Batrachochytrium salamandrivorans 

Ist der Salamanderfresserpilz mit der Molchpest identisch?

Keine Krankheit der Gegenwart hat ein solches Massenaussterben und somit Biodiversitätsverlust gebracht wie der Hautpilz Batrachochytridium. Geschätzt 300 Amphibienarten – Frösche und Kröten – sind ihm zum Opfer gefallen. Aufmerksam wurde man Anfang der 1980er Jahre auf dieses Phänomen, als plötzlich aus Nord- und Mittelamerika und aus Australien rätselhafte Froschsterben gemeldet wurden, sowohl in freilebenden wie auch in Terrarien-Populationen. Über 40% der Amphibien-Arten Mittelamerikas starben aus und es gab riesige Verluste in Europa, Australien und Nordamerika. Es dauerte fast 20 Jahre, bis man einen Pilz als den Auslöser des Froschsterbens identifizieren konnte und als Batrachochytridium dendrobatidis beschrieb (Longcore, Pessier & Nichols, 1999). Schwanzlurche – also Molche und Salamander – blieben von dem Erreger scheinbar weitgehend verschont. Doch im Jahr 2010 begann plötzlich ein Sterben unter Feuersalamandern in den Niederlanden, das so augenfällig war, dass sogar tote und sterbende Tiere in freien Natur gefunden wurden. Bis 2013 waren nur noch 4% der ursprünglichen Feuersalamanderpopulation der Niederlande am Leben. Mit 39 Tieren der Restpopulation versuchte man 2012 ein Rettungs-Zuchtprogramm aufzubauen; fast die Hälfte der Tiere verstarb an der rätselhaften Krankheit, die sich durch wie Verbrennungen aussehende Hautveränderungen äußert. Alle Tests auf die bekannten Amphibienerkrankungen, inklusive Batrachochytridium dendrobatidis, verliefen negativ. Doch schließlich konnte man Anfang 2013 nachweisen, dass hier ein eng verwandter, jedoch neuartiger Chytridpilz zu Gange war, der im September 2013 als Batrachochytridium salamandrivorans (kurz: Bsal) beschrieben wurde. In der Folge kam es zu weiteren Ausbrüchen in Belgien, wo ähnlich dramatische Bestandseinbrüche wie in den Niederlanden beobachtet wurden und in Gefangenschaftspopulationen in Deutschland und Großbritannien, ebenfalls mit hohen Sterberaten. Heute ist der “Salamanderfresser“ in vielen Teilen Mitteleuropas vorhanden und killt Feuersalamander. Verbreitet wird er offenbar über Sporen. Ausgerechnet Naturfreunde sind wichtige Verbreiter, wenn sie mit Sporen infizierte Erde am Schuhwerk haben. Aber auch Frösche und Kröten sind bedeutende Vektoren, da sie an Bsal nicht erkranken, aber Träger sein können und während ihrer Laichwanderungen auch mit Feuersalamander-Laichgewässern in Berührung kommen.

Die Goldkröte (Incilius periglenes) aus Costa Rica, ein prominentes Opfer des Chytrid-Pilzes. Durch weniger starrsinnige Artenschutzgesetze hätte die Art vielleicht gerettet werden können.

Eine wissenschaftliche Studie der EU (Balàž et al, 2017) zeigte, dass der Pilz bei unterschiedlichen Schwanzlurchen unterschiedlich virulent ist. Feuersalamander sind offenbar besonders anfällig. Künstliche Infektionsexperimente zeigten, dass die ostasiatischen Molcharten Paramesotriton deloustali, Cynops pyrrhogaster und Cynops cyanurus sehr empfänglich für Bsal sind. Die meisten Vertreter der Schwanzlurch-Familien Salamandridae, Plethodontidae, Hynobiidae und Sirenidae zeigten sich tolerant: sie können Träger des Pathogens sein, ohne jedoch selbst zu erkranken oder irgendwelche Symptome zu zeigen. Die einzige Schwanzlurch-Familie, bei der kein einziges der getesteten Individuen irgendwelche Symptome entwickelten, war die der Querzahnmolche Ambystomatidae, die 36 Arten umfasst, darunter der Axolotl (Ambystoma mexicanum) und der Tigersalamander (A. tigrinum).  Die beiden zuletzt genannten Arten haben große vivaristische Bedeutung, während die allermeisten der rund 600 bekannten  Schwanzlurcharten entweder gar nicht (die Mehrzahl) oder nur von einigen wenigen (weniger als 100 weltweit) Spezialisten gepflegt und gezüchtet wird. Die Konsequenz der Studie: es wurde ein Gesetz erlassen, das das Verbringen von Schwanzlurchen in den Raum der EU unter strenge Auflagen stellt. So etwas kennen wir ja aus der Corona-Krise. Im Wesentlichen sind die Auflagen ganz ähnlich, also Salamander dürfen nur noch in die Armbeuge niesen und müssen Mundschutz im öffentlichen  Raum tragen – Scherz gemacht, wollte nur wissen, ob Sie noch aufmerksam lesen. Nein, es geht um Kontaktbeschränkungen, um den Kontakt mit potentiell infizierten Tieren so gering wie möglch zu halten. Das ist einseh- und nachvollziehbar.

