Corydoras adolfoi und Co: Orangeflecken-Panzerwelse

Panzerwelse der Gattungen Brochis, Corydoras, Aspidoras und Scleromystax gehören zu den beliebtesten Aquarienfischen überhaupt. Es gibt unter ihnen Schwarmfische und Einzelgänger, Zwerge von nur etwa zwei Zentimetern und Riesen von fast 12 Zentimetern Endlänge, bunte und tarnfarbene Arten, manche mögen es kühl, andere warm – kurz, für nahezu jedes Aquarium gibt es den passenden Panzerwels. Jetzt ist Saison für eine der attraktivsten Gruppen der Panzerwelse die als gemeinsames Merkmal einen leuchtend orangefarbenen Rückenfleck haben, jedoch meist nicht näher miteinander verwandt sind.

Für Fische ist das Farbmuster ein sehr wichtiges Erkennungsmerkmal für Art­genossen. Der leuchtende orange­farbene oder gelbe Fleck im Nacken dient manchen Arten zum Schwarmzusammenhalt. Andere Arten imitieren die Schwarmarten aber nur, weil sie dadurch einen größeren Schutz vor Fressfeinden haben. Denn Panzerwelse schmecken nicht gut. Ihr äußerer Knochen­panzer, von dem sie auch ihren deutschen Gebrauchsnamen haben, macht sie schwer verdaulich und zudem haben sie starre, heftig stechende und manchmal auch giftige Rücken- und Brustflossenstacheln. Ein Vogel oder sonstiger Fressfeind, der einmal einen Panzerwels gefressen hat, merkt sich dieses unangenehme Ereignis und meidet fortan Fische, die ein solches Farbmuster haben. Also ist die auffällige Färbung zugleich Warn­färbung und Signal an Artgenossen.

Corydoras adolfoi

Kleine Taschenlampe brenn…

Darum gehören auch diese „Orangeflecken-Panzerwelse“ zu den beliebtesten Aquarien­fischen, denn leuchtend bunte Fische sind natürlich attraktiv. Die Schwarm-Arten passen mit ihren nur rund 5-6 cm Gesamt­länge hervorragend in handels­übliche Aqua­rien­größen, die eher einzel­gänge­rischen Sattelschnäuzer sind aller­dings zumindest zeitweise ziemlich aggressiv untereinander und brauchen darum ge­räumige Aquarien, zumal sie mit rund 8 cm Länge auch deutlich größer werden.

Corydoras burgessi

Das Wasser

Man könnte das Wasser, in dem diese Panzerwelse in der Natur leben, als minimal verunreinigtes destilliertes Wasser mit saurem pH-Wert beschreiben. Es hat eine Leitfähigkeit von 5-10 µS/cm (das entspricht einer Gesamthärte von 0, ist also mit üblichen Härtetests nicht messbar), der pH-Wert liegt zwischen 4,5 und 5. Die vor Ort gemessene Wassertemperatur ist relativ hoch, da man die Lebensräume dieser Fische nur in der nieder­schlagsarmen Trockenzeit bereisen kann. Alle Arten kommen aus dem Einzug des oberen Rio Negro. Im Rio Negro selbst liegt die Wassertemperatur in der Trockenzeit um 30°C, denn das dunkle, kaffeefarbene Wasser absorbiert die Son­nen­strahlung. Allerdings ist zu bedenken, dass die Panzerwelse meist nicht im Haupt­fluss, sondern in teilweise stark beschatteten Bächen leben, die zudem in der Regel Klarwasser führen, das etwa die Fär­bung von dünnem Tee hat. Dort ist das Wasser mit ca. 25-28°C schon kühler. Und zur Regenzeit, wenn zusätzlich zur Beschattung durch die Wolken noch das relativ kühle Regenwasser in Sturzbächen vom Himmel kommt, kann auch in größeren Ne­ben­flüs­sen die Wassertemperatur deutlich absin­ken. Aus der aquaristischen Praxis wissen wir, dass auch die Corydoras-Arten aus dem oberen Rio Negro-Gebiet zur Stimulation des Ab­laichens eine rasche Abkühlung des Wassers auf etwa 16°C durch einen groß­zügigen Wasserwechsel (50% oder mehr) nicht nur tolerieren, sondern in manchen Fällen ge­rade­zu brauchen, um in Laich­stimmung zu kommen. Allerdings sollte in solchen Fällen die Abkühlung nur sehr kurzzeitig erfolgen und das Wasser mittels Heizer zügig wieder auf etwa 24°C gebracht werden.

