Der Chinesische Riesensalamander

Molche und Salamander sind im allgemeinen kleine oder mittelgroße Tiere. Viele werden gerade einmal 10-12 cm lang, und das mit Schwanz. Viele Liebhaber sind von diesen Tieren begeistert. Zahlreiche Adjektive werden verwendet, um sie zu beschreiben, niedlich und faszinierend sind nur zwei davon. Und dann ist da Andrias davidianus … ein Gigant, den man kaum niedlich nennen kann – aber faszinierend!

Es heißt, der Chinesische Riesen­salamander könne 80 Jahre alt werden und eine Länge von 1.8 m erreichen, was ihn, zusammen mit seinem japanischen Cousin Andrias japonicus nicht nur zum größten Salamander der Welt macht, sondern zum größten rezenten Amphibium überhaupt! Allerding heißt es, dass solche Riesen heutzutage nicht mehr gefunden werden, wohl in Folge der Übersammlung, denn Riesensalamanderfleisch gilt in Asien als Delikatesse.

Beide Arten sehen sich sehr ähnlich. Unter­schiede gibt es in der Form und Anordnung der Tuberkel auf Schnauze und Kehle, die bei A. davidianus grundsätzlich paarweise ange­ord­net sind. Der Chinesische Riesensalaman­der hat außerdem eine etwas spitzere Schnau­ze und einen etwas längeren Schwanz.

A. davidianus bewohnt in der Natur haupt­sächlich sauerstoffreiche, klare Bergflüsse, von Qinghai bis Jiangsu und südlich bis Sichuan, Guanxi und Guangdong in China. Er kommt auch im Yangtse, dem Gelben und dem Perl-Fluss vor. Berichte über Vorkom­men in Thailand beziehen sich wohl auf einge­führte Exemplare.

Die Grundfärbung ist ein wolkiges Braun. Ein ganz seltsames, pinkfarbenes Exemplar wurde in der Huan-Provinz gefunden und, wie es heißt, “von einem ortsansässigen Farmer” sogar nachgezüchtet, aber weitere derart gefärbte Exemplare wurde aus der Natur nicht mehr gemeldet. Der Körper dieses kleinäugigen Salamanders ist stark abgeflacht, eine ideale Anpassung an schnellfließendes Wasser. Er besitzt ferner Hautfalten an den Körperseiten, mit denen er Sauerstoff aus dem Wasser aufnehmen kann.


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Ungeachtet der Größe, die sie erreichen können, sind Chinesische Riesensalamander bereits mit rund 35 cm fortpflanzungsfähig. Das Paarungsverhalten wurde bislang nicht beschrieben, doch ist es wahrscheinlich, dass es ähnlich wie beim Japanischen Riesen­salamander verläuft. Bei A. japonicus fällt die Paarungszeit in die Monate August-Sep­tember. Dann besetzt das Männchen eine Höhle und vertreibt alle Artgenossen, außer einem reifen Weibchen natürlich. Wenn ein entsprechendes Weibchen die Laichhöhle aufsucht, legt es etwa 500 Eier, die un­mittelbar vom Männchen besamt werden. Dann verlässt das Weibchen die Höhle. Das Männchen hingegen bewacht das Gelege bis zum Schlupf, was 50-60 Tage dauert.

Die frischgeschlüpften Larven sind etwa 3 cm lang und haben federartige Außen­kiemen. Die ersten 30 Tage fressen sie nichts und die Außenkiemen bleiben bis zu einer Länge von etwa 20 bis 25 cm erhalten (einschließlich Schwanz).

Auch wenn es keine “offiziellen” Zucht­berichte vom Chinesischen Riesensalaman­der gibt, ist bekannt, dass ab den 1970er Jahren in China mehrere Zuchtfarmen für die Art eingerichtet wurden. Die Datenlage über die dortigen Nachzuchterfolge ist jedoch un­be­friedigend. Eine erfolgreiche Nachzucht in Europa beschreibt K. Haker in 1997 in Sala­mandra, 33, 69-74, aber dem scheint bislang nichts nennenswertes gefolgt zu sein.

Das ist wirklich zu bedauern, denn der Chinesische Riesensalamander gilt als “kritisch gefährdet” in der Roten IUCN-Liste (2004, abgerufen am 30 Juni 2020). Demnach gab es “einen drastischen Zusammenbruch von Popula­tionen, vermutlich um 80% des ursprüng­lichen Bestandes in den letzten drei Generationen.” Da die Generationsfolge mit geschätzten 15 Jahren sehr lange dauert, übt diese Tatsache zusätzlichen Druck auf die überlebenden Populationen aus. Hinzu kommen Überfischung zu Speisezwecken, Biotopzerstörung, Vergiftung und Ver­schmut­­­zung des Wassers durch Pestizide und Dünger usw.

Gelegentlich wird der internationale Tier­handel mit lebenden Exemplaren als Gefähr­dungsursache genannt. Wenn Lebend­handel tatsächlich stattfindet, ist er sicher sehr gering, denn die Art ist zum einen für die private Haltung denkbar ungeeignet und zum anderen in Anhang I von CITES gelistet. Das bedeutet, dass jeglicher inter­nationaler Handel verboten ist. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, wie zu For­schungs- und Lehr­zwecken, oder wenn es sich um Gefang­enschaftsnachzuchten der mindestens zweiten Generation handelt. Letzteres muss von CITES selbst bescheinigt werden.

Innerhalb Chinas ist der Riesensalamander in Klasse II der streng geschützten Wildtier-Arten gelistet. Einigen Schutz genießt die Art dadurch, dass wildlebende Populationen in etlichen Nationalparks leben und darüber hinaus wurden mehrere Nationalparks (etwa 15) speziell zum Schutz dieser Art einge­richtet, so z.B. das Zhangjiajie Giant Salaman­der Nature Reserve. Nach Angaben auf der Website des Global Amphibian Assessment (www.globalamphibians.org) sind die Schutz­maßnahmen in sofern erfolg­reich, als dass das Verhältnis von Naturent­nahmen im Vergleich zu den in natürlichen Populat­ionen vorhandenen Exemplaren in den letz­ten Jahren im Abnehmen begriffen sind.

Im Januar 2008 wurde A. davidianus von der Zoologischen Gesell­schaft in London in die Liste der 10 bedrohtesten Amphibienarten im EDGE-Projekt aufgenommen (EDGE steht für Evolutionary Distinct and Globally Endange­red www.zsl.org/edge). EDGE wurde gegründet, um die “weltweit unheimlichsten und wunder­vollsten Kreaturen” aufzulisten und deren Schutz voranzutreiben.

Hoffentlich führt die verstärkte Aufmerk­samkeit gegenüber den Gefahren, die dem Chinesischen Riesensalamander drohen zusammen mit dem wachsenden Umwelt­bewußtsein zu einer rosigeren Zukunft für diese faszinierende Art, die seit der Zeit der Dinosaurier auf diesem Planeten existiert und der es droht, innerhalb unserer Lebenszeit von immer von ihm zu verschwinden.


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Seit 2019 weiß man, dass es in China nicht eine, sondern drei Arten von Riesensalamandern gibt, die sich jedoch mit Sicherheit derzeit nur anhand von DNS-Analysen unterscheiden lassen. Das verkompliziert natürlich die Schutzbemühungen, da nun zunächst eine Bestandsinventur gemacht werden muss, welche Species wo existiert und welchen Arten die in menschlicher Obhut befindlichen Tiere angehören.

John Dawes

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