Süßwassernadeln: Die süßen Seepferdchen

Die Nadeln bilden zusammen mit den Seepferdchen die Familie Syngnathidae, die etwa 50 Gattungen und 215 Arten umfasst. Die überwiegende Mehrzahl der Nadeln und alle Seepferdchen sind marin oder zumindest auf starkes Brackwasser angewiesen, doch finden sich weltweit Nadeln, die ganz oder vorwiegend im Süßwasser leben.

In Europa ist das zum Beispiel die Art Syngnathus abaster (Schwarzmeer-See­nadel), die jedoch aquaristisch keine Rolle spielt. Die für die Aquarienhaltung interes­santen Arten kommen aus dem westlichen Afrika, aus Brasilien, aus Indien und aus Süd­ostasien. Bevor auf die zurzeit importierten und kommerziell gezüchteten Arten einge­gangen wird, sollen hier einige allgemeine Informationen zur Pflege dieser Fische im Aquarium vorangestellt werden.

Syngnathus abaster bei Rab, Kroatien. Photo: Roberto Pillon
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Die erste und wichtigste Grundregel für die Pflege von Nadeln: alle Arten brauchen Lebend­­futter als Nahrungsgrundlage. Bei kleinen Arten reichen als Nahrungsgrund­lage Artemia-Nauplien. Zur Züchtung sind sie allerdings als all­eini­ges Futter auf Dauer nicht aus­rei­chend. Bei etwas größeren Arten müssen zudem größere Futtertiere her. Am besten geeignet sind Weiße Mücken­larven (Chaoboridae), die von allen Arten, die sie als Beute bewältigen können, begeistert an­genommen werden. Weiße Mückenlarven halten sich ohne Probleme tagelang im Aquarium, man kann also so üppig füttern, dass die Nadeln immer im Futter stehen. Außerdem vertragen Weiße Mückenlarven auch Brackwasser ganz gut. Sie sind daher neben Artemia-Nauplien das ideale Basis­futter für Süßwassernadeln. Andere Lebend­futtersorten gehen auch, haben aber ihre Tücken: Schwarze Mückenlarven (Culicidae) werden gerne angenommen, doch ent­wickeln sie sich im Warmwasseraquarium sehr schnell. Da die Weibchen der Mücken­arten, die aus Schwar­zen Mückenlarven schlüpfen, Blut saugen, rächen sich die Tierchen auf ihre Weise. Rote Mückenlarven (Chironomidae) sind ein gu­tes Futter, doch verkriechen sich die Tiere, die nicht gleich gefressen werden und ent­ziehen sich so den Nadeln als Futter. Wasser­flöhe (Daphniidae u.a.) werden gefressen und halten sich ganz gut im Aquarium, sind aber relativ nähr­stoffarm. Hüpferlinge (Copepoda) sind ein tolles Futter, können aber nur selten ganzjährig gefangen wer­den. Neu geborene Lebendgebärende Zahn­karpfen (Poeci­li­idae) werden von großen Nadelarten gerne gefressen, stehen aber nur selten in ausreichender Menge zur Verfügung. Tubifex und andere Würmer fressen Nadeln nicht oder nur sehr unwillig.

Microphis brachyurus, eine Süßwassernadel aus Südostasien.


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Nadeln sind Pirschjäger, die sich an ein potentielles Beutetier heranschleichen und dann überraschend zuschnappen.
Der Magen von Nadeln ist kaum dehnbar, die Tiere können daher nicht auf Vorrat fressen. Die Haupt-Todesursache für Nadeln im Aquarium dürfte der Hungertod sein. Man kann Nadeln leider nur sehr schlecht an­sehen, in welchem Ernährungszustand sie sich befinden. Denn genau wie die See­pferdchen haben sie ein knöchernes Außenskelett und sehen daher nie mager aus. Es ist absolut notwendig, Nadeln so zu füttern, dass sie ganztägig Futterorganismen finden. Mit 1-2 Fütterungen mit abgezählten Futtertieren pro Tag kommt man nicht aus. Auch wenn die eine oder andere Nadel lernen mag, tote Futtertiere (Frostfutter, ent­kapselte Artemia-Eier etc.) zu akzep­tieren: darauf verlassen kann man sich nicht!

Kleine Arten von Süßwassernadeln, die Brack­wasser vertragen, aber nicht brauchen, sollte man trotzdem besser in Brackwasser pflegen. Das kann ruhig ganz schwaches Brack­wasser sein (1-5 g Salz pro Liter), doch hat es den Vorteil, dass Artemia-Nauplien dann viel länger am Leben bleiben und die Na­deln so immer im Futter stehen. Außer­dem bewirkt Salz im Wasser (man sollte immer und ausschließlich Salz verwenden, wie es für Korallenriff-Aquarien hergestellt wird), dass die Nadeln weniger empfindlich auf erhöhte Nitratkonzentrationen im Wasser reagieren.

