Die Wasserhärte ist einer der wichtigsten chemischen Parameter im Aquarium. Da die Wasserhärte auch über die Aquaristik hinaus zuhause von großer Bedeutung ist, sollte eigentlich jeder wissen, was es mit ihr auf sich hat.
Hartes Wasser – weiches Wasser
Wie kommt es eigentlich zu diesen Begriffen? Ein Bauchplatscher tut schließlich immer gleich weh, egal ob das Schwimmbad mit hartem oder weichem Wasser gefüllt ist! Die Begriffe „hart“ und „weich“ beim Wasser wurden im Zusammenhang mit dem Verbrauch von Seife erfunden. Brauchte man viel Seife, bis es zur Schaumbildung kam und war der Seifenschaum kleinblasig und „hart“, so sprach man von hartem Wasser, schäumte die Seife hingegen schnell und war der Schaum cremig-zart, so hatte man weiches Wasser. Das ist bis heute von großer praktischer Bedeutung, denn bei hartem Wasser braucht man viel mehr Waschpulver oder Seife, um einen Reinigungseffekt zu erzielen, als in weichem Wasser. Ob zuhause hartes oder weiches Wasser aus dem Wasserhahn fließt, sieht man sehr gut im Handwaschbecken. Bildet sich, wenn man die Hände regelmäßig mit Seife wäscht, schnell ein stumpfer Belag auf der Oberfläche der Waschschüssel, hat man hartes Wasser, bleibt das Waschbecken tagelang glatt und glänzend, obwohl man kein Ferkel ist, hat man weiches Wasser.
Die Ursachen von hartem Wasser
Unser Trinkwasser, das aus der Leitung fließt, wird gewöhnlich aus Grundwasser gewonnen, manchmal handelt es sich auch um aufbereitetes Wasser aus einem großen, an der Erdoberfläche befindlichen Wasserkörper, also einem Fluss oder einem See. Immer hatte das Trinkwasser also Kontakt mit Erde und Gestein; und Erde und Gestein enthalten Bestandteile, die wasserlöslich sind, darunter Kalzium*- und Magnesium-Verbindungen. Und das sind die Härtebildner. Enthält ein Wasser also viele dieser Kalzium- und Magnesium-Verbindungen, so hat man hartes Wasser, sind nur wenige Kalzium- und Magnesium-Verbindungen darin, so hat man weiches Wasser. Wissenschaftlich korrekt ausgedrückt muss es heißen: die Gesamthärte gibt die Summe aller im Wasser gelösten Erdalkali-Ionen an.
*Das Wort „Kalzium“ wird im Deutschen mit „K“ geschrieben, wenn es sich um den Alltagsgebrauch des Wortes handelt, mit „C“ am Anfang, wenn das chemische Element gemeint ist – man kann also beide Schreibweisen verwenden.
Erdalkali-Ionen
Die Erdalkali-Metalle sind chemische Elemente. Sie heißen Beryllium (Be), Magnesium (Mg), Calcium (Ca), Strontium (Sr), Barium (Ba) und Radium (Ra). Von diesen kommen jedoch nur Calzium- und Magnesium-Ionen in so hoher Konzentration im Wasser vor, dass sie in der Praxis berücksichtigt werden müssen. Diese Ionen haben eine positive Ladung, es handelt sich also um Kationen. Die für die biologischen Auswirkungen der Härte im Wasser zuständigen, negativ geladenen Gegenstücke der Erdalkali-Ionen – die Anionen – sind Karbonate, das sind Molekül-Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff.
Was ist ein Ion?
