Waller-Attacken im Sommerloch

(fs) Der Wels oder Waller (Silurus glanis) gehört zu den größten Süßwasserfischen der Welt. Normalerweise erreicht er 1-2 m Länge, doch da Waller, wie alle Fische, lebenslang wachsen und S. glanis zudem recht alt wird (80-100 Jahre sind zumindest möglich) geht man davon aus, das der Fisch 3 m oder sogar noch länger werden kann. Der größte, mit Bild publizierte Wels, der in der Neuzeit gefangen wurde, war 278 cm lang und wog 144 kg (http://www.fishing-worldrecords.com/scientificname/Silurus%20glanis/show). Dieser Fisch wurde im italienischen Po geangelt.

Wels oder Waller, Silurs glanis

Wels oder Waller, Silurus glanis

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet des Wallers liegt östlich des Rheins. In Deutschland gelten die Vorkommen außerhalb des Donaubeckens als künstlich, aber spätestens seit dem Bau des Rhein-Main-Donaukanals fehlt die zoogeographische Grenze. In fast ganz Europa ist der Waller als Sportfisch geschätzt und wurde und wird ausgesetzt. Da der Wels ein gutes, wohlschmeckendes Fleisch hat, wird er zudem in Aquakultur gehalten und gezüchtet.

silurus glanis wildfarben

Junger, wildfarbener Wels

Schon seit dem Mittelalter gibt es anekdotenhafte Berichte über Angriffe großer Welse auf schwimmende Menschen. Aber selbst ein 5 m langer Waller kann keinen Menschen fressen. Welse können ihre Beute nicht zerteilen, sie müssen sie am Stück herunterschlingen. Ihre Zähne sind in dichten Kissen im Ober- und Unterkiefer angeordnet und winzig klein. Auch riesige Waller können dem Menschen durch Beißen darum nur Schürfwunden zufügen.

Die Zähne auch riesiger Welse sind vergleichsweise klein. Dieses Tier (Präparat) war 1, 98 m lang

Die Zähne auch riesiger Welse sind vergleichsweise klein. Dieses Tier (Präparat) war 1,98 m lang

Im so genannten Sommerloch, wenn die Weltpolitik Urlaub macht, ergötzen uns die Medien mit fantasievollen Geschichten aus dem Tierreich. Da sichtet man Dinosaurier in Schottland, riesige Menschaffen in Nordamerika und dem Himalaya, Schnappschildkröten greifen in Bayern Kinder an, Pacus beißen Schwimmern die Hoden ab. Und natürlich darf in diesem Panoptikum der Schauerlichkeiten auch der Waller nicht fehlen.

silurus glanis1 mit logo

Im Jahr 2001 erfand man Kuno, den Killerwels aus Mönchengladbach, der einen jungen Dackel auf dem Gewissen haben soll. Die ganze, wunderbare Geschichte finden Sie hier: http://www.zeit.de/2002/01/200201_kuno_xml. In diesem Sommer erdreisteten sich gleich zwei Silurus glanis, Menschen zu erschrecken. Einer in einem Badesee in Niederösterreich (http://www.focus.de/panorama/welt/fischattacke-auf-maedchen-riesenwels-packt-14-jaehrige-im-badesee-_aid_806157.html) und einer in Bayern (z.B. http://www.bild.de/regional/aktuelles/bayern/riesenwels-attackiert-schwimmerin-47482604.bild.html oder http://www.welt.de/regionales/bayern/article157851766/Riesiger-Wels-greift-Schwimmerin-in-Badesee-an.html oder http://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/Riesenwels-attackiert-Schwimmerin-id38886102.html oder http://www.merkur.de/bayern/riesenwels-attackiert-schwimmerin-6689981.html etc.)

silurus glanis albino juv

Albino-Zuchtform des Wallers

Seltener, gelber Albino

Seltener, gelber Albino

Natürlich ist es gräßlich, im Wasser von egal was angegriffen zu werden. Aber in beiden Fällen bestand keine wirkliche Gefahr für die Angegriffenen, die entweder (so die Pressemitteilungen) dem Nest des Fisches zu nahe kamen oder von dem Tier einfach als störend empfunden wurden. Größere Waller sind nämlich auch auf Artgenossen nicht gut zu sprechen, die sie als lästige Nahrungskonkurrenten grundsätzlich zu vertreiben suchen. Vielleicht verwechselten die angreifenden Fische ja die Schwimmerinnen einfach mit einem ihrergleichen…

Als Jungtier kuscheln sie noch, später sind Waller untereinander unverträglich

Als Jungtier kuscheln sie noch, später sind Waller untereinander unverträglich

Im Aquarium sind junge Waller ganz nette Pfleglinge. Sie sind lernfähig und lassen sich darauf trainieren, Futter aus der Hand oder von der Pinzette zu nehmen. Die Temperturtoleranz dieses eigentlich als Kaltwasserfisch zu bezeichnenden Tieres ist groß, weshalb die Pflege auch in normalen Wohnräumen problemlos möglich ist. Als die beste Temperatur für ein rasches Wachstum bei Jungwelsen in Aquakultur hat man 25-28°C ermittelt. Heizen muss man ein Aquarium für Waller aber trotzdem nicht; sie wachsen auch so schon schnell genug und meist wird man sich nach wenigen Jahren aus Platzgründen von ihnen trennen müssen. Aber bitte nicht irgendwo aussetzen! Sonst begegnet uns Ihr Waller noch im nächsten Sommerloch….


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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Ein Kommentar zu “Waller-Attacken im Sommerloch

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