Nachzuchttiere von Enneacampus ansorgii im Aufzuchtaquarium.

Obwohl die hier besprochenen Nadeln zu den friedlichsten Fischen überhaupt ge­hören, gestaltet sich eine eventuelle Verge­sellschaftung ausgesprochen schwierig. Erstens sind nahezu alle eventuellen Mitbe­wohner auch Nahrungskonkurrenten und zweitens mögen Nadeln es weder, wenn sie angeknabbert werden, noch wenn es um sie herum allzu hektisch zugeht. Die Pflege im Artenbecken ist also grundsätzlich Mittel der Wahl, aber es ist trotzdem sinnvoll, einige klei­ne fischige Mitbewohner im Aquarium zu haben. Der Grund hierfür liegt darin, dass Nadeln einerseits vergleichsweise em­pfindlich auf Wasserverschlechterungen (Schadstoffbelastung, Bakteriendichte, Sauer­stoffgehalt, pH-Wert-Schwankungen etc.) reagieren, andererseits aber über wenig Möglichkeiten verfügen, Unbehagen auszu­drücken. Flossenklemmen, schaukelnde Schwimmbewegungen, Lustlosigkeit beim Fressen, kurz, die ganze Körpersprache mit der ein „normaler“ Fisch dem Aquarianer zeigt, dass ihm etwas nicht passt und eine Katastrophe im Anzug ist, wird von Nadeln nicht betrieben. Am besten pflegt man da­her einige wenige Guppys als Bioindikatoren mit den Nadeln. Je nach Größe der Nadeln wählt man dazu wenige Tage alte, halb­wüchsige oder erwachsene Guppys. Guppys können problemlos auch Brackwasser ver­tragen.

Enneacampus ansorgii, Wildfangexemplar aus Nigeria.

Nadeln können alle Krankheiten be­kommen, die andere Fische auch bekom­men, aber auf eine Besonderheit muss aufmerksam gemacht werden: Niemals dürfen Nadeln hart angefasst werden. Die Haut über dem den Körper umhüllenden Knochenpanzer ist sehr dünn. Kommt es hier zu Quetschungen, stirbt die Haut ab, eine bakterielle Infektion ist die Folge, die prak­tisch immer zum Tod des betroffenen Tieres führt. Besonders gefürchtet ist in diesem Zusammenhang das Absterben der Schwanz­­­spitze, das eine unaufhaltsame, fortschreitende Nekrose zur Folge hat. Tiere mit diesem Symptomen sind unrettbar verloren.

Alle Süßwasser-Nadeln betreiben Brutpflege im männlichen Geschlecht. Die Weibchen legen die Eier an die Bauchunterseite der Männchen in eine spezielle Bruttasche, wo sie das Männchen bis zum Schlupf (das ist temperaturabhängig, meist 2-3 Wochen) mit sich herumträgt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Eier und Embryonen in der Bruttasche vom Männchen ernährt werden. So paradox es klingt: je schlechter das Männchen während der Trächtigkeit gefüttert wird, desto größer scheinen die Jungen beim Schlupf zu sein. Der biologische Sinn dieses Paradoxons mag darin begründet sein, dass eine Fütterung während der Trächtigkeit dem Männchen das Signal gibt „hier gibt es reichlich Futter, produziere viele und kleine Jungtiere“, indes Hunger während der Trächtigkeit das biologische Signal funkt „wenn Deine Jungen hier durchkommen sollen, müssen sie groß und kräftig sein.“

Ichthyocampus carce, eine Enneacampus. ansorgii sehr ähnliche Art aus Indien.

Bezüglich Wasserhärte und pH-Wert ist zu sagen, dass eine mittlere Wasserhärte und ein stabiler pH-Wert im Bereich 6.5 –8.5 keiner Süßwasser-Nadel schadet. In der Natur findet man sie vor allem in Fließgewässern oder in den flachen Regionen von Seen und Lagunen. Große Aquarien brauchen Süßwassernadeln nicht. Es sind ruhige Tiere. Selbstverständlich sollte die Beckengröße aber der Körperlänge der einzelnen Arten Rechnung tragen. Die 40 cm lange Doryichthys boaja braucht als größte Art der Süßwasser-Nadeln ein 150-cm-Aquarium, während die kleine, 8 – 12 cm erreichende Enneacampus ansorgii in einem 40-cm-Aquarium glücklich ist.