Apple-User mögen denken, es handele sich dabei um eine neue, geniale Erfindung aus der Ideenschmiede von Steve Jobs. Aber es schreibt sich nicht i-On, sondern Ion und ist nichts weiter als ein elektrisch geladenes Teilchen – Atom oder Molekül – das zusätzliche Elektronen aufgenommen oder ursprünglich vorhandene Elektronen abgegeben hat. Es erreicht dadurch einen chemisch stabileren Zustand. Hat ein Ion Elektronen abgegeben und dadurch eine positive Ladung angenommen, so heißt es Kation, ist das Ion durch die Aufnahme zusätzlicher Elektronen negativ geladen, so nennt man es Anion. Ein bekanntes Beispiel: warum löst sich Kochsalz in Wasser auf? Kochsalz besteht – chemisch gesehen – aus einer Verbindung von positiv geladenem Natrium- und negativ geladenen Chlor-Ionen. Gibt man Kochsalz in Wasser, so lagern sich um das positiv geladene Natrium-Ion und um das negativ geladene Chlor-Ion Wassermoleküle an. Wasser (H2O) besitzt vom Wasserstoff (H) nämlich eine positive Ladung, vom Sauerstoff (O) eine negative Ladung. Wie bei Magneten ziehen sich positive und negative Ladungen an. So lange es genug Wassermoleküle gibt, lagern sie sich an die Ionen des Kochsalzes an, das Salz löst sich auf. Irgendwann ist aber die Lösung gesättigt und es ist nicht mehr möglich, weiteres Salz aufzulösen: es rieselt unaufgelöst zu Boden des Gefäßes, in dem man den Versuch macht. Beim Auflösen von Kochsalz in Wasser wird Energie benötigt, weswegen sich die Lösung abkühlt.
Gesamthärte
Die Gesamthärte wurde bereits definiert: Sie ist die Summe aller Erdalkali-Ionen-Konzentrationen im Wasser. Gesamthärte heißt sie, weil sie sich aus zwei Komponenten zusammensetzt, der Karbonathärte und der Nicht-Karbonathärte. Diese beiden Begriffe werden gleich noch erläutert. Kalzium und Magnesium sind für den Körper sehr wichtig; ihretwegen trinken wir Mineralwasser, die sehr viel von diesen Kationen enthalten. Mit den waschaktiven Bestandteilen der Seifen, den Tensiden, bilden diese Erdalkali-Kationen jedoch wasserunlösliche Verbindungen, die Kalkseifen, die keinerlei Reinigungskraft haben. Die Tenside der Seifen sind nämlich anionisch. Darum braucht man in hartem Wasser so viel mehr Seife.
Karbonathärte
Die Karbonathärte beschreibt den Anteil der Gesamthärte, der durch das Anion Hydrogencarbonat gebildet wird. (Chemisch gesehen ist das falsch, denn eigentlich geht es auch hier um einen Teil der insgesamt die Härte ausmachenden Kationen Calzium und Magnesium, in der Praxis ist diese Unkorrektheit aber bedeutungslos, da beide Erdalkali-Ionen äquivalent zu dem Hydrogencarbonat-Ion vorhanden sind). Hydrogencarbonat steht mit Kohlendioxyd (bzw. Kohlensäure) in einem Gleichgewicht, das u.a. temperaturabhängig ist. Steigt die Temperatur, so sinkt die Löslichkeit für Kohlendioxyd im Wasser; das Kohlendioxyd entweicht und aus dem Hydrogencarbonat bildet sich Kesselstein, der als weißer, steinharter und praktisch wasserunlöslicher Belag ausfällt. Dieses Phänomen kennt ja jeder aus dem Haushalt in Form von Verkalken von Wasserkochern, Kochtöpfen oder Wasserhähnen.
Ist die Karbonathärte sehr hoch, dann „fängt“ das Hydrogencarbonat praktisch alles Kohlendioxyd ein; die Folgen sind ein hoher pH-Wert und hungrige Pflanzen.
Nichtkarbonathärte
Ein Teil der die Härte bildenden Erdalkali-Kationen hat als Gegenspieler-Anionen kein Hydrogencarbonat, sondern z.B. Sulfate (z.B. Gips), Chloride oder Nitrate. Da dieser Anteil der Gesamthärte nicht durch die Temperatur verändert werden kann, spricht man auch von der „bleibenden Härte“, im Gegensatz zur „vorübergehenden Härte“ der Carbonate. Die Nichtkarbonathärte hat erfahrungsgemäß nur einen relativ geringen Einfluss auf das Leben im Aquarium. Allerdings muss man auch einen ziemlichen Aufwand betreiben, um die einzelnen Komponenten der Nichtkarbonathärte zu bestimmen, weshalb solche Analysen im Hobby kaum gemacht werden.
