
Urlaub!!! Zwei Wochen frei!!! Nix wie weg!!! Wir machen eine kleine Rundreise durchs nördliche Italien. Oberste Priorität hat natürlich: den Kopf freibekommen und Energie tanken. Der Seele freien Lauf und den Läppi zuhause lassen. Aber ein bisschen Natur gucken gehört trotzdem dazu. Seit Jahrzehnten studiere ich die Mauereidechsen; die Pflanzen des Mittelmeerraumes faszinieren mich fast ebenso lang und ein besonderes Ziel der aktuellen Reise war der Mauergecko (Tarentola mauritanica), da ich über Mauergeckos für das übernächste Bookazine einen Artikel plane. Mauereidechsen und Blumen gibt es in Italien ja überall in rauen Mengen, aber für Mauergeckos muss man in Küstennähe, da die Art nicht weiter als ca. 100 km landeinwärts geht. Ich dachte an die Festung von Livorno (Fortezza Nouva – siehe https://it.wikipedia.org/wiki/Fortezza_Nuova) als romantische Gecko-Kulisse. Und da waren sie auch – brave Tiere!
- Die Festung Fortezza Nouva in Livorno, Heimat hunderter Mauergeckos (Tarentola mauritanica)
- Auf diesem romantischen Bogen leben schon ein Dutzend Tiere oder mehr
- Wo wenig Katzen sind, sind Mauergeckos auch tags aktiv. Sehen Sie das Tier am breiten Spalt der Mauer?
- Ok, näher. Jetzt?
- Da ist es bildfüllend. Die Fluchtdistanz ist mit ca. 2 m aber hoch.
Eher zufällig bekam ich mit, dass Livorno auch über ein Schauaquarium verfügt. Ein Berufsaquarianer, der ein Schauaquarium nicht besucht? So etwas gibt es nicht, auch nicht im Urlaub. Mein liebes Weib nahm es auf sich, so lange in einem Café auf mich zu warten – die Gute! Es sollten vier Stunden werden..

Eingang zum Aquarium von Livorno
Zunächst ließ sich das Ganze nicht sehr gut an. Ich hatte natürlich gehofft, dass hier viele lokal vorkommende Mittelmeerarten ausgestellt und meine Bildersammlung um manch rare Spezies ergänzt würde. Und dann das verhasste Schild: Blitzlichtverbot! Diese Unsitte greift massiv um sich. Viele Besucher glauben inzwischen tatsächlich, Blitze schadeten den Fischen. Das ist aber Blödsinn. Ob andere Besucher durch fotografieren mit Blitz gestört werden, darüber kann man natürlich diskutieren. Aber Fakt ist ja, dass haufenweise nutzlose Handyfotos trotzdem mit Blitz gemacht werden, weil die User nicht kapieren, wo der Blitz abgestellt wird. Doch wer als „richtiger“ Fotograf blitzt, riskiert den Rausschmiss. Also muss man erst mal durch die Ausstellung hindurch und dann entscheiden, welche Art es wert ist, gegen das Blitzverbot zu verstoßen und dann am langgezogen Ohr herausgeführt zu werden.
- Grauer Lippfisch, Paar, Männchen oben
- Weibchen vom Grauen Lippfisch
Ich probiere es erst mal so. Ein Fuffzichstel kann ich grade noch so ohne Stativ halten, alle 3200 ASA rein, die die Kamera hergibt und Blende auf bis zum Anschlag. Das rauscht zwar wie Sau, aber vielleicht ist ja doch ein Zufallstreffer dabei. Am Anfang der Ausstellung gab es schon die ersehnten Becken mit Lokalkolorit. Im ersten der große Einsiedlerkrebs Dardanus calidus mit Schmarortzerseerosen (Calliactis parasitica) und ein Pärchen Grauer Lippfische (Symphodus cinereus). Oh wie gerne hätte ich den Einsiedler gemacht! Der war gut sichtbar, vorn an der Scheibe, was für ein Glück! Doch da wurde nix draus. Die Beleuchtung dieses Beckens war einfach zu duster. Mist. Eins weiter hellte sich meine Stimmung dann aber auf, auch hier waren ein Pärchen Grauer Lippfische, diesmal gemeinsam mit einem Kleinen Bärenkrebs (Sycllarus arctus), einem jungen Geißbrassen (Diplodus sargus) von ca. 15 cm Länge und einem Schwarzschwanz-Lippfisch (Symphodus melanocerus), dem Putzer des Mittelmeeres, untergebracht. Dieses Becken war besser beleuchtet. Der Geißbrassen hatte schlechte Laune und scheuchte die Lippfische ganz ordentlich.
- Mittelmeer-Haarsterne sind empfindliche Planktonfresser
- Mittelmeer-Lanzenseeigel; die Art kommt erst ab 30 m Tiefe vor
- Aquarium mit Wachsrosen und Anemonengrundeln
- Anemonengrundeln fliehen bei Gefahr in die stark nesselnden Wachsrosen
- Kaisergranat – nicht nur lecker, auch schön!
- Das gleiche gilt für die Languste (Palinurus elephas)
- Blutstriemenbarsch, Serranus cabrilla
- Detail vom Kopf des Großen Roten Drachenkopfs (Scorpaena scrofa)
Ein paar Becken weiter: zwei echte Raritäten. Mittelmeerhaarsterne (Antedon mediterranea) und Lanzen-Seeigel (Cidaris cidaris). Herrlich! Leider wieder ein sehr dunkles Becken. In dieser Abteilung fiel mir noch besonders ein Aquarium mit Wachsrosen (Anemonia sulcata) und den bei ihnen lebenden Grundeln (Gobius bucchichi) auf. Zu sehen gab es ferner Drachenköpfe, mehrere Arten Seesterne, weitere Lippfischarten, Krabben, Einsiedler, die Trug-Koralle (Parerythropodium coralloides) und Kaisergranate (Nephrops norvegicus), Langusten und Blutstriemenbarsche (Serranus cabrilla). Leider sind viele Becken so dunkel, dass man nicht nur nicht fotografieren kann, sondern auch die Beobachtung nur schwer möglich ist. Vielleicht ist das aber eine notwendige Maßnahme, um ein Veralgen der sessilen Bewohner zu verhindern. In einem dieser Aquarien schwamm ein Trupp Meerbarbenkönige (Apogon imberis) und ein kleiner Meerrabe (Sciaena umbra) von vielleicht 8 cm Länge. Den hätte ich soooo gerne fotografiert, aber das ergab nur schwarzen Adler auf schwarzem Grund.