Im Aquarium

Ganz so extreme Wasserwerte, wie die Tiere sie in der Natur haben, muss man im Aqua­rium nicht nachahmen, um die schönen Panzer­welse erfolgreich zu pflegen. Sie sind recht anpassungsfähig und leben auch viele Jahre in hartem, leicht alkalischem Wasser. Die Zucht gelingt aber nur, wenn man die natürlichen Wasserverhältnisse einiger­ma­ßen nachahmt. Dabei muss man bedenken, dass Panzerwelse einem Laichrhythmus folgen, der für den betrachtenden Menschen nicht so ohne weiteres nachvollziehbar ist. Manchmal laichen sie fast täglich, dann wieder wochenlang gar nicht. In hartem Wasser bilden sich die Geschlechtsorgane oft zurück, bei lange Zeit in hartem Wasser ge­pflegten Tieren kann es nach dem Umsetzen in weiches, saures Wasser Monate dauern, bis sie wieder fortpflanzungsfähig sind. Am schönsten und vitalsten werden die Orange­flecken-Panzerwelse wenn man nicht nur weiches und saures, sondern auch durch Huminstoffe angefärbtes Wasser anbietet. Das erreicht man z.B. durch die Zugabe von Erlenzäpfchen. Feiner weißer Sand sollte den Boden bedecken, mit Wurzeln und totem Laub schafft man Versteckmöglichkeiten. Das tote Laub stellt zusätzlich eine wichtige Ernährungs­er­gänzung dar, in der Natur ist es eine Haupt­nahrungsquelle. Da die meisten Unter­wasserpflanzen unter diesen Bedin­gungen nicht wachsen, verzichtet man ent­weder ganz auf sie (dann spart man auch kräftig Strom bei der Aquarienbeleuchtung) oder man verwendet Schwimmpflanzen. Sehr attraktiv wirkt es, wenn man Seerosen (Nymphaea) ihre Schwimmblätter ausbilden oder Schwertpflanzen (Echinodorus) aus dem Wasser herauswachsen lässt. Es genü­gen dafür meist schon 15-20 cm Luftraum. Beide Pflanzen werden dann auch blühen, was viele zusätzliche interessante Beobach­tungs­möglichkeiten bietet.

Die Arten

Zu den Orangeflecken-Panzerwelsen zählen folgende derzeit bekannten Arten: Corydoras adolfoi Burgess, 1982, C. burgessi Axelrod, 1987, C. crypticus Sands, 1995, C. duplicareus Sands, 1995, C. imitator Nijssen & Isbrücker, 1983, C. nijsseni Sands, 1989 und Corydoras serratus Sands, 1995. Hinzu kommt noch eine Art, die C. imitator sehr ähnlich, jedoch hochrückiger ist und die provisorische Be­zeichnung „C 39“ erhalten hat und eine Art mit dunklem Kiemendeckelfleck, die ansons­ten C. burgessi gleicht und als C 121 bezeich­net wird. Dabei steht das „C“ für „Corydoras“. Schwarmarten sind alle bis auf C. serratus. Die Fischarten, die heutzutage allgemein in der Gattung Corydoras zusammengefasst werden, sind oft nicht näher miteinander verwandt und müssten eigentlich in unter­schied­lichen Gattungen untergebracht wer­den. Bis es soweit ist, spricht man darum ganz gerne von Rundschnäuzern, Lang­schnäu­zern und Sattelschnäuzern (letztere sind die eigentlichen Corydoras) und dazu gibt es noch eine Reihe weiterer Sonder­gruppen.