Aus dem bisher Gesagten dürfte schon hervorgegangen sein, dass Süßwassernadeln besondere Aufmerksamkeit verlangen und sich auf gar keinen Fall für irgendwelche Gesellschaftsaquarien eignen. Dennoch ist die erfolgreiche Pflege und Zucht auch Anfängern in der Aquaristik möglich, wenn man nur bereit ist, die sehr speziellen Ansprüche dieser Fische zu erfüllen. Im Folgenden stellen wir Ihnen die in den letzten Jahren importierten Arten vor. Die fotografierten Tiere wurden von den Firmen Aquarium Glaser und Aquaristik Service Reuter importiert.

Arten aus Südost-Asien

Doryichthy boaja, Männchen
Doryichthys boaja, Weibchen

Doryichthys boaja
Diese Art ist der Riese unter den Süßwasser-Nadeln. Sie kann gut 40 cm lang werden. Es handelt sich um eine reine Süßwasser-Art. Die Hauptschwierigkeit bei der Pflege liegt auch hier in der Beschaffung des Futters, von dem die Nadel reichlich braucht. Bereits kurze Hungerperioden machen die Tiere anfällig. Die Anschaffung dieser Art sollte also gut überlegt sein. Die Fische wurden schon gelegentlich nachgezüchtet. Man darf für die Pflege dieser langschnäuzigen Freiwasserart nicht zu kleine Becken wählen, denn die Fische sind während der Eingewöhnungszeit schreckhaft und können sich übel die Schnauze verletzen, wenn sie in Panik durch das Aquarium schießen. Derart verletzte Tiere können oftmals keine Nahrung mehr zu sich nehmen und sind dann zum Hungertod verurteilt. D. boaja ist weit im südostasiatischen Raum verbreitet und kommt vor allem in Flüssen vor; Importe erfolgen gewöhnlich aus Thailand.

Doryichthys martensii

Doryichthys martensii
Diese bis zu 15 cm lang werdende Art ist weit in Südostasien verbreitet, man kennt sie aus Indonesien, Malaysia und Thailand. In der Natur werden vor allem Fließgewässer (Bäche, kleine Flüsse) bewohnt, wo man die Tiere im Gestrüpp der Ufervegetation antrifft. Wie bei allen Nadeln übernimmt das Männchen die Brutpflege und trägt die Eier in der bei dieser Art großen und gut erkennbaren Bruttasche mit sich herum, bis die Jungtiere schlüpfen. Die erwachsenen Tiere leben ausschließlich in Süßwasser, es ist jedoch nicht bekannt, ob die frisch geborenen Jungtiere eventuell eine Zeit ihres Lebens im Brackwasser oder Meer verbringen. D. martensii lebt bodengebundener als die langschnäuzigen Arten, schwimmt jedoch auch häufig im freien Wasser.

Hippichthys spicifer

Hippichthys spicifer
Diese relativ langschnäuzige Art ist weit im südostasiatischen Raum verbreitet. Es handelt sich um eine Brackwassernadel, die zwar gelegentlich auch in reinem Süßwasser gefunden wird, jedoch eine Charakterart der Ästuare ist. Die Pflege erfolgt daher am besten in Brackwasser (5 – 15 g Salz pro Liter). H. spicifer ist eine Freiwasserart, die sich nur gelegentlich am Boden oder zwischen Pflanzen aufhält. Die Maximallänge liegt bei etwa 15 cm.

Microphis brachyurus, Exemplar aus Indien
Microphis brachyurus von Sumatra mit rotem Bauchstrich
Microphis brachyurus von Sumatra

Microphis brachyurus
Microphis brachyurus wurde aus Indonesien beschrieben. Lange Zeit glaubte man, es handele sich um eine Art mit weltweiter Verbreitung, die sich in den verschiedenen Verbreitungsgebieten nur geringfügig auf Unterartenebene unterscheide. Und so wurden M. lineatus und M. aculeatus lange Zeit als Unterarten von M. brachyurus betrachtet. Heute sieht man alle drei als eigenständige Arten an. Als erwachsenes Tier lebt M. brachyurus in Süßwasser, wo auch die winzigen Jungen geboren werden. Diese verdriften allerdings binnen 2-3 Tagen ins Meer, wo sie einige Zeit im Plankton leben, bis sie wieder ins Süßwasser einwandern. Die Aufzucht in Süßwasser ist m. W. bislang noch nicht gelungen. Manche Exemplare von M. brachyurus haben einen tiefroten Streifen auf dem vorderen Körperdrittel. Es ist unbekannt, was dieser Streifen, der bei beiden Geschlechtern auftreten kann, bedeutet. Die Männchen erkennt man übrigens leicht an der Bruttasche auf dem Bauch. M. brachyurus ist im gesamten indo-west-pazifischen Raum verbreitet.


