Die Chinesische Wollhandkrabbe

Die Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) ist, wie ihr Name schon andeutet, eine hauptsächlich chinesische Tierart. Die natürliche Verbreitung der Art ist – dessen ungeachtet – sehr viel größer und umfasst die Küstenregion von weiten Teilen des östlichen Asiens, von Korea (als nördlichster Grenze) bis zur chinesischen Provinz Fujian, die die Südgrenze des Artareals bildet.

Ausgewachsenes Männchen der Wollhandkrabbe aus der Elbe

Zumindest beschreibt dies das Areal, in dem die Art vorkommen sollte. Denn 1912 wurde sie aus der Aller in Deutschland gemeldet, von wo aus sie schnell zur Elbe vordrang. Importiert wurde sie aus Versehen im Ballastwasser von Schiffen – als Larve! Der Rest ist Geschichte……

Nach einer „ruhigen“ Phase von rund 15 Jahren kam die Invasion so richtig in Schwung und 1954 gab es die Chinesische Wollhandkrabbe entlang der Nordsee und des Englischen Kanals. 1958 erreichte sie die französisch-spanische Grenze und 1999 Portugal. Blickt man nach Norden, so meldeten Finnland und Schweden 1933 bzw. 1934 das Auftauchen der Art. Und so geht es munter weiter…..

Blickt man über den großen Teich, so wurden dort die ersten Krabben-Fremdlinge 1965 registriert. Seit damals wurden zwar viele Exemplare gesammelt, jedoch – mit einer Ausnahme – in vergleichsweise kleiner Zahl, von Kanada bis zum Mississippi-Delta in Louisiana. So weit wir das wissen, gibt es in Nordamerika nur eine große Population der Wollhandkrabbe. In San Francisco wurden in einem Jahr 800.000 Exemplare gesammelt! In Europa hingegen gibt es derart viele etablierte Populationen, dass man die Chinesische Wollhandkrabbe getrost als „europäische Art“ bezeichnen kann.


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Wie bei jeder Invasion sind nicht zwangsläufig alle daraus resultierenden Folgen negativ oder bedenklich. So findet man z.B. in manchen politischen Lagern in den U.S.A., in die der Import der Wollhandkrabben seit 1989 verboten ist, dass sie ein interessantes Projekt für die kommerzielle Aquakultur sind. Denn die Art ist in der chinesischen Küche begehrt und wird gut bezahlt. Aber die Wollhandkrabbe bringt auch nachweislich Probleme: sie zerstört Dämme und macht sie durch ihren Höhlenbau löcherig, verstopft Kühlwassersysteme von Kraftwerken, kann ganze Getreideernten vernichten und verdrängt andere Tierarten, usw. Alles in allem überwiegt der angerichtete Schaden den kommerziellen Nutzen erheblich.

Auch die Weibchen haben wollige Scheren

Kurz und gut, die Wollhandkrabbe wird vielerorts als Pest empfunden. Aber selbstverständlich kann man der Krabbe selbst keinerlei Vorwurf machen. Sie tut nur, was ihr der Instinkt gebietet. Verantwortlich für alle Schäden, die dieser interessante Invasor anrichtet, ist der Mensch, der ihn – aus Versehen oder mit Absicht – in viele Länder verschleppte.

Mit ihren berühmten Wollhänden ist Eriocheir sinensis ein interessanter und attraktiver Aquarienbewohner. Der Carapax, also Rückenpanzer, kann bis 10 cm Breite erreichen, die Beine werden gut doppelt so lang. Die Ernährung in Gefangenschaft ist sehr einfach, gefressen werden Fischstückchen, Würmer, eigentlich alles Futter tierischen Ursprungs, und in der Natur wird auch pflanzliches Material nicht verschmäht. Ein nicht zu harter Bodengrund sollte den Krabben das Graben ermöglichen, aber man muss aufpassen, dass die Höhlen über den Tieren nicht einstürzen können und dann die Krabbe unter sich begraben. Jedenfalls braucht jede Krabbe ein eigenes Versteck. Man darf das Becken nicht überbevölkern, untereinander sind die Tiere aggressiv. Langsame Fische und andere Aquarienbewohner werden über kurz oder lang zur Beute der Wollhandkrabbe.

Die Wollhandkrabbe ist eine katadrome Art, das heißt, sie lebt im Süßwasser und sucht zum Laichen das Meer auf. Nach der Larvalentwicklung, die im Meer stattfindet, wan­dern die frisch verwandelten Miniatur-Krabben flussaufwärts, wo sie etwa drei Jahre verbringen, bis sie zum Laichen zum Meer zurückkehren. Bezüglich der Wasser­temperatur und des Verschmutzungsgrades ist die Wollhandkrabbe äußerst an­passungsfähig und daher ein wider­standsfähiger Aquarienbewohner. Allerdings muss ihr Behälter unbedingt perfekt abgedeckt sein, denn Wollhandkrabben sind Meister im Ausbrechen!

John Dawes

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