Zu den beliebtesten Buntbarschen überhaupt gehören die so genannten Prachtbarsche aus dem westlichen Afrika. Das merkt man schon daran, dass es einigermaßen gebräuchliche deutsche Namen für mehrere ihrer Arten gibt, wie Königs-, Smaragd- und Purpur-Prachtbarsche. Alle Arten sind Zwergcichliden, werden also nur ganz selten und ausnahmsweise größer als 10 cm. Die Geschlechter sind bei allen Arten sehr unterschiedlich gefärbt, was mit der besonderen Art und Weise der Brutpflege zusammenhängt: Prachtbarsche sind Höhlenbrüter, Männchen und Weibchen bilden dauerhafte Paare. Das Weibchen betreut den Laich und die frisch geschlüpften Jungfische, während das Männchen das weitere Brutrevier verteidigt. Die freischwimmenden Jungfische werden von beiden Elternteilen gemeinsam geführt. Die Weibchen sind erheblich kleiner und bunter als die Männchen. Die Weibchen sind auch der aktivere Part bei der Balz.
Alle Prachtbarsche standen früher gemeinsam in der Gattung Pelvicachromis, gegenwärtig werden sie in drei Gattungen gestellt: Pelvicachromis, Wallaceochromis und Enigmatochromis. Um sprachliche Klimmzüge zu vermeiden, spreche ich im Folgenden trotzdem synonym von Prachtbarschen und Pelvicachromis, da die aqaristischen und verhaltensbiologischen Aspekte aller Arten vergleichbar sind.
In der Natur leben Pelvicachromis in Waldbächen mit sandigem Grund. Daher sollte man sie auch nicht in zu kleinen Aquarien pflegen. Die Fische brauchen zwar nicht unbedingt viel Schwimmraum und sind auch vergleichsweise friedlich (für Cichlidenverhältnisse jedenfalls), aber sie sind sehr empfindich gegenüber einer höheren Keimzahl im Wasser. Sie erkranken dann früher oder später an Glotzaugen, Bauchwassersucht oder Schuppensträube. Das sind zwar nur Symptome, keine Krankeiten; der Auslöser ist in sehr vielen Fällen Fischtuberkulose, gegen die diese Waldbachfische besonders empfindlich sein können.
Mit der Tuberkulose – einer bakteriellen Erkrankung – bei Fischen ist das so eine Sache. Sehr viele Fische sind Träger, erkranken aber nicht daran. Das ist in der Natur übrigens nicht anders. Nur wenn zusätzliche Schwächefaktoren hinzukommen, dezimiert die Tuberkulose die Bestände. Nur die kräftigsten überleben, genau wie in der Natur. Fischtuberkulose ist nicht heilbar. Man braucht auch meistens nichts dagegen zu unternehmen, allerdings muss man gestorbene Fische unbedingt sofort aus dem Aquarium entfernen. Vorbeugen kann man aber schon: Gute Wasserpflege, vor allem regelmäßiger und großzügiger Teilwasserwechsel sind wichtig. Sekundäre Pflanzenstoffe aus Laub, Erlenzäpfchen und Torf stärken die Immunabwehr der Fische. Die Wassertemperatur sollte nicht zu hoch sein und im Jahresverlauf etwas schwanken. Ideal sind 22-28°C. Die Härte und der pH-Wert an sich sind nicht sehr wichtig, jedoch ist härteres Wasser mit höherem pH-Wert in biologischer Hinsicht immer produktiver als weiches Wasser mit einem pH-Wert im sauren Bereich. Produktiv bedeutet: lebensfreundlicher, es wachsen also auch mehr Bakterien darin. Daher gibt es weniger Krankheits-Probleme, besonders bei Wildfängen, wenn man sie in weichem, leicht sauren Wasser hält. Man achte auf stets frisches Futter: Futterdosen sollten binnen 6 Wochen nach Anbruch aufgebraucht sein, Fischfutter immer kühl, dunkel und absolut trocken lagern.
Abschließend zur Fischtuberkulose ist noch zu sagen, dass sie durch offene Wunden auch den Menschen infizieren kann. Früher gab es die Krankheit häufig auch in Schwimmbädern, daher nannte man sie „Schwimmbad-Granulom“. Gewöhnlich äußert sich die Krankheit durch nässende, nicht heilen wollende Wunden an Händen und Armen. Wer so etwas bemerkt, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen und explizit darauf hinweisen, dass man Aquarianer ist. Passende Antibiotika und Sauna-Besuche – Fischtuberkulose-Erreger ertragen keine Temperaturen über 35°C – heilen die Erkrankung beim Menschen. Die größte Gefahr geht davon aus, dass die Krankheit oft nicht erkannt wird, da die Symptome sehr unspezifisch sind und sich von Pilzerkrankungen, Insektenstichen, Wundinfektionen etc. nicht unterscheiden.