Ambystoma tigrinum, Tigersalamander, sind vollständig restistent gegen Bsal.

Kam Bsal, wie von den Behörden vermutet, mit Molchimporten (hier: Cynops cyanurus) in die EU? Wohl eher nicht…

Leider fordern Menschen, die die Tierhaltung generell als unethisch ablehnen und die man in ihren vollständig empathielos-radikalen Forderungen gegen die gleichberechtigten (!) Ansprüche der Tierhalter nur als faschistoid bezeichnen kann, jetzt ein generelles Haltungsverbot für Schwanzlurche, da – so die  Bewegungen – durch den Tierhandel erst diese Seuche nach Europa gekommen sei. Ist das wirklich so? Die Antwort auf solche Fragen ist komplex, aber sehr wahrscheinlich ist es nicht. Seuchenerreger, das zeigt die Corona-Krise überdeutlich, finden einen Weg, das war schon immer so. Man denke an die Pest, die Tuberkulose, die Syphilis, die Lepra, die Grippe und andere Seuchen, die bereits Milliarden von Menschen das Leben gekostet haben. Isolation kann einen Seuchenverlauf abbremsen, verhindern kann sie ihn nicht.

Taricha granulosa, eine Molchart aus den USA, gilt als sehr empfänglich für die Molchpest.

Es ist, wertet man die existierende terraristische und herpetologische Literatur über Schwanzlurche aus, sehr wahrscheinlich, dass Bsal schon seit Beginn der ernsthafteren Aufzeichnungen über Schwanzlurche im ausgehenden 19ten Jahrhundert in Europa vorhanden war und in den Terrarien zu einer seuchenhaft verlaufenden Krankheit mit hoher Mortalitätsrate führte, der so genannten Molchpest. Ein Erreger für die Molchpest wurde nie gefunden. Die Symptome – Hautveränderungen, die wie Verbrennungen aussehen, mit Aufbrüchen, starkes Abmagern, ein merkwürdiger, petersilienartiger Geruch der in betroffenen Anlagen  auftritt – sind wenig spezifisch und könnten alles Mögliche sein. Bis in die 1980er Jahre wurde die Molchpest in der Liebhaber-Literatur  und auch in der sehr spärlichen veterinärmedizinischen Fachliteratur über Amphibien immer wieder einmal diskutiert (z.B. Reichenbach-Klinke, 1960). Dann hörte man plötzlich nichs mehr davon, in der aktuelleren Literatur wurde nur noch von der Molchpest als einer Erkrankung gelabert, die durch schlechte Haltungsbedingungen ausgelöst wird. Das ist jedoch unreflektiertes Gewäsch, für das jeglicher naturwissenschaftlicher Beleg fehlt. Selbstverständlich fördern unzureichende Haltungsbedingungen die Entstehung von Erkrankungen, aber das ist eine im Falle des Auftretens einer Erkrankung nicht weiterführende Binsenweisheit. Denn auch das wird bei der Auswertung der Molchpestberichte deutlich: sie konnte immer und überall zuschlagen, keineswegs nur in Anlagen mit bedenklichem Hygienestandard oder gar unzureichender Grundversorgung (Einrichtung, Klima, Fütterung). Der Grund für das plötzliche Abbrechen von Berichten über Molchpest in der Liebhaber-Literatur ist darin zu suchen, dass überhaupt nicht mehr über Erkrankungen von Pfleglingen berichtet wird, weil sich in der öffentlichen Meinungsbildung die Ansicht durchgesetzt hat, dass Erkrankungen von Heimtieren – gleich welcher Art – schuldhaft dem Pfleger anzulasten sind. Kein Tierhalter möchte zusätzlich zu der schweren emotionalen Belastung, die der Ausbruch einer Seuche im Bestand bedeutet, dass er auch noch den Anwürfen von Besserwissern ausgesetzt wird. Die Folge ist, dass es zwar nach wie vor Tierseuchen gibt, aber niemand darüber spricht.

