Lebendgebärende Zahnkarpfen

Steckbrief: Lebendgebärende Zahnkarpfen

Lebendgebärende Zahnkarpfen sind kleine Fische, die aus Süd- und Mittelamerika stammen. Die kleinsten Arten werden nur rund 1-2 cm, die allergrößten 12-15 cm lang. Alle bekommen lebende Jungtiere. Die Männchen besitzen ein Begattungsorgan, das Gonopodium genannt wird und das aus einer umgewandelten Flosse besteht.

Zu den lebendgebärenden Zahnkarpfen gehören mit Guppy, Platy, Molly und Schwertträger die beliebtesten Zierfische überhaupt, die in hunderten von verschiedenen Zuchtformen die Aquarien der Welt bevölkern. Insgesamt gibt es zusätzlich zu diesen vier Hauptarten aber noch rund 280 Wildarten, die sich alle gut für die Pflege und Zucht im Aquarium eignen.

Die wichtigsten Arten sind: Guppy (Stammarten: Poecilia reticulata, P. wingei), Platy (Stammarten: Xiphophorus maculatus, X. variatus), Molly (Stammarten: Poecilia sphenops, P. latipinna, P. velifera) und Schwertträger (Stammart: Xiphophorus hellerii). Die Zuchtformen wurden vor etwa 100 Jahren domestiziert. Sie entstanden durch Artkreuzungen und Selektionszucht. Viele Zuchtformen, vor allem der Mollies, lassen sich nicht oder nur unzureichend den ursprünglichen Wildarten zuordnen.

Zoologisch gesehen bilden die lebendgebärenden Zahnkarpfen die Unterfamilie Poeciliinae innerhalb der Familie der Poeciliidae, zu der neben den lebendgebärenden Zahnkarpfen noch die Leuchtaugenfische Afrikas und Südamerikas zählen.

Wesentliche Bedürfnisse der Tiere

Lebendgebärende Zahnkarpfen sind im allgemeinen oberflächennah lebende Tiere, die in sozialen Verbänden leben. Diese „Schwärme“ bestehen aus Tieren beiderlei Geschlechtes und unterschiedlichen Alters. Manche Arten kommen in sumpfigen, stehenden Gewässern vor (Guppys, Platys, manche Gambusen), andere sind an stark strömende Gewässer angepasst (Pripella). Die Mehrzahl der Arten bevorzugt klare, wenig bis mäßig strömende Gewässer. Aus Mittelamerika stammende Arten bevorzugen meist ein mittelhartes bis hartes Wasser (10-25° GH) mit leicht alkalischem pH-Wert (pH 7,3 – 8,5), die amazonischen Arten kommen auch in extrem weichem, sauren Wasser vor (0-4° GH, pH 4,5 – 5,5) vor. Die Anpassungsfähigkeit an veränderte Wasserzusammensetzung ist in fast allen Fällen sehr gut, die Zuchtformen können in jedem Wasser, das sich auch als menschliches Trinkwasser eignet, gepflegt und gezüchtet werden. Einige Wildarten, die in der Natur in Küstennähe leben, gedeihen bei mäßigem Salzzusatz (ca. 1 EL Salz auf 10 Liter Wasser) besser als ohne Salz.

Die Temperaturansprüche unterscheiden sich recht erheblich bei den einzelnen Arten. Arten aus dem Süden Südamerikas (Argentinien, Paraguay, Uruguay), aus höher gelegenen Regionen (Bolivien, Mexiko) und aus schattigen Urwaldbächen von Mittelamerika sollten dauerhaft nicht zu warm gehalten werden, 20-24°C sind angemessen, zur Fortpflanzung auch 2-3°C mehr, zeitweise auch 2-4°C weniger. Arten aus den offenen Regionen von Kolumbien und Venezuela (den Llanos) und aus den Küstenregionen der Guyana-Staaten und Mittelamerikas benötigen 26-28°C, zur Fortpflanzungszeit bis 30°C. Amazonische Arten pflegt man bei 24-28°C, zur Fortpflanzung kann man die Temperatur um 2°C erhöhen. Arten aus den niedrigeren Lagen Mittelamerikas pflegt man bei 24-28°C.

Leichte Temperaturschwankungen im Tagesrhythmus (tags 2-4°C wärmer als nachts) entsprechen in fast allen Fällen den natürlichen Gegebenheiten und wirken sich sehr positiv auf die Gesundheit der Tiere aus.

Angemessene Ernährung

Lebendgebärende Zahnkarpfen sind Picker. Sie fressen gezielt Kleinlebewesen und weiden Aufwuchs ab. Eine einzige Art ist spezialisierter Fischfresser (Belonesox), Mollies und Limia-Arten haben einen längeren Darm als die meisten anderen lebendgebärenden Zahnkarpfen und benötigen einen höheren pflanzlichen Anteil in der Nahrung. Die überwältigende Mehrzahl der Arten ist jedoch wenig spezialisiert und kann gut mit allen üblichen Fischfuttersorten (Flocken, Granulate, Frost- und Lebendfutter) ernährt werden. Eine gute Beleuchtung ist für diese Fische wichtig. Sie fördert u.a. das Wachstum von Algen, die ein wichtiges Nahrungsergänzungsmittel vieler Arten darstellen. Futter wird sowohl von der Wasseroberfläche, als auch beim Absinken und vom Boden aufgenommen (Wasserstand nicht über 80 cm). Lebendfutter wird aktiv gejagt, Guppys und Gambusen sind weltweit zur Bekämpfung von Stechmückenlarven ausgesetzt worden.