Genug davon: man sollte also Pelvicachromis in nicht zu kleinen Aquarien (günstig: Becken ab 80 x 40 x 40 cm – 120 x 60 x 60 cm) mit guter Filterung und Sandboden pflegen. Das Wasser ist im Idealfall weich (3-10° dH) und leicht sauer (pH 6 – 6,5). Man fügt totes Laub (Buche, Eiche, Seemandelbaum), Erlenzäpfchen und Torf hinzu. Eine gute Strukturierung mit Wurzeln und Pflanzen ermöglicht es den Tieren, Reviere zu bilden.
Es ist günstig zwei Paare im Aquarium zu pflegen. Für jedes Paar gibt man am jeweils entgegengesetzten Ende des Aquariums eine Bruthöhle ins Becken. Der Klassiker: eine leere Kokosnuss. Dazu halbiert man die Kokosnuss und entfernt restlos das Fruchtfleisch. Dann bohrt man ein Loch (Durchmesser 3-4 cm) in die eine Hälfte der Schale. Die andere Hälfte der Schale füllt man mit feinem, gut gewaschenen Sand. Nun fügt man beide Hälften zusammen (Gummiringe, Nylonschnur etc.) und platziert die Nuss so im Aquarium, dass das Loch in einem Winkel zwischen 90 und 120° zum Bodenhorizont ausgerichtet ist. Es gehört zum instinktiven Brutverhalten des Weibchens, dass es Sand aus der Bruthöhle baggern muss. Fehlt der Sand in der Höhle, kann die Instinktkette nicht störungsfrei ablaufen, es kommt zu Verhaltensstörungen. Darum muss man zwischen den Bruten auch immer wieder Sand in die Höhle einfüllen.
Die Ernährung von Pelvicachromis ist einfach: sie fressen jedes Fischfutter. Aber vor zu fettem Futter (Wurmfutter) sei ebenso gewarnt, wie vor nicht einwandfreiem Frostfutter. Sehr viel Wurmfutter führt zur Verfettung und damit leicht zu Tuberkulose und wenn Frostfutter angegammelt ist, überschwemmt es das Aquarium mit Bakterien, was wiederum das Immunsystem der Fische angreift und der Tuberkulose den Weg ebnet. Grundsätzlich sind feine Futterpartikel, die sich die Fische aus dem Sand kauen, optimal. Viele kleine Fütterungen über den Tag verteilt sind günstiger als eine große; aber Berufstätige seien getröstet: eine Fütterung morgens und eine abends tun es auch. Man füttere niemals mehr, als binnen weniger Minuten aufgefressen wird. Nur bei Lebendfutter kann man eine Ausnahme machen, das darf auch über Stunden hinweg zur Verfügung stehen.
Pflanzen und fischige Mitbewohner lassen Pelvicachromis gewöhnlich unbeachtet, es sind friedliche Tiere. Allerdings verscheuchen sie vehement jeden Störenfried aus dem Brutrevier. Die Aufzucht der Jungen mit lebenden Artemia-Nauplien und fein geriebenem Trockenfutter gelingt gewöhnlich problemlos. Möglichst häufiger Teilwasserwechsel fördert das Wachstum und steigert die Vitalität der Jungtiere. Oft wird geklagt, dass die Nachzuchten nicht so bunt seien wie die Wildfänge. Das liegt am Futter. Hochwertiges Frostfutter mit vielen mehrfach ungesättigten Fettsäuren und dem natürlichen Farbstoff Astaxanthin löst das Problem.
Es gibt 8 Arten Pelvicachromis mit zahlreichen Farbvarianten, 3 Arten in Wallaceochromis und eine Art in Enigmatochromis.
Es folgt eine alphabetische Aufstellung aller derzeit bekannten Prachtbuntbarsche, die früher in Pelvicachromis zusammenfasst waren:
Pelvicachromis drachenfelsi Lamboj, Bartel & Dell’Ampio, 2014: Kamerun: Wouri River Einzug, Region um Yabassi. Dieser Buntbarsch wurde früher als Fundortvariante Pelvicachromis taeniatus “Wouri” bezeichnet.
Pelvicachromis kribensis (Boulenger, 1911): Kamerun. Auch diese Art wurde früher als Synonym zu P. taeniatus gesehen. Hierher gehören die Fundortformen Bandevouri, Dehane (= Grand Batanga), Kienke (= Kribi), Lobe, Lokoundje, Moliwe (= Bipindi), Moselevi, Muyuka, Nange und Nyete. In der Literatur werden weitere Varianten erwähnt, aber es ist kein Bildmaterial dazu bekannt geworden: Bandy, Bandy II, Makoure, Mvila, Tshibanga.
Pelvicachromis pulcher (Boulenger, 1901): Nigeria, Niger-Einzug. Früher manchmal als P. pulcher “Form A” bezeichnet. Es gibt mehrere Farbschläge: Grün, Rot, Gelb, Blau und nicht einheitlich bezeichnete weitere, die zum Teil sicher auf Kreuzungen zurückzuführen sind. Hinzu kommt noch die Form “Ndonga” aus Kamerun, die gegenwärtig ebenfalls zu P. pulcher gezählt wird.