Aenny Fahr war eine ganz außergewöhnliche Frau und eine berühmte Tier-Fotografin. Das von ihr gezüchtete Tier zeigt eindeutig die Symptome eines mit Bsal infizierten Tieres! aus Fahr, 1910

Die ersten Hinweise auf Mochpest gibt Bedriaga (1897: 183). Er schreibt: „Unzweckmässige Behandlung in der Gefangenschaft dürfte gewöhnlich Grund und Ursache an der Erkrankung dieser Thiere sein, ich glaube sogar, dass im Freien Gebrechen bei den Molchen überhaupt nicht vorkommen oder höchst selten sind. Die im Käfig gehaltenen Schwanzlurche haben immer wieder dieselben Hautkrankheiten: Knoten, Beulen und Blasen, die, wenn sie eingestochen werden, eine Flüssigkeit von sich geben; mitunter wird die ganze Oberfläche des Körpers wie blasig und das erkrankte Thier wird gegen die Oberfläche des Wassers gehoben.“ Den Begriff der „Molchpest“ prägte der wohl beste Kenner der Schwanzlurche insgesamt, den es je gab, Willy Wolterstorff (1864-1943). Tatsächlich gibt es in der gesamten mir bekannten herpetologischen Literatur nur einen einzigen Bericht über ein Auftreten der Molchpest in freier Natur in größerem Umfang, und zwar von Aenny Fahr, die das bei Fadenmolchen (Lissotriton helveticus) in der Umgebung von Darmstadt feststellte. Die Diagnose wurde von Wolterstorff anhand zu ihm gesandter Exemplare bestätigt (Fahr, 1914). Von Fahr stammt auch der erste mir bekannte Bericht über eine tödlich verlaufende Hauterkrankung bei gezüchteteten, 6 Jahre alten Feuersalamandern, die bis ins Detail der Symptomatik bei von Bsal befallenen Feuersalamandern entspricht (Fahr, 1910). Über ein Einschleppen der Molchpest mit selbstgefangenen Tiere berichtet Schmidt 1980, der Erreger war also zu diesem Zeitpunkt definitiv in Europa vorhanden.

Cynops wolterstorffi, der ausgestorbene Molch aus dem Dian-See, wahrscheinlich das erste (bekannt gewordene) Opfer von Bsal. Abbildung aus Boulenger, 1905

Mit dem Namen Wolterstorff ist darüber hinaus das rätselhafte Aussterben einer Molchart verbunden, das ebenfalls kaum einen anderen Schluss zulässt, als dass dort eine besonders virulente Form des Bsal im Spiel war: Cynops wolterstorffi (früher Hypselotriton wolterstorffi). Der 1905 beschriebene Molch kam nur in einem einzigen See in der südchinesischen Provinz Yunnan vor, dem Dian-See. Dort war er bis in die 1950er Jahre ausgesprochen häufig, doch 1984 wurde das letzte Exemplar gesichtet. In menschlicher Obhut gehalten wurde die Art nie. Sicher können auch Umweltverschmutzung und künstlich eingesetzte Fressfeinde (Fische) die Art ausgelöscht haben, sehr wahrscheinlich ist das aber nicht, da vergleichbare Beeinträchtigungen andernorts noch zu keiner dokumentierten vollständigen Auslöschung von Molchen führten.

Fasst man die dank der Terrarienkunde vorliegenden Indizien zusammen, so kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Molchpest und Bsal durch den gleichen Erreger ausgelöst werden und dass dieser Erreger spätestens seit Anfang des 20ten Jahrhunderts auch in Europa vorhanden ist. Die Berichte über die Molchpest in der Liebhaber-Literatur und das Aussterben von Cynops wolterstorffi deuten darauf hin, dass Bsal periodisch unterschiedlich virulent ist, von radikal letal (Cynops wolterstorffi) bis symptomlos, verbunden über Zwischenstufen (Lissotriton helveticus bei Darmstadt; es gibt die Art hier bis heute, die Lokalpopulation ist also nicht ausgestorben). Ein interessantes Detail: von allen heimischen Schwanzlurchen hat sich in aktuellen Studien nur der Fadenmolch, also die einzige Art, bei der die Molchpest je in freier Natur dokumentiert wurde, als vollständig restistent gegen Bsal gezeigt. Reiner Zufall?

