
Als ich vor vielen, vielen Jahren begann, Pflanzen zu studieren, war der ”Schmeil-Fitschen” mein steter Begleiter. Dieses Buch, das Bestimmungsschlüssel zu allen Pflanzenarten Deutschlands enthält, öffnete mir die Augen für die große Vielfalt der Pflanzenarten und ihre verschiedenen Wuchsformen. War es zunächst nur Bestimmungshilfe, schmökerte ich später förmlich darin und wählte sogar meine Ausflugsziele danach aus, wo interessante Pflanzen wachsen. So wurde ich auch eines Tages auf Echinodorus ranunculoides, den Igelschlauch, aufmerksam…

Baldellia ranunculoides, emers, Habitus.
Echinodorus? Das ist doch die Gattung, in der die beliebten und wichtigen Aquarienpflanzen, die so genannten Amazonas-Schwertpflanzen stehen. Ich dachte immer, die gäbe es nur in der Neuen Welt! Welche Gattung? Und tatsächlich sind sich die Experten nicht ganz einig, in welche Gattung der Igelschlauch denn nun gehört. In meinem alten Schmeil-Fitschen wurde er noch in Echinodorus geführt, doch war auch zu diesem Zeitpunkt bereits die Zuordnung zur Gattung Baldellia Gesprächsthema. In Baldellia wird der Igelschlauch auch gegenwärtig geführt und molekulare Daten deuten auf eine engere Verwandtschaft von Baldellia mit Luronium und Alisma als mit Echinodorus hin.
Wieviele Arten?

Blüte von Baldellia ranunculoides, dem Igelschlauch.
Ähnlich verwirrend ist die Frage nach der Anzahl der existierenden Arten, doch wurde hier in allerjüngster Zeit viel geforscht (siehe Literaturverzeichnis). Wie fast alle Sumpfpflanzen kann der Igelschlauch ein mannigfaltiges Aussehen annehmen, je nachdem wie die Umweltbedingungen sind. So gibt es eine aufrechte Form mit löffelförmigen Blättern, die keine Ausläufer bildet und eine kriechende Form mit eher grasartigen Blättern, die zahlreiche Ausläufer bildet. Erstere wurde traditionell als B. ranunculoides ranunculoides, letzere als B. ranunculoides repens bezeichnet. Gegenwärtig geht man aber eher davon aus, dass es sich bei den beiden um eigenständige Arten handelt, die dann entsprechend als B. ranunculoides und B. repens zu bezeichnen sind. Während diese beiden über große Teile von Europa verbreitet sind (allerdings sehr zerstreut vorkommen und, wie fast alle Sumpf- und Wasserpflanzen Europas durch die fortwährende Biotopzerstörung durch den Menschen als hochgradig bedroht gelten), lebt die dritte Art, B. alpestris, endemisch im nördlichen Portugal und im nordwestlichen Spanien.

Baldellia ranuculoides aus der ”English Botany”, Bild von James Sowerby (1757-1822)

Baldellia repens aus der ”English Botany”,
Bild von James Sowerby (1757-1822)
Igelschlauch im Aquarium
Seltsamerweise ist die vivaristische Literatur über den Igelschlauch ausgesprochen dürftig. Dabei handelt es sich um eine ideale Vivarienpflanze, die gegenüber ähnlichen Gewächsen, also etwa den Froschlöffeln, den Vorteil hat, relativ zierlich zu sein und damit keine riesigen Platzansprüche zu stellen. Für kleine Trogteiche ist Baldellia ranunculoides eine Idealpflanze. Leider ist derzeit nur B. ranunculoides in Gärtnereien käuflich zu erwerben, die beiden anderen Arten nicht.. Ich erstand im März 2013 drei Töpfe B. ranunculoides – es ist nach über 30 Jahren tatsächlich etwas aufregend, wenn man eine solche Pflanze erstmals lebend sieht, die man zuvor nur aus der Literatur kannte. Alle drei Pflanzen wuchsen in einem kleinen Aquarium von 40 x 20 x 20 cm sehr zufriedenstellend. Ich hatte sie einfach in ihren Töpfen (10-cm-Container) gelassen und das Aquarium mit Regenwasser aufgefüllt. Das Becken stand im Garten auf einem Tisch an der Ostwand unseres Hauses. Hier blühten die Pflanzen im Juli und August reichlich. Im November räumte ich das ganz Aquarium in ein Badezimmer mit Oberlicht, wo die emersen Pflanzen sich zu sehr üppigen Unterwasserpflanzen, die im Habitus an breitblättrige Sagittarien erinnern, entwickelten. Ich beleuchte das Aquarium nicht zusätzlich. Die Wassertemperatur betrug zwischen 16 und 22°C. Das bedeutet, dass der Igelschlauch im Winter auch in Kaltwasseraquarien unter Kurzlichtbedingungen in Vegetation bleibt, was ihn nochmal wertvoller als Vivarienpflanze macht, denn viele einheimische Pflanzen ziehen bekanntlich im Winter ein. Der Igelschauch entwickelt einen intensiven Geruch nach Koriander, wenn die Blätter verletzt werden. Das ist nach meinen Beobachtungen aber völlig harmlos für Fische, Schnecken und Wasserasseln. Andere Tiere pflege ich nicht in diesem Aquarium. Alles in allem ist die ”einheimische Amazonas” eine schöne und vielseitig einsetzbare Vivarienpflanze, die viel öfter kultiviert werden sollte.

Die submerse Form des Igelschlauchs erinnert an Sagittarien oder Vallisnerien.
Frank Schäfer
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