Rundschnäuzer

Die Rundschnäuzer Corydoras adolfoi und C. duplicareus sind einander sehr ähnlich und, weil beide Arten zahlreiche natürliche Farb­varianten ausbilden, kaum auseinander­zu­halten. Es gibt jedoch ein anatomisches Detail zur Unterscheidung: C. duplicareus besitzt Brustflossen­stacheln, die auf der Innenseite stark gesägt sind, während sie bei C. adolfoi glatt sind. Diese Angabe wur­de allerdings seit der Erst­beschreibung von C. duplicareus nie wieder einer wissen­schaft­lichen Prüfung unterzo­gen. Die Fische, die man im Hobby ganz allgemein als C. dupli­ca­reus bezeichnet, sind etwas hochrückiger und der Rücken­strei­fen be­deckt am Ansatz der Schwanz­flosse etwa die Hälfte des Schwanz­stiels, während die als C. adolfoi bezeichneten Tiere schlanker sind und der Rückenstreifen ober­halb des Schwanz­­­stiels in eine feine Linie aus­läuft. Bei Wildfängen sind diese Unter­schei­dungs­merk­male allerdings kaum anzu­wen­den, denn die Tiere sind wirklich ziemlich variabel und man kann im gleichen Import viele Zwi­schen- und Übergangsformen fin­den. Erst bei Nachzuchten ergibt sich ein ein­heit­liches Bild, dann sehen die Tiere sehr uniform aus. Gewöhnlich wird nur C. duplica­reus gezüch­tet, denn diese Art erweist sich als produktiv und leicht nachzüchtbar, während C. adolfoi aus unbekannten Gründen als schwierig nachzuzüchten gilt. Wegen der Ähnlichkeit beider Arten gibt sich allerdings auch kein Berufszüchter mit einer zweiten, sehr ähn­lichen, dabei jedoch nach landläufigem Geschmack weniger attraktiven Art ab und so erhält man C. adolfoi meist nur als Wild­fang. Sehr ähnlich sind auch C. burgessi und C 121, die im Gegensatz zu C. adolfoi und C. duplicareus schwarze Rückenflossen haben. Die Form des Rückenbandes ist hochvariabel; es gibt Tiere mit lediglich einem schwarzen Sattelfleck, andere haben ein breites Band über den ganzen Rücken.

Corydoras duplicareus
Variante von C. burgessi
Eine weitere Variante von C. burgessi

Corydoras sp. C121

Langschnäuzer

Der häufigste Langschnäuzer im Handel ist Corydoras imitator. Die Form des Kopfes ist bei Wildfängen sehr variabel, ebenso die Färbung. Es gibt Tiere mit breitem und schmalem Rückenstreifen. C. imitator ist der Langschnäuzer zu C. adolfoi, während der sehr ähnliche, etwas hochrückigere C39 der Langschnäuzer zu C. duplicareus ist. Der Langschnäuzer zu C. burgessi ist C. crypticus, bei dem die Langschnäuzigkeit oft nicht sonderlich ausgeprägt ist. C. crypticus ist genauso farbvariabel wie C. burgessi.

Corydoras imitator
Corydoras sp. aff. imitator C39

Sattelschnäuzer

Die sattelschnäuzige Art zu den Orange­flecken-Panzerwelsen ist Corydoras serratus. Lange Jahre bekam man diese Art nur in Einzel­exemplaren zu Gesicht. Japan, wo wahn­sinnige Preise (bis zu dreistellig für einen einzigen Fisch!) für rare Panzerwelse gezahlt wurden, erhielt praktisch alle Tiere. Da Sattelschnäuzer einzelgängerisch leben, kann man sie nicht effektiv fangen, anders als die Schwarmarten, die so häufig sind, dass ein einziger Netzzug hunderte bis tausende von Exemplaren einbringen kann. Zwischen­zeit­lich sind Panzerwelse aber in Japan wieder aus der Mode gekommen, die Preise sind auf ein wirtschaftlich vernünftiges Niveau ge­fallen und es kamen auch genug C. serratus nach Deutschland, um die Variabilität der Art studieren zu können. Und die ist enorm! Laien würden sie glatt für verschiedene Arten halten, doch ist die Farbveränderlichkeit genetisch bedingt. Wie wir mittlerweile aus Nachzuchten wissen, treten selbst unter den Nachkommen von identisch gefärbten Eltern­tieren alle diese verschiedenen Varian­ten auf.

Dies ist das einzige existierende Photo eines Sattelschnäuzers, der sich als Beifang bei C. nijsseni fand. Möglicherweise handelt es sich um ein Jungtier des hochvariablen C. serratus, vielleicht aber auch um eine weitere neue Art.

Der Elegans-Verwandte

Es gibt noch einen vierten Typ vom Orange­fleck-Panzerwels, der in die unmittelbare Ver­wandtschaft von C. elegans gehört, näm­lich C. nijsseni. Diese Arten sind oft im freien Was­ser statt am Boden zu finden und die Männ­chen und Weib­chen haben ganz unter­schiedliche Fär­bung. Hinzu kommt auch bei dieser Art eine hohe Variabilität in der Färbung in der Natur. Ob diese Unterschiede einfach nur die innerartliche Varianz dar­stellen oder geo­grafisch fixiert sind, ist unbe­kannt. Leider wird C. nijsseni nur sehr selten importiert.

Gehen Sie doch mal auf Entdeckungstour in Ihrem Zoofachhandel. Die eine oder andere Art wird derzeit sicher als Wildfang dort zu haben sein und vielleicht haben Sie ja Glück und entdecken sogar einen Beifang darunter!

Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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