Warum ist die Härte des Wassers wichtig?
Die Karbonathärte ist von großer Wichtigkeit für den Betrieb eines Aquariums. Denn sie sorgt dafür, dass der gewünschte pH-Wert, egal ob sauer oder alkalisch, stabil eingestellt werden kann. In einem harten Wasser kann man keinen stabilen sauren pH-Wert einstellen, in einem weichen Wasser keinen stabilen alkalischen.
Im Aquarium entsteht z.B. ständig Kohlendioxyd durch die Atmung der Fische und Pflanzen, sowie durch die Tätigkeit der Bakterien und Pilze, es wird aber auch ständig Kohlendioxyd verbraucht, das die Pflanzen zur Bildung von Zucker durch die Photosynthese benötigen. Die Folge ist eine ständige Verschiebung des pH-Wertes in einem ungepufferten Wasser, da Kohlendioxyd in Wasser gelöst Kohlensäure ergibt und der pH-Wert (vereinfacht gesagt) anzeigt, wieviel Säure sich im Wasser befindet.
Außerdem bildet sich im Aquarium durch den Stickstoffabbau bei der chemischen Umwandlung der Verdauungsprokukte unserer Fische Salpetersäure. Diese Säure „frisst“ die Karbonathärte sozusagen auf, wodurch es irgendwann zu plötzlichen und drastischen pH-Wertstürzen kommen kann.
Empfindliche Fische nehmen schon bei verhältnismäßig geringen Verschiebungen des pH-Wertes Schaden. Ein stabiler pH-Wert gehört darum zu den wichtigsten Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Pflege und Zucht von Fischen, auch wenn die meisten Fischarten pH-Werte zwischen 6 und 8 zumindest zeitweise tolerieren.
Die Härte an sich, sowohl die Karbonathärte wie auch die Gesamthärte, ist den Fischen im großen und ganzen egal, denn auch so genannte Weichwasserfische wie Diskus, Neon oder Altum-Skalare werden in härterem Wasser nicht krank, aber die in der aquaristischen Praxis direkt an die Härte gekoppelte Stabilität des pH-Wertes (man nennt diese Stabilisierung des pH-Wertes durch das Hydrogencarbonat die „Pufferkapazität des Aquarienwassers“) ist für diese Fische von überlebenswichtiger Bedeutung. Wenn ich einen stabilen sauren pH-Wert im Aquarium einstellen möchte, so darf die Karbonathärte einen gewissen Wert nicht überschreiten, sonst geht das einfach nicht.
Der pH-Wert ist für viele Fischarten (durchaus nicht für alle) aus mehreren Gründen wichtig, doch das soll an anderer Stelle erörtert werden.
Manche Pflanzen können dem Hydrogencarbonat Kohlendioxyd entziehen. Dann fällt wieder unlöslicher Kalk (Kesselstein) aus, der sich auf den Blättern als weiße Kruste niederschlägt. Dieser Vorgang wird „biogene Entkalkung“ genannt. Die meisten unserer im Aquarium gepflegten Pflanzen können das aber nicht und verhungern schlichtweg in einem Wasser mit hoher Karbonathärte – ganz abgesehen davon, dass weiße Kalkablagerungen auf den Pflanzen dem ästhetischen Empfinden der meisten Aquarianer nicht entsprechen und der Lichtbedarf derart verkalkter Pflanzen stark ansteigt.
Ist die Karbonathärte sehr niedrig, dann besteht die Gefahr, dass zuviel freie Kohlensäure entsteht und der pH-Wert sprunghaft absackt. Ein solches Ereignis kann für Fische tödlich sein. Auch der umgekehrte Fall kann ist stark bepflanzten Aquarien mit zu niedriger Karbonathärte eintreten: Wenn nämlich morgens nach dem Lichteinschalten die Photosynthese so richtig losgeht, kann u. U. alles freie Kohlendioxyd verbraucht werden, mit der Folge, dass der pH-Wert nach oben schnellt.
Wie misst man die Härte und wie macht man weiches oder hartes Wasser?
Das erfahren Sie in der nächsten Woche von Franky Friday. Nicht verpassen!
Frank Schäfer
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