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Indische Arten

Ichthyocampus carce

Ichthyocampus carce
Bei I. carce handelt es sich um eine kurzschnäuzige Nadel, die wie Microphis cuncalus in den Unterläufen der Flüsse gefunden wird, wo die Gezeiten noch deutlich zu spüren sind. Man pflegt diese 8 – 12 cm lange Art daher am besten mit Salzzusatz. Diese bunte Nadel ist ein Bodenfisch, der sich nur gelegentlich ins freie Wasser begibt. Die Zucht der kleinen Art ist gut möglich, die Jungtiere lassen sich direkt mit Artemia-Nauplien anfüttern.

Microphis cuncalus

Microphis cuncalus
Diese Brackwasserart wird etwa 15 – 20 cm lang. Farblich gesehen ist sie die am schlichtesten gefärbte Art der bislang eingeführten Süßwasser-Nadeln. Die Pflege in reinem Süßwasser ist möglich, in Brackwasser (5 – 15 g Salz pro Liter) hält sich der Fisch jedoch deutlich besser. Bei M. cuncalus entwickelt das Männchen nur eine ganz schwach ausgebildete Bruttasche, so dass es aussieht, als wären die Eier direkt an den Bauch geheftet. Die Tiere schwimmen am liebsten nur wenige Zentimeter über dem Boden, oft stützen sie sich mit dem Schwanz am Boden ab. Von M. cuncalus erzählen sich die Fischer, die Nadeln würden Krokodilen die Fleischreste zwischen den Zähnen herauspicken. Die nette Geschichte gehört allerdings in das Reich der Legenden.

Die indische Microphis deocata ist mit Sicherheit die schönste Süßwassernadel.

Microphis deocata
Diese Nadel ist die schönste aller Süßwasser-Nadeln – und die schwierigste. In der Natur kommt sie entlang des Himalaya in relativ rasch fließenden Bächen vor, es handelt sich um eine reine Süßwasser-Nadel, die niemals ins Brackwasser geht. Auch andere Fische dieser Region haben sich im Aquarium als heikel erwiesen. Besonders empfindlich zeigen sich die Tiere gegen bakterielle Wasserbelastungen. Die Maximallänge liegt bei rund 30 cm, doch fangen sie (in der Natur) mit etwa 8 cm Länge an, sich fortzupflanzen. Die Jungtiere können direkt mit Artemia-Nauplien angefüttert werden. Die Weibchen können ein fantastisches Bauchsegel entfalten, allerdings tun sie das nur am frühen Morgen, so dass ich persönlich in den drei Jahren, die ich mich mit der Art befasst habe, das noch nicht gesehen habe. Man pflege M. deocata nicht zu warm, 15 – 22°C sind günstig, dauerhaft werden Temperaturen über 24°C schlecht vertragen, dann sind die Fische noch hinfälliger als sonst schon. Interessanterweise frisst diese Art sehr gerne Eintagsfliegenlarven (Ephemeroptera), obwohl diese normalerweise bewegungslos dasitzen. Die relativ langschnäuzige Art schwimmt oft im freien Wasser, sucht aber auch oft Deckung hinter Steinen etc.. Die Jungtiere wachsen sehr rasch und sind nach 6 Wochen bereits 4 cm lang.

Microphis cf. dunckeri, Paar, oben das Weibchen

Microphis cf. dunckeri
Als Beifang von M. deocata kam diese kleine (6 – 8 cm) Nadel aus Indien zu uns. Es handelt sich entweder um eine wissenschaftlich noch unbeschriebene Art oder um die aus Burma beschriebene M. dunckeri. Zur Pflege lässt sich nicht viel sagen, die ersten Tiere kamen Ende November 2009 nach Deutschland und seither habe ich nichts mehr von ihnen gehört, doch sollte man sich an dem unter M. deocata Gesagten orientieren.

Syngnathoides biaculeatus

Syngnathoides biaculeatus
Von Sri Lanka wird diese weit im Indo-West-Pazifik verbreitete Art gelegentlich als Süßwasser-Nadel exportiert. Es handelt sich aber in Wirklichkeit um einen Meeresfisch, der nur gelegentlich in die Unterläufe von Flüssen einwandert. Da auch diese Art ausschließlich lebendes Futter frisst, ist die Futterfrage für einen Binnenländer kaum zu lösen. Wer nicht über eine verlässliche Bezugsquelle für lebende Mysis, ausgewachsene Artemia oder frischgeborene Lebendgebärende Zahnkarpfen verfügt, sollte von vornherein die Finger von diesen Fischen lassen. Eine erfolgreiche Pflege ist auf Dauer nur in einem Meerwasseraquarium möglich. Es handelt sich um eine freischwimmende Art.

