Zebra-Plecos aus Peru: Panqolus changae?

Viele Harnischwelse (Loricariidae) sind sehr variabel gefärbt. Bei einigen Arten der Gattung Hypancistrus ist dieses Phänomen extrem ausgeprägt und betrifft die individuelle Färbung: es gibt bei manchen Arten nicht zwei Individuen, die gleich gefärbt sind. Bei anderen Gattungen scheint die Farbvarianz eher geografisch bedingt zu sein.

Rein zoologisch gesehen gehören die hier vorgestellten, im Juni/Juli 2010 erstmals durch Aquarium Glaser, Rodgau, importierten Arten wohl zu der Art Panaqolus changae. P. changae ist aqua­ristisch gut be­kannt und erhielt bereits ver­schiedene L- und LDA-Nummern (LDA26, L206, L226). Die ersten Tiere kamen Mitte der 1990er Jahre nach Europa, wissenschaftlich beschrieben wurde die Art im Jahr 2002. Es sei hier nochmal daran erinnert, dass L- und LDA-Nummern nicht bedeuten, dass es sich um unterschiedliche Arten handelt, sondern nur, dass es sich um unterschiedlich aus­sehende Tiere handelt. Die Frage, was eine Art und was eine Population ist, ist philo­sophischer Natur und wird in wissen­schaftlichen Kreisen kontrovers diskutiert. Für die Aquaristik ist diese Frage allerdings von untergeordneter Bedeu­tung. Wenn Tiere aus Fluss X rot ge­färbt sind und solche aus Fluss Y gelb, soll­ten wir grundsätzlich nur mit gleich gefärbten Exemplaren aus dem gleichen Herkunfts­gebiet züchten, auch wenn rote und gelbe momen­tan vielleicht zur gleichen Art gerechnet werden.

Panaqolus cf. changae “New Zebra Jutai”
Unter diesem Aspekt sind auch die beiden von Aquarium Glaser importierten Panaqolus zu sehen. Der “New Zebra Jutai” erreichte Aquarium Glaser im Juni 2010. Was die Fundortangabe “Jutai” bedeutet, ist nicht klar, der Rio Jutai liegt in Brasilien, doch diese Tiere stammen sicher aus Peru.

Panaqolus cf. changae „New Jutai“, vermutlich ein Männchen

Der Import enthielt zwei klar unter­scheid­bare Phänotypen: hochrückige Fische mit fast weißer Körpergrundfarbe und flacher gebaute Tiere mit orangefarbener Grund­färbung. Ob es sich dabei um Geschlechts­unterschiede handelt oder ob vielleicht zwei, sehr ähnliche Arten in dem Import vertreten waren, kann derzeit nicht entschieden werden. Jedenfalls waren die Importfische 4-6 cm lang, die Endlänge von P. changae liegt bei etwa 12 cm. Verschiedene Halter berichten, dass die helle Färbung stimmungsbedingt sei (Stressfärbung?) und alle Tiere, wenn sie in einer Gruppe gepflegt werden, eine einheitliche, deutlich dunklere Färbung annehmen. Das kann sein, es ist aber auch möglich, dass die helle Farbe nur in freier Natur gezeigt wird. Sehr viele Harnischwelse ganz unterschiedlicher Verwandtschaftsverhältnisse färben sich im Aquarium schmutzig grau ein, während sie als Frischfänge von leuchtend weißer Grundfärbung sind. Möglicherweise spielen Beleuchtungsverhältnisse und das im Aquarium ja immer klare Wasser (in der Natur oft lehmtrüb mit Sichtweiten von weniger als 20 cm) dabei eine Rolle.

Panaqolus cf. changae „New Jutai“, vermutlich ein Weibchen

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Panaqolus cf. changae “Pucallpa”
Auch hierbei dürfte es sich um eine Lokalvariante von P. changae handeln. Am at­traktivsten sind Jung­tiere von 3-4 cm gefärbt, mit zunehmendem Alter werden die Farben leider im­mer düsterer. Die größten Im­port­tiere waren etwa 8 cm lang und sexuell voll differenziert.

Panaqolus cf. changae „Pucallpa“, Jungtier

Holzfresser
Panaqolus sind, genau wie ihre größeren Vet­tern, die Pana­que-Ar­ten, haupt­säch­­lich Holz­fresser. Weiches Holz stellt grundsätzlich einen unverzichtbaren Nahrungs­bestandteil für die Tiere dar. Daneben kann man zahlreiche andere Futterstoffe reichen, etwa Futtertabletten, totes Laub, Gurke, Kartoffelscheiben, Karottenstücke etc., doch ist es ganz wichtig, sowohl zu hohe Eiweiß- wie auch zu hohe Kohlen­hydrat­gaben zu vermeiden. Darauf ist das Verdau­ungs­system dieser Tiere nicht eingerichtet, im schlimmsten Fall kann falsche Fütterung zum Tode der Tiere führen. Da die Tiere sehr viel fressen ist eine starke Filterung unbedingt angebracht, um der in großen Massen anfallenden Kot­mengen Herr zu werden.

Panaqolus cf. changae „Pucallpa“, halbwüchsig

Zucht
Panaqolus changae hat sich als relativ leicht züchtbar erwiesen. Das Zuchtbecken sollte allerdings recht groß sein (etwa ab 120 cm Länge), da die Tiere in Brunft sehr ruppig werden können. P. changae sind typische Höhlenbrüter. Bezüglich der Wasserwerte werden keine besonderen Ansprüche gestellt, die Zucht gelingt meist im normalen Leitungswasser bei 28-30°C. Es ist sehr wichtig, den Jungtieren rechtzeitig Kot der Eltern zum Fressen zu geben, damit sie die überl­ebensnotwendigen symbiotischen Bak­terien erhalten, denn bekanntlich kann sich kein Tier ohne solche Symbionten von pflanzlichem Material ernähren.

Panaqolus cf. changae „Pucallpa“, geschlechtsreifes Männchen

Frank Schäfer

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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