Blick in das große Becken vom Charakter „Seegraswiese“, das von verschiedenen Brassenarten domniert wird.

Die Scheibendicke ist beeindruckend.

Dickes Glas, lange Belichtungszeiten, hohe ASA-Zahl, große Blende: schlechte Aufnahmen. Aber was für geile Fische…
Etwas frustriert zog ich weiter. Dann wurde ich aber mehr als entschädigt. Ein erstes Großbecken, hauptsächlich mit diversen Brassen-Arten, aber auch Dicklippigen Meeräschen (Chelon labrosus), Mönchsfischen (Chromis chromis), Meerjunkern (Coris julis), Pfauen-Lippfischen (Symphodus tinca) und einem großen Kleingefleckten Katzenhai (Scyliorhinus caniculata), von dem auch etliche Eier im (künstlichen) Seegras zu sehen waren. Der Katzenhai hatte sich mit einem sehr großen Exemplar des Streifenbrassens (Spondyliosoma cantharus) zusammengetan. Dem Streifenbrassen waren Teile seiner Beflossung abhandengekommen. Diese Brassen-Art ist etwas Besonderes, nicht nur unter den Brassen, sondern ganz allgemein unter den Meeresfischen, denn sie übt Brutpflege aus. So etwas – gang und gäbe unter Süßwasserfischen – ist im Meer die ganz große Ausnahme. Wie fast alle Meerbrassen ist auch Spondyliosoma cantharus ein protogyner Zwitter, beginnt das Leben also als Weibchen und wandelt sich vermutlich nach vier bis fünf Jahren zum Männchen um. Geschlechtsreif wird der Streifenbrassen mit etwa 20 cm im Alter von ca. 2 Jahren. Die Männchen wedeln mit der Schwanzflosse eine Grube in den Sand. Hier hinein werden die klebrigen Eier (10.000 bis 100.000 Stück, Durchmesser ca. 1 mm, Laichzeit Februar bis Mai) gelegt und 9 Tage lang vom Männchen bis zum Schlupf bewacht und mit Frischwasser befächelt. Die Plexischeibe dieses Beckens hatte eine beeindruckende Dicke.
- Marmorbrassen, Lithognathus mormyrus
- Zweibindenbrassen, Diplodus vulgaris
- Großer Geißbrassen, Diplodus sargus
- Meerjunker, Coris julis
- Gelbstriemen, Sarpa salpa (früher Boops salpa)
- Dicklippige Meeräsche, Chelon labrosus
- Dicklippige Meeräsche, Chelon labrosus
- Eigentlich nicht veröffentlichungsfähig, aber das Bild dokumentiert das ungleiche Paar aus XXL-Streifenbrassen (Spondylosoma cantharus) und Kleingeflecktem Katzenhai.
Gegenüber dieses Beckens, in dem ein sandiger Biotop mit Seegrasbeständen gezeigt wird, befindet sich ein Streichelaquarium mit Rochen. Die Arten sind schwer zu bestimmen, ich denke, es waren Raja asterias und R. miraletus.
- Raja cf. asterias
- Raja cf. miraletus
- Eingegrabener Rochen
Von hier aus ging es in die Abteilung mit Fischen der tropischen Meere. Darüber berichte ich nächste Woche…
Frank Schäfer
Wer bis dahin mehr über die Tierwelt des Mittelmeeres lesen möchte findet hier den Lesestoff: https://www.animalbook.de/navi.php?qs=mittelmeer
Und wer sich schon mal vorher über das Aquarium Livorno informieren will: http://www.acquariodilivorno.com/aquarium.php
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