Schokoladenguramis sind sehr schöne und sehr spezialisierte Labyrinthfische. Sie stellen darum Pflegeobjekte für fortgeschrittene Aquarianer dar. Es gibt drei Gattungen Schokoladenguramis, nämlich Sphaerichthys mit vier Arten, Parasphaerichthys mit zwei Arten und Ctenops, die nur eine Art enthält, den indischen Spitzkopfgurami, Ctenops nobilis. Ctenops ist die größte Art der Schokoguramis und wird etwa 8-10 cm lang.
Es handelt sich um maulbrütende Fische, bei denen die Männchen die Brut austragen. Untereinander sind die Tiere, wie alle Schokoguramis, außer zur Brutzeit äußerst unverträglich. Mit Artgenossen vergesellschaftet man sie am besten nur zur Zucht. Es ist nicht so, dass sich Spitzkopfguramis gegenseitig bei Kämpfen verletzen würden, sondern sie ertragen den ständigen Anblick von Artgenossen nicht. Ähnlich wie die meisten Chamäleons im Terrarium oder die Tupajas, auch Spitzhörnchen genannt – als Beispiel für Säugetiere – in Gehegen, sterben Spitzkopfguramis an Nierenversagen, wenn sie ständig Artgenossen sehen müssen. Das geht nicht von heute auf morgen, das dauert mehrere Wochen, aber von da an wird man immer wieder äußerlich unverletzte Exemplare tot im Aquarium vorfinden. In der Natur ist das Wasser stets ziemlich trübe. Die besten Erfahrungen mit der Gruppenhaltung machen Aquarianer darum immer, wenn sie die Gelegenheit haben, die Fische in der wärmeren Jahreszeit (etwa Mitte Mai bis Mitte September) in Freilandaquarien zu pflegen. Die dort fast immer auftretende Algenblüte sorgt für wenig durchsichtiges Wasser und einen niedrigen Stresspegel bei den Fischen.
Als subtropische Art braucht der Spitzkopfgurami nicht ganzjährig gleichbleibende Temperaturen, sondern man muss den Verlauf der Jahreszeiten mit heißen, trockenen Sommern und kühlen, niederschlagsreichen Monsunzeiten imitieren, um den Lebensbedürfnissen der Art im Aquarium gerecht zu werden. Dafür ist der Spitzkopfgurami anspruchlos, was das Wasser angeht: bekannte Aquarien-Fische, die den Lebensraum von Ctenops in der Natur teilen, sind etwa der Zebrabärbling (Danio rerio), die Prachtbarbe (Pethia conchonius) oder der Zwergfadenfisch (Colisa lalia). Pflanzen und artfremde Fische werden ignoriert. Allein gehalten sind Spitzkopfguramis oft scheu und fressen schlecht. Am besten pflegt man sie daher in Gesellschaft anderer, friedlicher Fische, wie der oben genannten Arten.
Unter den geschilderten Bedingungen gelingt die Zucht recht planmäßig, am besten setzt man die Tiere im Herbst an. Männchen sind schlanker und haben einen spitzeren Kopf. Leider ist die Aufzucht der Jungtiere ziemlich aufwändig, denn auch sie ertragen den Anblick von Artgenossen nicht mehr, wenn sie erst einmal eine Länge von 1,5-2 cm erreicht haben. Sie wechseln dann vom kontrastreichen Kinderkleid langsam in die Erwachsenenfärbung um. Wenn man die Tiere nicht vereinzelt und ähnlich wie Kampffische in Einzelhaltung aufzieht (andere Fischarten stören nicht), wird man nach und nach die Brut verlieren.
Da diese Form der Pflege den meisten Aquarianern nicht zusagt, sind Spitzkopfguramis stets ausgesprochene Seltenheiten im Aquarium. Vielleicht gibt es aber doch einen Weg – abgesehen von Riesen-Aquarien – um mehrere Ctenops dauerhaft gemeinsam zu pflegen: in lehmtrüben Wasser! In der Natur hat man im Lebensraum der Spitzkopfguramis unter Wasser gewöhnlich eine Sichtweite von weniger als 15 cm. Wenn man diese Verhältnisse im Aquarium mit in Wasser gelöstem Lehm nachahmt, so könnte man vermutlich auch Spitzkopfguramis ständig in Gruppen pflegen. Sie schwimmen dann einfach außer Sichtweite, wenn sie der Anblick von Artgenossen nervt. Allerdings: man muss schon ordentlich Arsch in der Hose haben, um Zuhause ein größeres Aquarium mit lehmtrüber Brühe zu betreiben. Die Reaktionen von Besuchern reichen nämlich von Verständnislosigkeit bis zu Mitleid, auch wenn man noch so sehr beteuert, dass das die Verhältnisse in der Natur sehr genau imitiert. Schade. Denn lehmtrübes Wasser hat weitere Vorteile. In Speisefischzuchten wird lehmtrübes Wasser mit großem Erfolg verwendet, um die Anzahl schädlicher Bakterien in den Jungfischbecken deutlich zu reduzieren – ganz ohne Chemie und Antibiotika!
Frank Schäfer
Weiteren Lesestoff über Labyrinthische gibt es hier: https://www.animalbook.de/navi.php?qs=labyrinthfisch
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