Darmstädter Fadenmolch, Lissotriton helveticus. Es gibt bei Darmstadt auch viele Berg- und Teichmolche (Ichthyosaura alpestris, Lissotriton vulgaris). In über 40 Jahren Feldforschung habe ich jedoch nur einen einzigen Kamm-Molch (Triturus cristatus) bei Darmstadt gefangen.

Tierhaltungsgegener nehmen die Corona-Pandemie zum Anlass, ein generelles Verbot für die Pflege und Zucht „exotischer“ Tiere zu fordern. Ein Schreiben der Organisation Peta ging beim Bürgermeister der Stadt Hamm ein, in der er aufgefordert wurde, die Terraristika, die größte Börse für Terrarientiere, wegen der unabwägbaren Infektionsgefahren, die von diesen Tieren ausgingen, zu verbieten. Man sieht, den Tierhaltungsgegnern ist kein Argument zu platt, kein Unglück groß genug, um daraus nicht populistischen Ertrag für ihre Kampagnen zu schlagen. Ein Pflege- und Zuchtverbot von „exotischen“ Tieren (darunter fallen also auch Haushühner, denn sie stammen ursprünglich aus Asien, Meerschweinchen (Südamerika), Goldhamster (Syrien), Ziegen (Mittelmeerraum), Schafe (Mittelmeerraum), Esel (Afrika), Perlhühner (Afrika), Pfauen (Asien) uswuswusw.) aus gesundheitlichen Gründen ist selbstverständlich völlig überzogen, eine echte Gesundsheitsgefahr für Menschen geht von der Terraristik nicht aus. Lediglich dadurch, dass Kleinkinder unbeaufsichtigt mit Baby-Wasserschildkröten spielen durften und sie dabei in Mund nahmen, kam es zu Salmonellen-Infektionen der Kinder. Verglichen mit Salmonellen-Infektionen, die andere Ursachen hatten (vor allem Lebensmittel), waren auch das nicht stattfindende Ereignisse. Ein Verbot der Pflege und Zucht von Molchen und Salamandern wegen der Gefahr, Bsal in die Natur zu verschleppen, ist ebenso unsinnig. Der Salamanderfresser ist längst da und er wird nie wieder verschwinden. Statt Verboten sollten Verwaltungen, die mit Artenschutz befasst sind, die Pflege und Zucht von Salamandern und Molchen fördern, damit es genug Menschen mit entsprechendem Know-How gibt, die im Falle eines dramatischen Ausbruchs von Bsal mit lokalen Populationen ein Erhaltungszuchtprogramm starten können. Denn es gibt bei Bsal eine wirklich gute Nachricht: einfache Temperaturerhöhung auf 25°C über 10 Tage tötet den Salamanderfresser sicher ab. So hohe Temperaturen sind zwar für die Molche und Salamander purer Stress, aber sie überleben es, jedenfalls die für Bsal so besonders anfälligen Feuersalamander (es gibt unter den Schwanzlurchen auch viele kälteadaptierte Arten, die bei so hohen Temperaturen eingehen, darum ist die Temperaturtoleranz des Feuersalamanders ein echter Glücksfall).

Pärchen (hinten das Weibchen) von Feuersalamandern aus dem Darmstädter Stadtwald.

Im Darmstädter Stadwald gibt es noch viele Feuersalamander. Sie setzten ihre Jungen dort viel häufiger in Pfützen als in Bächen ab, weil in den Pfützen das Nahrungsangebot in Form von Grasfroschkaulquappen so gut ist. In den letzten drei Jahren überlebten allerdings weder Feuersalamander noch Grasfrösche: die Pfützen trockneten wegen der extemen Trockenheit viel zu früh aus. Unten: Feuersalamanderlarve im Biotop.

Frank Schäfer

Nachtrag: dieser Artikel erschien praktisch unverändert (es wurden seither nur minimale sprachliche Korrektruren vorgenommen) im Bookazine 8 (22.6.2020, Bestellmöglichkeit hier: https://tierverliebt.shop/NEWS-Bookazine-Nr-8-Fruehjahr-2020). Seither habe ich meine Forschungsergebnisse mit zahlreichen Interessierten diskutiert und habe dabei manchmal teilweise recht heftigen Widerspruch erfahren. Keine meiner Behauptungen seien beweisbar, so der Konsens meiner Kritiker. Das ist so nicht ganz richtig. Das Ergebnis meiner Recherchen sind Indizien-Beweise und ich habe ausführlich darsgestellt, wie ich dazu kam. So weit es in Erfahrung zu bringen war, existieren aus Mitteleuropa keine in Alkohol konservierten Exemplare von an Molchpest verstorbenen Tieren, bei denen die Diagnose durch einen in Amphibienpathologie erfahrenen Spezialisten erfolgte, aus der Zeit vor dem Auftreten von Bsal. Nur mit solchem Material könnte über gentechnische Verfahren eine Untersuchung auf Bsal erfolgen. Die Sammlung Wolterstorff in Magdeburg könnte die Belegexemplare, die Fahr an Wolterstorff schickte, enthalten haben. Sie wurde leider bei einem Bombenangriff 1945 völlig vernichtet. Somit wird weder der handfeste, unumstößliche Beweis, dass Molchpest und Bsal ihre Ursache im gleichen Erreger haben, zu führen sein, noch wird je der umgekehrte Beweis, nämlich das die Molchpest etwas anderes war und Bsal erst lange nach Ende des 2. Weltkrieges nach Europa mit Tierimporten eingeschleppt wurde, zu führen sein.

