Unverhofft kommt oft! Aponogeton robinsonii

Eigentlich hatte ich in aller Unschuld lediglich 20 Knollen der Krausen Wasserähre, Aponogeton crispus, bei einem Exporteur in Singapur bestellt. Es kamen dann im April 2003 auch 20 Apono­geton-Knollen an, die ich zunächst provisorisch in einen Wasserkübel mit ca. 15 cm Wasserstand in einem unge­heiz­ten Gewächshaus unterbrachte. Be­kannt­lich ist nichts so langlebig wie ein gutes Provisorium und so dauerte es ca. 3 Wochen, bis ich mich der Knollen entsann und sie nun in die für sie vor­gesehenen Aquarien pflanzen wollte.

Blühender Bestand der Schwimmblattform von Aponogeton robinsonii

Überraschung!
Ich staunte nicht schlecht, als ich nach den Pflanzen sah. Sie hatten schon kräf­tig ausgetrieben, 5-6 Blätter pro Knolle, und einzelne Pflanzen blühten sogar! Aller­dings sahen die Pflanzen so gar nicht wie Krause Wasserähren aus. Die Unterwasserblätter erinnerten vielmehr an einen Wasserkelch, sie sahen speziell der Art Cryptocoryne wendtii nicht un­ähnlich. Freilich hatten viele Pflanzen (18 der 20 Knollen hatten zu diesem Zeitpunkt bereits Blätter geschoben, davon nur 5 Exemplare Unterwasser­blätter) gar keine Unterwasserblätter, sondern nur Schwimmblätter ausge­bildet, die, ober­flächlich betrachtet, etwas an unser Schwimmendes Laich­kraut, Potamoge­ton natans erinnerten.

Knospe von Aponogeton robinsonii. Sie ist zu­nächst von einem Hüllblatt (Spatha) um­geben, das im Falle von Robinsons Wasserähre nach dem Erblühen abfällt.
Erblühende Knospe. Noch hängt die Spatha wie ein Zipfelmützchen auf dem rechten Blüten­schenkel.

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Welche Pflanze hatte ich da vor mir?
Nun wurde ich natürlich neugierig. Unbedingt wollte ich wissen, welche Wasserähre ich erworben hatte. Die Schwimm­blätter führte ich zunächst auf den sehr niedrigen Wasserstand im Kübel zurück. Ich pflanzte nun alle 20 Knollen in einen großen Mörtelkübel mit den Maßen 80 x 40 x 40 cm und stellte diesen Kübel sonnig frei auf meiner Terrasse auf. Der außergewöhnlich war­me Mai des Jahres machte das möglich. Als Boden­substrat wählte ich lediglich feinen Sand ohne Düngerzusatz. Mein Leitungwas­ser ist mittelhart. Nach dem Einpflanzen und Ein­­­füllen des Wassers waren sämt­liche Blätter zwangsweise unterge­taucht, da die Pflanzen ur­sprünglich nur ca. 10 cm lange Blatt­stiele hatten und nun der Wasser­stand 35 cm betrug. Doch es folgte ein Phänomen, das ich bereits früher bei Seerosen (Nymphaea) beob­achtet hatte: Erhöht man über einem Schwimmblatt den Wasserspiegel, so wächst der Blattstiel in erstaunlicher Geschwindigkeit und das Blatt erreicht wieder die Wasserober­fläche. Die Apono­geton brauchten dazu nur 2 Tage! Fast täglich erschien eine neue Blüte, so dass ich dank des ex­zellenten Bestimmungs­schlüssels in dem Aqua-Planta-Sonder­heft ”Die Gattung Aponogeton” von H. W. E. van Bruggen meine Pflanzen problem­los identifizieren konnte. Es handelt sich um Aponogeton robinsonii, eine bislang nur aus Zentral- und Süd-Vietnam be­kannt gewordene Wasserähre.

