in Zusammenhang mit legalem Heimtierhandel zu stellen, ist nicht fair.
      Bei den globalen Verbrechen rangiert der illegale Handel mit wilden Tieren nach Drogenhandel, Produktpiraterie und Menschenhandel auf Platz vier.
      Wie gesagt: dabei geht es nicht um lebende Tiere für die private Haltung, sondern um Produkte der Wilderei.
      In die Staaten Europas wird dabei alles importiert, was man sich vorstellen kann: Affen, Tiger, Schlangen, Vögel, Insekten, Reptilien und Fische.
      Wenn das legal geschieht: warum denn nicht? Affen und Tiger können z.B. ausschließlich als Nachzuchten gehandelt werden und unterliegen auch dann extrem strengen Kontrollen. Warum sollte man den Austausch von Nachzuchttieren aus Nicht-EU-Zoos mit EU-Zoos verbieten wollen? Und das sind die einzigen Affen und Tiger, die in den Import-Statistiken auftauchen können.
      Sie werden gefangen, der Natur entnommen und Tag für Tag dichter an die Ausrottung getrieben.
      Das stimmt insofern nicht, als der Lebend-Fang ohnehin nur in wenigen, sehr speziell gelagerten Fällen zur Gefährdung einer Spezies beitragen kann. Mit dem globalen Verlust an Biodiversität hat das rein gar nichts zu tun. Lebende Affen und Tiger dürfen als Naturentnahmen grundsätzlich nicht in die EU importiert werden, bei allen anderen potentiell gefährdeten Arten gibt es langwierige behördliche Genehmigungsverfahren, die sowohl eine Exportgenehmigung des Ursprungslandes wie auch eine Importgenehmigung des einführenden Landes nach wissenschaftlicher Prüfung zwingend erfordert.
      In Deutschland aber ist der Handel mit Wildtieren zum größten Teil sogar legal.
      Warum auch nicht? Der Handel mit potentiell gefährdeten Arten ist streng reguliert und bei Alltagsarten ist eine behördliche Regulierung unnötig. Alle theoretisch für die Privathaltung in Frage kommenden Arten haben eine extrem hohes Vermehrungspotential und gleichen auch – in Zahlen ausgedrückt – vermeinlich hohe Entnahmen spielend wieder aus.
      Im Zeitraum 2014 bis 2018 wurden allein 1,3 Millionen lebende Reptilien legal nach Deutschland importiert.
      Über diesen Satz habe ich mich schon oft aufgeregt. Er wird hier völlig undifferenziert in Zusammenhang mit Naturentnahmen von gefährdeten Arten gebracht. Tatsächlich enthält aber diese Zahl einen sehr hohen Anteil an Nachzuchtexemplaren aus den Zuchtbetrieben z.B. in den USA (Schmuckschildröten, Kornnattern, Bartagamen, Leopardgeckos, Kronengeckos, Königspythons, Hornfrösche, Grüne Leguane etc.) und einen enorm hohen Anteil von Allerweltsarten, die so anpassungsfähig sind, dass sie z.B. in Florida sogar als invasive Arten eingestuft und bekämpft werden, ohne dass allerdings solche Bekämpfungsmaßnahmen bisher je zu einer Wieder-Ausrottung dieser Arten geführt haben, was sehr deutlich zeigt, dass Naturentnahmen von Kleintieren in aller Regel keinen Einfluss auf die wildlebenden Populationen haben. Von Hausgeckos, Rotkehlanolis, Siedleragamen & Co. leben an jedem Haus in den tropischen Regionen ihres Vorkommens etliche Exemplare, es gibt Milliarden von ihnen im unmittelbaren Siedlungsbereich des Menschen. Warum sollten solche Kulturfolger denn nicht als „Naturentnahmen“ im Terrarium gepflegt werden dürfen?

      Es ist nicht alles eitel Sonnenschein im internationalen Handel mit lebenden Kleintieren. Aber die positiven Aspekte der privaten Aquarien-, Terrarien- und Volierenhaltung von Kleintieren überwiegen die negativen bei weitem. Auf die Biodiversität hat die private Heimtierhaltung und der damit assoziierte Wildtierhandel keinen negativen Einfluss, mehr Zoonosen gibt es deswegen auch nicht (allerdings auch nicht weniger). Ein generelles Verbot von Naturentnahmen z.B. von Aquarienfischen, Reptilien, Insekten und Kleinvögeln lässt sich dadurch gewiss nicht rechtfertigen.

      Mit freundlichen Grüßen

      Frank Schäfer

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  7. Mario Venter

    Ich finde es lustig, wie viele Menschen hier versuchen, das Fachwissen und die Reputation, welche(s) Frank sich jahrzehntelang als Biologe, Mitarbeiter von Aquarium Glaser und anderen Tätigkeiten angeeignet hat, kleinzureden und seine sehr gute Analyse des genannten Punktes des Wahlprogrammes der Grünen zur Krönung sogar als „populistischer Quatsch“ diffamiert.
    Grade von einer selbsterklärten „zukünftigen“ Bundestagsabeordnete erwarte ich eine andere, wertschätzendere Wortwahl. Herr Schäfer hat mit Sicherheit ein weit größeres Fachwissen als diese Komentatorin und wird hoffentlich eher gehört als auf parteilinie laufende Grünenmitglieder.

    Ps.: Alleine aufgrund der Bezeichnung „zukünftige“ hast sich Frau Schröder als vertrauenswürdige, fachlich kompetente Person in Sachen Vivaristik disqualifiziert.

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