Festgestellt werden muss darüber hinaus, dass es außer Indizien auch keinerlei Beweis dafür gibt, dass Bsal durch infizierte Schwanzlurche über den Tierhandel aus Asien nach Europa gekommen ist. Objektiv stehen für beide Thesen Indizien gegen Indizien. 

Bedeutsam scheint mir noch folgende Abschlussbemerkung: bis heute konnte Bsal in keinem einzigen daraufhin untersuchten kommerziellen Import von handelsrelevanten Schwanzlurchen aus Asien (Cynops spp., Pachytriton spp., Tylototriton spp.) nachgewiesen werden. Wenn also auch nicht vollkommen auszuschließen ist, dass Bsal mit solchen Importen nach Europa kam, so erscheint das wegen der im Infektionsversuch so hohen Empfänglichkeit ausgerechnet mancher im Handel so besonders bedeutsamen Arten (Cynops) doch ein eher unwahrscheinlicher Weg zu sein. Heutzutage gibt es ziemlich sichere und einfache Nachweismethoden für Bsal (PCR-Tests), die noch nicht einmal sonderlich teuer sind. Wenn ernsthafte Bedenken bestehen, dass Bsal-Einschleppungen mit Tiertransporten erfolgen könnten, so sind sie durch geeignete Quarantänemaßnahmen und Gesundheitszeugnisse der exportierenden Staaten leicht auszuräumen. 

Weiterführende und zitierte Literatur:

Bedriaga, J. v. (1897): Die Lurchfauna Europas. II Urodela. Schwanzlurche. Moskau

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2018/320 DER KOMMISSION vom 28. Februar 2018 über bestimmte Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit beim Handel mit Salamandern innerhalb der Union und bei der Verbringung solcher Tiere in die Union im Hinblick auf den Pilz Batrachochytrium salamandrivorans

European Food Safety Authority (EFSA), Balàž, V., Gortázar Schmidt, C., Murray, K., Carnesecchi, E., Garcia, A., … & Zancanaro, G. (2017): Scientific and technical assistance concerning the survival, establishment and spread of Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) in the EU. EFSA Journal, 15(2), e04739.

Fahr, Ae. (1910): Krankheitserscheinungen bei gezüchteten Feuersalamandern (Salamandra maculosa Laur.). Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde 21: 564-565

Fahr, Ae. (1914): Einiges über Tritonen aus der Umgebung von Darmstadt. Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde 25 (19): 332-335

Longcore, J. E., Pessier, A. P. & D. K. Nichols (1999): Batrachochytrium dendrobatidis gen. et sp. nov., a chytrid pathogenic to amphibians. Mycologia 91 (2): 219-227

Habich, L. (2019): Probenahmen bei privaten Haltern von Feuersalamandern. Die Aquarienzeitschrift Datz 72 (8): 22-25

Jarofke, D. & H.-J. Herrmann (1997): Amphibien. Biologie, Haltung, Krankheiten, Bioindikation. Enke, Stuttgart.

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Klewen, R. (1988): Die Landsalamander Europas, Teil 1. Die Neue Brehm Bücherei. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt.

Martel, A., Spitzen-van der Sluijs, A., Blooi, M., Bert, W., Ducatelle, R., Fisher, M. C., … & F. Pasmans (2013): Batrachochytrium salamandrivorans sp. nov. causes lethal chytridiomycosis in amphibians. Proceedings of the National Academy of Sciences, 110(38), 15325-15329.

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Rimpp, K. (1985): Salamander und Molche. 2. Auflage. Ulmer, Stuttgart.

Schmidt, H. (1980): Molchpest als Souvenir von der Terra typica. herpetofauna I (7): 6-11.

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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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