Wilde Killis aus Peru

Der Name “Killifisch” für die Eierlegenden Zahnkarpfen hat sich weltweit durchgesetzt. Er klingt für den Uneingeweihten etwas brutal, hat jedoch mit dem Wort “Killer” nichts zu tun. Der Name Killifische entstand in der Umgebung von New York und wurde dort für die Art Fundulus heteroclitus macrolepidotus verwendet.

Fundulus heteroclitus wird in der Umgebung von New York als „Killifish“ bezeichnet und ist Namenspatron für alle Eierlegenden Zahnkarpfen geworden. Photo:Lothar Seegers

Die erste Erwähnung des Namens „Killifisch“ in der Literatur datiert auf das Jahr 1788, als D. J. Schoepf in der Zeitschrift “Schriften der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde” den Aufsatz “Beschreibungen einiger Nord-Amerikanischer Fische, vor­züglich aus den Neu-Yorkischen Gewässern” veröffentlichte. Dort verzeichnet er als den ortsüblichen Gebrauchsnamen für den oben genannten Fundulus als “Killfish” , erklärt ihn jedoch nicht. Es gibt zwei Erklärungen für die Herkunft des Namens: die gebräuchliste ist, dass sich das Wort Killifisch von den holländischen Wort “kill” für “Fluss” und “Fisch” ableitet, also “Flussfisch” bedeutet. Allerdings lebt dieser Fundulus kaum in Flüssen; daher mag auch die zweite Wort­herleitung zu­treffend sein, wonach der Ausdruck “killing bait” für einen besonders effektiven Angel­köder benutzt wird. Bis heute wird Fundulus heteroclitus in der Umgebung von New York als Köderfisch benutzt. Mag dem sein, wie es will: der Name Killifisch bezeichnet in kein­ster Weise das Verhalten dieser wunder­vollen Tiere im Aquarium!

Männchen von Aphyolebias schleseri
Weibchen von Aphyolebias schleseri

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Wildfang oder Nachzucht?
Nur von wenigen Fischgruppen gibt es derartig viele Aquarienpopulationen, die auf höchstem (auch wissenschaftlich anspruchs­vollen) Niveau gezüchtet werden, wie bei den Killifischen. Theoretisch ist man für das Hobby darum nicht auf Importe ange­wiesen. Trotzdem ist es sehr zu begrüßen, dass Aquarium Glaser eine ganze Reihe von verschiedenen Killifischarten aus Peru als Wildfang importieren konnte. Denn wenngleich Inzucht bei Aquarienfischen gewöhnlich kein nennenswertes Problem darstellt (die hohe Nachkommenrate von Fischen erlaubt es immer, durch sorgfältige Selektion eventuelle vererbbare Schäden in der Zuchtlinie zu eliminieren), gehen doch die meisten Aquarienstämme auf nur ganz wenige Ursprungsexemplare zurück. Das bedeutet, dass über die natürlich exis­tierende innerartliche Variantionsbreite oft nur wenig bekannt ist. Importe vergleichs­weise zahlreicher Exemplare (50-200 Tiere) schließen diese Wissenlücke und helfen so, die Biologie solcher Arten zu verstehen. Die Entnahme von Fischen zur Lebend­haltung stellt aus natur- und artenschützerischer Sicht kein Problem dar, man braucht also wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man Wildfänge erwirbt.

Aphyolebias peruensis, Männchen
Aphyolebias peruensis, Weibchen

Saisonfische und Lebenskünstler
Alle hier vorgestellten Arten leben in der Natur unter extremen Bedingungen. Da wären zum Einen die klassischen Saison­fische, zu denen Aphyolebias schleseri, Austrolebias peruensis und Moema cf. piriana gehören. Als Saisonfische bezeichnet man Killifische, die in der Natur periodisch austrocknende Ge­wässer besiedeln können. Ihr gemeinsames Merkmal ist die Fähigkeit, unglaublich schnell zu wachsen; vom Schlupf bis zum geschlechtsreifen Tier vergehen nur wenige Wochen. Dabei wird z. B. Moema cf. piriana gut und gerne 15 cm lang! Andere, wie Aphyolebias schleseri, erreichen aber kaum 5 cm Länge. Vom Zeitpunkt des Eintritts der Geschlechtsreife paaren sich die Tiere täglich. Die hier vorgestellten Arten sind Bodentaucher, d. h. das laichende Paar taucht vollständig in den Boden des Gewässers ab und legt unterirdisch seine Eier.
In der Natur beträgt die Lebensdauer solcher Tiere meist nur wenige Monate. Dann trocknet ihr Wohngewässer aus und sie müssen sterben. Nur die Eier überdauern im Boden und kommen viele Monate später beim nächsten Regen zum Schlupf. Im Aquarium leben die Tiere erheblich länger.

Moema cf. piriana sind große, prächtige Bodentaucher. Männchen.
Weibchen von Moema cf. piriana

Rivulus, die Grashüpfer
Ganz anders die Strategie der Rivulus-Arten und ihrer engen Verwandten. Diese schlankenTiere haben den Landgang erlernt. Bei feuchter Witterung springen sie aus dem Wasser und kleben sich an feuchte Landpflanzen an. So vermindern sie deutlich den Fressdruck durch Raubfische und können gleichzeigt Gewässer besiedeln, die diesen Namen eigentlich kaum verdienen, wie nasse Wiesen, in denen einige kleine Pfützen stehen. Diese Tiere leben erheblich länger als ihre Kollegen, die Saisonfische. Rivulus sind Haftlaicher, die ihre Eier an Pflanzen, in feinen Wurzeln etc. absetzen. Die Eier entwickeln sich meist binnen 2-3 Woch­en. Da Rivulus besonders gern Mos­kito-Lar­ven fressen sind sie für bio­logischen Müc­ken­bekämpfung sehr interessante Fische.


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Laimosemion (früher: Rivulus) rectocaudatum, Männchen
Laimosemion (früher: Rivulus) rectocaudatum, Weibchen
Anablepsoides (früher: Rivulus) ornatus, eine Zwergart. Männchen
Weibchen von Anablepsoides ornatus

Frank Schäfer

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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Ein Kommentar zu “Wilde Killis aus Peru

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