Angemessene Pflege

Lebendgebärende Zahnkarpfen haben einen hohen Stoffwechsel, fressen viel und scheiden entsprechend viel auch wieder aus. Regelmäßiger, großzügiger Teil-Wasserwechsel ist deshalb die wichtigste Pflegemaßnahme. Ideal sind wöchentlich 1/3 – 2/3 des Wassers gegen temperiertes Frischwasser gleicher Zusammensetzung auszutauschen; die Temperaturdifferenz zwischen Aquarien- und Frischwasser sollte dabei möglichst gering sein und 2-3°C nicht überschreiten. In schwach besetzten Aquarien mit geringem Keimdruck und guter biologischer Filterung kann der Wasserwechsel auf 1/5 des Gesamtvolumens alle 14 Tage reduziert werden. Dieses Intervall sollte langfristig nicht unterschritten werden.

Verhaltensgerechte Unterbringung und artgemäße Bewegung

Lebendgebärende Zahnkarpfen sind im allgemeinen schwimmfreudige Fische. Bei den meisten Arten sollte die Beckenlänge das 10-15fache der Körperlänge (ohne Flossen) und die Beckenbreite das 5-10fache der Körperlänge möglichst nicht unterschreiten. Die Aquarienhöhe ist von untergeordneter Bedeutung, sollte aber gewöhnlich 15 cm nicht unter- und 80 cm nicht überschreiten. Bei wesentlich höheren Aquarien ist darauf zu achten, dass die Futterversorgung gewährleistet ist, weil die meisten Arten nicht tiefer zur Nahrungsaufnahme schwimmen. Als Ausnahmen gelten die sehr ruhigen Lauerjäger, wie der Hechtkärpfling (Belonesox). Diese Art – die größte aller lebendgebärenden Zahnkarpfen – braucht die verhältnismäßig kleinsten Aquarien, da sie kaum schwimmt.

Fast alle Arten pflegt man am besten in größeren Gruppen von 15 bis 30 Individuen. Die Zusammensetzung der Geschlechter ist dabei nebensächlich, es sollten aber nicht weniger als 5 Männchen sein, sonst kann ein dominantes Männchen sehr aggressiv auf Geschlechtsgenossen reagieren. Nur bei den großen Schwertträgern (Xiphophorus hellerii und nah verwandte Arten) und Segelkärpflingen (Poecilia velifera und P. latipinna) kann in kleineren und mittleren Aquarien wegen der Aggressivität der dominanten Männchen gegen andere Männchen oft nur ein geschlechtsreifes Männchen gepflegt werden. Bei den (allerdings kaum gepflegten) Zweifleckkärpflingen (Pseudoxiphophorus oder Heterandria der bimaculata-Gruppe) jagen und fressen die vergleichsweise riesigen Weibchen oft die Männchen. Hier sind entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.

Lebendgebärende Zahnkarpfen sind Augentiere und haben ein differenziertes Verhalten, bei dem Körperfarben und Schmuckflossen (auch bei den Wildarten meist vorhanden) zur innerartlichen Kommunikation eingesetzt werden. Eine gute Beleuchtung des Aquariums ist darum wichtig. Das Aquarium sollte gut gefiltert werden, damit das Wasser klar bleibt.

Von wenigen Ausnahmen (manche Gambusen, Pseudoxiphophorus) abgesehen sind lebendgebärende Zahnkarpfen gewöhnlich gut mit anderen Fischarten zu vergesellschaften.

Lebenserwartung

Die meisten Arten zeigen im Alter von etwa drei Jahren erste Vergreisungserscheinungen. In der Natur lebt vermutlich kaum eine der Arten länger als ein Jahr.

Größenwachstum

Lebendgebärende Zahnkarpfen sind gewöhnlich nach spätestens sechs Monaten (Guppys und ähnlich große Arten nach 10-12 Wochen) geschlechtsreif. Sie haben dann, je nach Umweltbedingungen, 1/3 bis 1/2 der möglichen Endgröße, viele Arten sind dann auch schon voll erwachsen. Wie alle Fische können auch lebendgebärende Zahnkarpfen zeitlebens wachsen. Weibchen werden bei allen Arten größer als die Männchen.

Besonderheiten

Wegen der großen Artenzahl und des Fehlens gut eingeführter deutscher Namen sollten Sie sich bei selteneren Formen den wissenschaftlichen Namen der von Ihnen gepflegten Art(en) notieren, damit Sie bei den Temperaturansprüchen keine Fehler machen. Den wissenschaftlichen Namen, das günstigste Temperaturspektrum, den idealen pH-Wert und die empfohlene Beckengröße entnehmen Sie bitte dem jeweiligen Etikett am Verkaufsaquarium.

Bei manchen Arten (besonders Schwertträgern und Mollies) gibt es so genannte Früh- und Spätmännchen. Die Spätmännchen sehen lange aus wie ein Weibchen und werden sehr groß, die die Frühmännchen werden im Alter von 10-12 Wochen geschlechtsreif und erreichen oft nur ein Drittel der Größe der Spätmännchen. Diese Unterschiede sind genetisch bedingt und führten zu dem Irrglauben, es gäbe bei diesen Fischen eine Geschlechtsumwandlung vom Weibchen zum Männchen.