Südamerikanische Arten

Micophis lineatus
Es handelt sich hierbei um eine langschnäuzige, etwa 20 cm lang werdende, frei im Wasser schwimmende Nadel, die entlang der gesamten Atlantikküste von Mexiko bis Brasilien vorkommt und auf den karibischen Inseln angetroffen wird. Während die erwachsenen Tiere vorwiegend in Süß- und Brackwasser leben, entwickelt sich Brut wahrscheinlich im Meer, was auch das weite Verbreitungsgebiet erklärt. Gelegentlich wird die Art auch als Unterart der asiatischen M. brachyurus gesehen (s. o.). M. lineatus ist sehr gut haltbar, die Art laicht auch willig ab, die Aufzucht der Jungen ist jedoch äußerst kniffelig.

Pseudophallus mindii oder P. brasiliensis
Diese Art wird gelegentlich als Beifang zu Microphis lineatus importiert. Die Systematik der Nadeln ist nicht ganz einfach und P. brasiliensis wird von einigen Autoren als Synonym zu P. mindii gesehen, von anderen als gute Art. Wie dem auch sei, diese Art ist deutlich kurzschnäuziger und lebt eher bodengebunden, verglichen mit M. lineatus. Bei Pseudophallus handelt es sich um Fische des Süß- und Brackwassers, die als erwachsene Tiere niemals ins Meer gehen. Larven sollen aber auch schon im Meeres-Plankton gefunden worden sein.

Afrikanische Arten

Es gibt drei Arten Süßwassernadeln in Westafrika. Sie leben entlang der Küste im Binnenland und haben eine sehr weite Verbreitung, die vom Senegal bis nach Angola, also ca. von 16°N bis 18°S, reicht. Der Begriff „Westafrika“ meint hier also nicht nur die im Sinne der UN erfassten Staaten, sondern die gesamte Westküste des Kontinents.

Enneacampus ansorgii
Diese wunderhübsche, kleine (8 – 12 cm) Süßwasser-Nadel ist die Art, die am häufigsten für das Hobby zur Verfügung steht, zumal sie von kommerziellen Züchtern vermehrt wird. Die bodengebunden lebende Nadel gehört zu den kurzschnäuzigen Vertretern der Familie. Sie ist in Westafrika zuhause und wird gelegentlich auch als Wildfang aus Nigeria angeboten. Die Jungtiere lassen sich gleich nach der Entlassung aus der väterlichen Bruttasche mit Artemia-Nauplien anfüttern.

Enneacampus kaupi
Ziemlich spektakulär ist Ennecampus kaupi, die leider stets nur zufällig mit Microphis aculeatus importiert wird, denn diese Art präsentiert sich sehr bunt. Bei einem Import sind insgesamt 5 Exemplare mitgekommen, eines leuchtend gelb, drei ziegelrot und eines fast schwarz. Ich nehme an, dass es sich dabei um Laichfarben handelt, denn in der Literatur wurde E. kaupi als eher braun mit rotem Bauch beschrieben. Diese Art wird etwas größer als E. ansorgii, die Geschlechtsreife setzt mit 8,5-9 cm Länge ein, das größte bislang bekannt gewordene Exemplar war etwa 17 cm lang. Beide Enneacampus-Arten sind sich auf den ersten Blick ziemlich ähnlich, aber wenn man genauer hinschaut, so sieht man, dass die Schnauze bei E. kaupi erheblich länger als bei E. ansorgii ist.

Microphis aculeatus
Diese langschnäuzige Nadel vertritt den Formenkreis von M. brachyurus auf der atlantischen Seite von Afrika. Importe erfolgen aus Nigeria. Zur Pflege und Zucht dieser ebenfalls rund 20 cm lang werdenden Art gilt, was bereits bei M. brachyurus und M. lineatus gesagt wurde.


Damit endet dieser Streifzug durch die Welt der Süßwassernadeln. Wer sich intensiver mit diesen Tieren beschäftigen möchte, dem sei Heft 5 der Zeitschrift „Amazonas“ empfohlen, in dem sich viele, sehr lesenswerte Aufsätze zu dem Thema finden.

Frank Schäfer

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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Ein Kommentar zu “Süßwassernadeln: Die süßen Seepferdchen

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