Pelvicachromis roloffi (Thys van den Audenaerde, 1968): Sierra Leone und Guinea. Die Art wurde schon immer richtig bezeichnet, allerdings wurde auch die Art Enigmatochromis lucanusi vor ihrer Beschreibung als P. sp. aff. roloffi “Blue Fin” bezeichnet. In der Literatur werden keine Formen unterschieden, aber in unserem Bildarchiv finden sich wenigstens drei deutlich unterschiedliche Formen, zwei davon aus Guinea, eine unbekannter Herkunft.
Pelvicachromis sacrimontis Paulo, 1977: Südwest-Nigeria. Dieser Barsch wurde viele Jahrzehnte P. pulcher “Form B” (manchmal auch P. sp. aff. pulcher Form B) genannt. Es gibt drei Farbvarianten, eine rote, eine grüne und eine gelbe. Die Farbbezeichnungen beziehen sich auf die Kiemendeckelfärbung der Männchen. Außerdem wurde eine Population dieser Art als “Isokpo” importiert.
Pelvicachromis silviae Lamboj, 2013: Nigeria, Einzug des Niger. Auch dieser Prachtbarsch ist schon viele Jahrzehnte im Hobby bekannt und wurde vor der Beschreibung als P. sp. aff. subocellatus bezeichnet. Es gibt einen eher blauen, etwas größeren und einen rötlichen, etwas kleineren Farbschlag; der kleinere kommt aus dem Ethiop River in Süd-Nigeria. Es wurden auch schon Tiere aus Kamerun importiert, die offensichtlich zu dieser Art gehören.
Pelvicachromis subocellatus (Günther, 1872): von Gabun bis in die DR Kongo. Wurde bisher nur gelegentlich mit P. silviae verwechselt. Die Weibchen dieser Art machen einen unglaublichen Farbwechsel durch, wenn sie vom Schlicht- in das Balzkleid wechseln. Eine Population “Matadi” wird im Hobby von den anderen, namenlosen unterschieden, ebenso “Moanda”. Leider ist der Fisch im Schlichtkleid wenig attraktiv, so dass er nur sehr selten zu haben ist. Es wurde wohl in der älteren LIteratur auch nicht immer korrekt zwischen P. subocellatus und P. silviae unterschieden und es gibt in Nigeria eine Population, die eigentlich – aus geografischen Gründen – zu P. silviae gehören müsste, aber P. subocellatus viel ähnlicher ist.
Pelvicachromis taeniatus (Boulenger, 1901): Nigeria und Benin. Im Hobby sind jetzt nur noch die nigerianischen Formen dieser Art zuzuordnen, alle aus Kamerun stammenden “taeniatus” sind jetzt P. drachenfelsi oder P. kribensis. Übrig blieben die Farbformen Gelb und Grün aus Nigeria, sowie “Calabar”, der vermutlich mit “Nigeria Grün” identisch ist und aus dem Einzug des Cross River (der Grenzfluss zwischen Nigeria und Kamerun) stammt. “Nigeria Red” ist eine durch Selektion und vermutlich auch Kreuzung entstandene Zuchtform, die in der Natur nicht vorkommt. Angeblich wurden vereinzelt rotwangige Tiere aus Importsendungen ausgesucht und gezielt vermehrt. Der “Red Wimple” ist auch so eine, auf Selektion basierende Zuchtform, die allerdings seit vielen Jahren nicht mehr angeboten wurde. Außerdem sollen angeblich schon P. taeniatus aus Guinea importiert worden sein, was aber sehr unwahrscheinlich ist.
Enigmatochromis lucanusi Lamboj, 2009: Guinea: Foto River. Vor ihrer Erstbeschreibung wurde diese sehr merkwürdige Art als Pelvicachromis sp. aff. roloffi “Blue Fin” bezeichnet.
Wallaceochromis humilis (Boulenger, 1916): Guinea, Sierra Leone, Liberia. Bisher wurde diese Art als Pelvicachromis humilis bezeichnet. Es gibt zahlreiche Fundortformen: Dinkaya, Falesade, Kasewe, Kenema, Kilissi, Liberia rot, Mamuya Ferry, Sierra Leone, die aber oft nur unzureichend farblich charakterisiert sind.
Wallaceochromis rubrolabiatus (Lamboj, 2004): Guinea, Kolente River-Einzug. Vor der Erstbeschreibung kannte man die Art als Pelvicachromis sp. “Bandi II”. Bislang sind folgende Populationen mit Zusatzbezeichnung bekannt: “Dikinyah” und “Gelb”.
Wallaceochromis signatus (Lamboj, 2004): Guinea, Kolente River-Einzug. War zuvor als Pelvicachromis sp. “Bandi I” oder “Guinea” bekannt. Als Fundortvarianten gibt es “Dikinyah” und “Kilissi”.
Offenbar kommen an manchen Stellen alle drei Arten der Gattung Wallaceochromis zusammen vor, was bei so eng verwandten Arten extrem ungewöhnlich ist.
Im Bookazine #1 zeigen wir Ihnen – einmalig in der Literatur – alle bislang bekannten Arten und Formen, soweit Bildmaterial existiert. Von manchen Varianten gibt es nur alte Bilder, für deren mindere Qualität wir uns entschuldigen.
Frank Schäfer
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