Das Carolina-Fettblatt – eine fast universell einsetzbare Vivarienpflanze

Der gut sortierte Zoofachhandel bietet für Aquarianer und Terrrianer ein breites Spektrum an gut für die Pflege im heimischen Biotop geeigneten Gewächsen. Allerdings wird das gesamte Potential so mancher Pflanzen kaum ausgenutzt. So z.B. beim Carolina- oder Stengelumfassenden Fettblatt, Bacopa caroliniana.

Blüte von Bacopa caroliniana, dem Karolina-Fettblatt

Diese Pflanze gehört sozusagen zum Urgestein der Aquarienflora und kam schon Anfang des 20ten Jahrhunderts in die Becken unserer Urgroßväter. Der Erstimport erfolgte durch Paul Matte (Lankwitz bei Berlin) aus Florida im Jahre 1905. Der botanische Begriff „stengelumfassend“ (der wissenschaftliche Artname „amplexicaulis“ eines bekannten Synoyms bedeutet exakt das) bezieht sich auf die Blätter, die nicht etwa an Stielen am Pflanzenstängel sitzen, sondern diesem auf der gesamten Breite der Blattspreite angewachsen sind. Systematisch gehört Bacopa caroliniana zu den Rachen­blütlern (Scophulariaceae), einer Familie, die weltweit etwa 1.700 Arten umfasst.

Bekannte einheimische Vertreter sind z.B. die Königskerzen (Verbascum), eine beliebte Zierpflanze aus dieser Familie ist der Schmetterlingsstrauch oder Sommerflieder (Buddleja davidii). Aquarienpflanzen stellen die Rachenblütler nur wenige. Neben Bacopa (Fettblatt) ist Limnophila (Sumpf­freund) die wohl bedeutendste Gattung aus vivaristischer Sicht.

Die Heimat des Fettblatts
Das Carolina-Fettblatt ist keineswegs nur in Carolina in den USA zu finden, sondern besiedelt in den Vereinigten Staaten recht weite Teile des südlichen und mittleren Nordamerikas; der Verbreitungs­schwer­punkt liegt längs der Atlantikküste. Damit bringt sie schon etwas mit, was von einer altgedienten Aquarienpflanze gefordert wird: Temperaturtoleranz. Winterhart ist das Gewächs in unseren Breiten zwar nicht, doch verträgt es anstandslos Temperaturen zwischen 14 und 25°C, kann also in Kalt­wasserbecken ebenso eingesetzt werden, wie in ungeheizten Zimmervivarien und Behältern für tropische Tiere. Über 25°C sollte die Temperatur allerdings nur kurz­fristig steigen, sonst bekommt Bacopa caroliniana Probleme.

Blühender, emerser Trieb

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Wuchsform
Das Fettblatt ist eine typische Stängel­pflanze, die etwa 40 bis 60 cm Länge erreichen kann. Wie fast alle Aquarien­pflanzen wächst sie in der Natur gewöhnlich außerhalb des Wassers, wobei der unterste Teil der Pflanze gern im Wasser steht. Man nennt diese Wuchsform semi-emers, also halb-emers. Wächst eine Pflanze ganz an Land, nennt man das emers, wächst sie untergetaucht im Wasser, so nennt man das submers. Im natürlichen Lebensraum ist die submerse Form des Fettblatts nur selten zu finden. Neben der Stammart ist auch eine Abart mit rötlichen Blättern bekannt, die als Bacopa caroliniana „Variegata“ bezeichnet wird (anderen Quellen zufolge bezeichnet man damit eine weiß gescheckte, so genannte panaschierte Form als „Variegata“; im Handel verfügbar ist allerdings weder die eine noch die andere). Auch das normale Carolina-Fettblatt kann gelegentlich rötliche Blätter bekommen. Das wird auf geringen Phosphatgehalt, wenig Nitrat und starke Beleuchtung zurückgeführt. Für die Unterwasserform ist ein fettiger, an ver­schiedene sukkulente Pflanzen erinnernder Glanz typisch. Auch die Überwasserblätter glänzen stark: Die Stängel der Über­wassertriebe sind stark behaart, daran kann man emers und submers kultivierte Pflanzen gut unterscheiden. Zereibt man Blätter zwischen den Fingern oder presst die Pflanze für ein Herbarium, so entströmt ihr ein aromatischer, an Zitronen erinnernder Duft. Die Vermehrung erfolgt entweder durch Ableger, die sich an der Basis der Mutterpflanze bilden, oder durch Kopf­stecklinge, die fast immer problemlos Wurzeln ziehen. Das Entspitzen der Pflanzen sorgt dafür, dass sich Seitentriebe bilden, wodurch das Fettblatt eine buschigere Wuchsform entwickelt.

Den emersen Trieb erkennt man am behaarten Stängel; die Behaarung fehlt bei submers gezogenen Pflanzen.

Kultur
Das Carolina-Fettblatt ist lichthungrig; bei 30-40 cm Wasserstand empfehlen sich 2 Leuchtstoffröhren, ist das Wasser 50-60 cm tief, sollten es 3 Röhren sein. Sonst kann man bei der Kultur eigentlich nicht viel falsch machen. Weder braucht die Pflanze fetten Boden noch eine CO2-Düngung. Am besten wächst Bacopa caroliniana freilich in weichem Wasser. Als Bodengrund wählt man Sand oder feinen Kies, was sich günstig auf die Wurzelbildung auswirkt und die Bildung von Ablegern fördert. Im Sommer kann man das Carolina-Fettblatt auch gut am Garten­teich kultivieren, dort wird es besonders schön und kräftig, man muss die Pflanze aber im Oktober ins Haus holen. Möchte man Bacopa caroliniana im Paludarium verwenden, so genügt es, einige Triebspitzen in 5-10 cm tiefes Wasser zu setzen. Die Pflanze wächst dann aus dem Wasser heraus und bildet die Landform aus, die unter Langtag­bedingungen (Beleuchtung über 12 Stunden am Tag) hübsch blau blüht. Auch Aquarianer können sich an der Blüte erfreuen, wenn sie ihren Pflanzen erlauben, aus dem Wasser herauszuwachsen. Die Blüten sind gewöhnlich blau, nur selten kommt eine weiße Blüte vor. Die Blüten sind rund 1 cm breit und zwittrig; sie befruchten sich selbst und setzen auch Samen an, der jedoch gewöhnlich nicht keimfähig ist.

Im Aquarium pflanzt man das Karolina-Fettblatt am besten in der Gruppe.

Alles in allem ist das Carolina-Fettblatt eine schöne Vivarienpflanze, die sowohl von Aquarianern wie auch von Terrarianern vielfältig verwendet werden kann und auch dem reinen Pflanzenliebhaber einiges zu bieten hat.

Frank Schäfer

Lexikon Carolina-Fettblatt
Bacopa: nach einer in Guyana üblichen Bezeichnung für die Pflanze.
caroliniana: bedeutet „aus Carolina stammend“.
amplexicaulis: bedeutet „stängelumfassend“.

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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