Viele Aquarianer wissen gar nicht, dass es zwei Arten Rote Neon gibt, eine brasilianische – das sind Paracheirodon axelrodi – und eine kolumbianische, die wissenschaftlich noch unbeschrieben ist (die wissenschaftliche Beschreibung durch mich, Frank Schäfer, ist in Vorbereitung). Die brasilianische Regierung hat in der Vergangenheit den Zierfischexport aus politischen Gründen immer wieder einmal erschwert; da blieb Kolumbien nicht untätig und schloss nur zu gerne die Lücke, die sich auftat. Der kolumbianische Rote Neon ist sehr leicht vom brasilianischen anhand des Verlaufs der Neonbinde zu unterscheiden. Sie verläuft beim brasilianischen Roten Neon bis hinter die Fettflosse, beim Kolumbianer aber nur bis vor die Fettflosse. Der kolumbianische Rote Neon bleibt zudem etwas kleiner und ist hochrückiger als die brasilianische Art. Freilich ist die „Länderbezeichnung“ für die beiden Arten etwas vereinfachend, es gibt zwar in Brasilien keine Kolumbianer, in manchen Gegenden Kolumbiens kommen aber brasilianische Rote Neon vor, so dass sie manchmal gemischt in Importen aus Kolumbien auftauchen. Dann ist der Unterschied zwischen den beiden Arten besonders augenfällig.
Ökologische Unterschiede zwischen den beiden Arten wurden bislang nicht beschrieben; es gibt aber Unterschiede in der Färbung der kolumbianischen Populationen der Beifänge. Bei Nannostomus und Axelrodia wurden sie bereits weiter vorn erwähnt, sie treten aber z.B. auch bei Schachbrettcichliden auf. Bei anderen Gattungen ersetzen nah verwandte Arten in Kolumbien ihre brasilianischen Vettern, etwa bei Biotoecus, wo die Art B. dicentrarchus statt B. opercularis auftritt. Die genannten Apistogramma-Arten kommen in Kolumbien gar nicht vor, ebenso fehlen die Nackenfleck-Panzerwelse.
Leider hat die Erkenntnis, dass die Roten Neon in Kolumbien und Brasilien unterschiedlichen Arten angehören, in der wissenschaftlichen Literatur noch keinen Eingang gefunden, so dass es kaum gesicherte Beschreibungen des Biotopes dieses Fisches in Kolumbien gibt. Mit einer Ausnahme: 1965 publizierte Herbert Axelrod in der Zeitschrift TFH die Entdeckungsgeschichte der Art Axelrodia riesei in den Llanos von Kolumbien; die Art war zu diesem Zeitpunkt noch nicht beschrieben, Axelrod nannte sie darum „Ruby Red Tetra“. Weitere Fische, die die Expedition dort fand, waren: Mikrogeophagus ramirezi (Schmetterlingsbuntbarsch), Apistogramma macmasteri, Carnegiella strigata (Marmor-Beilbauch), Hyphessobrycon sweglesi (Roter Phantomsalmler), eine orangeflossige Variante von Corydoras aeneus (Metall-Panzerwels), Corydoras metae, Copella sp. und Pimelodus pictus (Engelswels).
Die Roten Neon lebten wieder in einem Gewässer, an dem die Palme Leopoldinia pulchra (siehe Teil 2 dieses Artikels) wuchs. Auch Axelrod wusste schon, dass diese Palme den Roten Neon anzeigt. Das Wasser des beschriebenen Biotopes war relativ tief (stellenweise 6 Meter bei einer Bachbreite von nur rund 3 Metern), kühl (23°C) und hatte einen pH von 6,4.
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Und noch mehr Neon…
Es gibt noch zwei weitere Neonfisch-Arten, den „gewöhnlichen“ Neon, Paracheirodon innesi, aus Peru und den Blauen Neon, Paracheirodon simulans, der in Brasilien und Kolumbien vorkommt. Die Biotope von P. innesi sind sehr unterschiedlich zu denen von P. axelrodi. Man kann die beiden darum nicht gut vergleichen; vielleicht beschreiben wir einmal in einem gesonderten Artikel ein Biotopaquarium für P. innesi. P. simulans hingegen kommt immer wieder als Beifang in Sendungen von P. axelrodi vor. Kolumbianische und brasilianische P. simulans unterscheiden sich äußerlich nicht. Man erkennt sie immer zweifelsfrei an der Längsbinde, die den gesamten Körper durchzieht. Der Bauch ist weniger rot als beim Roten Neon und P. simulans bleibt auch kleiner. Er ist mit maximal 2-3 cm Länge die kleinste aller Neofischarten. Lange Zeit konnte man sich nicht erklären, wie zwei so nahe verwandte Arten (Roter Neon und Blauer Neon) gemeinsam vorkommen können, ohne in Konkurrenz zueinander zu treten. Erst in allerjüngster Zeit konnten Marshall et al. zeigen, dass der Blaue Neon eine höhere Toleranz gegenüber hohen Wassertemperaturen zeigt und auch ganzjährig in den Palmsümpfen leben kann, während der Rote Neon wegen seiner geringeren Temperaturtoleranz stets zu Wanderungen gezwungen ist. Das Biotopaquarium mit Blauen Neon kann man also genau so einrichten, wie für den Roten Neon, auch die Beifische sind die gleichen, nur hat man mit dem Blauen Neon eine Art zur Verfügung, die sich auch noch gut für relativ kleine Aquarien eignet.
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Weiterführende Literaturtipps:
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Chao, N. L. (1992). Exploring the Rio Demini in the dry season. Tropical Fish hobbyist, 41(3):131-146. (#441, November, 1992)
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In: Conservation and Management of Ornamental Fish Resources of the Rio Negro Basin, Amazonia, Brazil: Project Piaba. Ning L Chao, et al, eds. Pp. 161-204. Manaus, Amazonas: Editora Universidade do Amazonas
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Goulding, M., Carvalho, M. L., & Ferreira, E. G. (1988): Rio Negro, rich life in poor water. Amazonian diversity and foodchain ecology as seen through fish communities. SPB Academic Publishing, The Hague, 200 pp
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Marshall, B. G., Forsberg, B. R., Hess, L. L., & Carvalho Freitas, C. (2011): Water temperature differences in interfluvial palm swamp habitats of Paracheirodon axelrodi and P. simulans (Osteichthyes: Characidae) in the middle Rio Negro, Brazil. Ichthyological exploration of freshwaters, 22(4), 377-383.
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