Die Bütenähre ist bei A. robinsonii immer zwei­schenklig, die Einzelblüten sind nur auf einer Seite der Ähre angeordnet.

Ein Erstimport aus Versehen
An sich ist die Art A. robinsonii den Pflanzenliebhabern schon länger be­kannt. Ingo Hertel brachte 1980 einige Pflanzen mit und seither scheint sie sich, wenn auch eher bei spezialisierten Aquarianern, bei uns gehalten zu haben. Das liegt an mehreren Faktoren: Erstens braucht A. robinsonii, im Gegensatz zu vielen anderen Wasserähren, scheinbar keine Ruhephase in der sie die Blätter abwirft. Und zweitens blüht sie nicht nur leicht und reichlich, sondern setzt auch noch ohne Zutun stets einige Samen an. Drittens schließlich sind diese Samen ausgesprochen groß (bis zu 14 mm lang!) und entsprechend problemlos gestaltet sich die Aussaat. Die bisher in den Aquarien kultivierten Exemplare gehörten jedoch sämtlich einer voll­kommen anderen Wuchsform an. Diese entwickeln nämlich lange, bandartige Blätter mit gekräuseltem Rand, der Krausen Wasserähre gar nicht so un­ähnlich. Die Schwimmblattform war bis­lang nur aus Herbarmaterial bekannt. Meine 18 Exemplare waren wohl die ersten, die (erkannt) lebend nach Europa kamen.

Normalerweise sind die Blütenblätter reinweiß, doch vereinzel tauchen auch altrosa Blüten auf.

Aussaat
Wasserähren kann man in aller Regel nur über Samen vermehren. Eine Ausnahme bilden lediglich die ”lebendgebärenden Arten”, bei denen sich am Blütenstiel Jungpflanzen entwickeln. Aponogeton robinsonii fruchtet auch ohne künstliche Bestäubung sehr leicht, zumindest bei mir, wo allerdings auch mehrere Pflanzen zusammen stehen. Die reife Frucht schwimmt zunächst 3-4 Tage an der Wasseroberfläche. Dann ist die Samen­schale zerfallen und der Same sinkt zu Boden, wo er gleich munter seine ersten, noch winzigen Blättchen schiebt.

Abgeblühte Ähren ziehen sich in die Länge und tauchen nach und nach unter die Wasserober­fläche.

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Finale
Auch wenn Schwimmblattpflanzen bei vielen Aquarianern nicht sonderlich beliebt sind – mir machten meinen Robin­son-Wasserähren Spaß. Auf jeden Fall stellen sie mit ihren niedlichen Blüten eine Bereicherung von (sommerlichen) Freiluftbehältern dar. Es bleibt jetzt auszuprobieren, wie sich die Pflanze im Aquarium verhält und ob aus den Sämlingen wieder nur Schwimmblatt­pflanzen wachsen, oder auch die Unterwasserform. Und dann erwartete ich noch gespannt, was sich aus den ver­bliebenen 2 Knollen entwickeln würde, denn diese haben schließlich auch ange­fangen, Blätter zu treiben. Gerne hätte ich die schöne Pflanze weiter studiert. Doch es kam anders. Ich musste einige Wochen verreisen. Also gab ich den Kübel mit all seinem Inhalt zu einem Bekannten, der sich interessiert zeigte. Wie das Leben so spielt verloren wir den Kontakt zueinander und ich habe nie wieder von den A. robinsonii gehört.

Die Samen sind bei Robinsons Wasserähre erfreulich groß, so dass die Aussaat keine Mühe macht.

Und die Moral von der Geschicht?
Ich habe es keine Sekunde bereut, die berühmte Katze im Sack gekauft zu haben. Überraschungen pflanzlicher Art, seien es nun falsch deklarierte Samen oder Knollen, sind meist interessant und oft freudige Überraschungen. Aponogeton robonsonii war auf jeden Fall eine!

Frank Schäfer

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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