Schwarze Spitzschwanzmakropoden

Alle Autoren, die je über Schwarze Spitzschwanzmakropoden (Pseudophromenus cupanus) schrieben – und das tun sie immerhin seit 1909, dem Jahr der Ersteinfuhr nach Deutschland – sind sich einig: ein toller, extrem empfehlenswerter Fisch. Er ist klein (ca. 5 cm), friedlich, hart, ausdauernd und hat ein interessantes Verhalten. Trotzdem ist und bleibt diese Art eine absolute Rarität im Aquarium, nicht nur draußen, in der weiten Welt des Zoofachhandels, sondern auch unter den eingeschworenen Labyrinthfischliebhabern. Warum? Weil sie – farblich gesehen – ein echtes Verkaufsgift ist! Schwarze Spitzschwanzmakropoden sind an sich nicht häßlich, aber knallbunt auch nicht. Jungtiere im Verkaufsbecken sind jedoch typische graue Mäuse. Die meisten Aquarienbesitzer, die auf der Suche nach einem neuen Mitbewohner sind, gehen achtlos an den unscheinbaren Tieren vorüber. Und der begeisterte Liebhaber, der mit einiger Mühe die wirklich winzigen Larven dieses Fisches zu verkaufsfähigen Exemplaren herangezogen hat, tut dies in Zukunft auch nie wieder, denn er bleibt auf seinen Tieren fast immer sitzen.

WF, Indien, Kerala, Männchen

Darum ist unser Wissen über die Artenvielfalt bei den Spitzschwanzmakropoden auch immer noch sehr dürftig. Es gibt die Gattung nur in Südindien und auf Sri Lanka. Beschrieben wurde sie von der indischen Ostküste, aus der Umgebung von Pondicherry. Diese Tiere hat noch nie jemand mit Bewusstsein lebend gesehen. Ich habe sie vor Jahren bei einem Besuch im Pariser Naturkundemuseum nachuntersucht, aber Farbmerkmale waren an den vergleichsweise kleinen Tieren nach über hundert Jahren in Alkohol nicht mehr sichtbar.

Bislang dachte man, die buntesten Spitzschwanzmakropoden kämen aus Sri Lanka. Manche Populationen sind dort sehr rotflossig. Aus Kerala (westliches Südindien) kamen in den letzten Jahren aber auch richtig rotflossige Tiere, die Männchen konnten durchaus mit ihren Cousins der Art Pseudosphromenus dayi konkurrieren. Aber aus Kerala kommen auch große, graue Tiere, aber auch kleinbleibende mit einer großflächigen metallischen Brustfärbung, sehr bunte und solche, bei denen der Bauch sehr hell ist; einmal fand ich in Importen auch Exemplare mit Längband. Kerala hat immerhin eine Flächenausdehnung von rund 39.000 m2 und gehört zu den ältesten geologischen Formationen der Erde, was erklärt, dass es dort einen Hotspot der Biodiversität gibt. Es dürfte sich bei vielen dieser Schwarzen Spitzschwanzmakropoden um neue, wissenschaftlich noch zu beschreibende Arten handeln. Sie sind mindestens so unterschiedlich zueinander, wie z.B. die schaumnestbauenden Kampffische Hinterindiens (Betta splenden, B. imbellis, B. smaragdina, B. stiktos, B. mahachaiensis und B. siamorientalis). Genau wie bei den Kampffischen kann man ohne Berücksichtigung der Lebendfärbung die Arten gar nicht oder doch so gut wie gar nicht auseinanderhalten. Und darum wäre es sehr schön, wenn sich mehr Aquarianer*innen mit Schwarzen Spitzschwanzmakropoden beschäftigen würden. Das würde nämlich die mühselige wissenschaftliche Arbeit an der Gattung erheblich vereinfachen und die ansonsten nur vereinzelten Beobachtungen auf eine breite Basis stellen. Aber der Appell „pflegt mehr Schwarze Spitzschwanzmakropoden“ verhallt seit 1909 weitgehend ungehört…

Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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