Im Jahr 2001 führte uns (Dieter Bork, der in Kalkutta ansässige Zierfischexporteur Deepak Nopany und meine Wenigkeit) die Suche nach Fischen nach Nordbengalen.
Unterwegs mit Bipul Gope
In Coochbehar, der Bezirkshauptstadt, richten wir unser Hauptquartier ein und bereisten von dort aus unter der Führung des lokalen Lieferanten von Deepak, Bipul Gope, die Gegend. Bipul Gope erzählte mir, wie traurig er sei, dass die Entdeckung seines Lebens, der Regenbogen-Schlangenkopf Channa bleheri beschrieben wurde, ohne dass er auch nur erwähnt worden war. Aber jetzt hätte er eine zweite, ähnlich schöne Art gefunden. Es handelte sich um den 2013 beschriebenen C. andrao. Bipul Gope schilderte mir detailliert den Fundort und bat mich, sollte ich die neue Art beschreiben, ihn diesmal wenigstens zu erwähnen. Aus verschiedenen Gründen konnte ich die Beschreibung der Art jedoch nicht übernehmen. Daher ist es mir ein besonderes Anliegen, wenigstens an dieser Stelle auf Bipul Gope hinzuweisen, der stellvertretend für die unendlich vielen ortsansässigen Fischer in aller Welt steht, die in tiefer Heimat- und Naturverbundenheit ihrem Broterwerb nachgehen und uns im fernen Europa und Nordamerika mit immer wieder neuen, wunderschönen Fischkostbarkeiten versorgen.
Im Buxa Tiger Reservat
Einer unserer Trips führte in das Buxa Tiger Reservat, einem fantastischen Wildreservat an der Grenze zu Bhutan. Uns interessierten natürlich weniger Tiger, Elefant, Gaur und Co, sondern die aquatischen Biotope. Eines davon war ein herrlich gelegener, durch die offene Landschaft laufender Bach mit kristallklarem Wasser. Hier gab es ein reiches Tier- und Pflanzenleben. Das ist eine eher ungewöhnliche Kombination, denn die praktische Erfahrung lehrt, dass in den ästhetisch ansprechendsten Biotopen gewöhnlich nur wenige Arten vorkommen. Hier war es ganz anders! Zu den Fisch-Arten, die ich in diesem Biotop am spannendsten fand, gehörte eine vergleichsweise große Badis-Art. Wir bezeichneten sie als Badis sp. „Buxa“, weil wir sie im Buxa Tiger Reservat zum erstenmal antrafen. Praktisch zeitgleich mit unserer Reise überarbeiteten Ralf Britz uns Sven O. Kullander die Blaubarsche und unser Badis sp. „Buxa“ wurde von den beiden als Badis blosyrus determiniert. Diese Art ist sehr ähnlich zu B. assamensis, es fällt bei manchen seither importierten Populationen sehr schwer, sie B. blosyrus oder B. assamensis zuzuordnen.
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Alte Bekannte in freier Natur
Bezüglich der Wasserpflanzen war der Bach ein wahres Eldorado. In herrlichen, sauberen Exemplaren wuchsen hier alte Freunde aus unseren Aquarien zuhause, darunter z.B. Wasserfreund (Limnophila sp.). Das Wasser war weich (ca. 10° GH) und leicht sauer (pH 6,7) bei 26°C. Es ist allerdings zu bedenken, dass sehr niedriges Wasser herrschte; zur Regenzeit, das zeigte das Ufer deutlich, steigt das Wasser so an, dass der Bach um ein 6-8 faches an Breite und entsprechender Tiefe zunimmt. Während der Wasserfreund in ruhigerem Wasser auf schlammig-sandigem Grund wuchs, fand sich in stärker strömendem Wasser auf grobem Kies eine Cryptocoryne-Art. Ein Exemplar gruben wir aus, um es etwas näher zu studieren. Dabei zeigte sich, dass die Wurzeln sehr tief in den Boden reichten. Wir hatten keine Werkzeuge dabei und mit bloßen Händen gelang es uns nicht, so tief zu kommen, wie die Wurzeln reichten, denn der Boden war sehr hart.
Die Identität der Cryptocoryne
Diese Pflanze existiert noch heute. Ihre Kultur bereitete in den 18 Jahren, die sie nun im Aquarium lebt, keine besonderen Schwierigkeiten, allerdings hat sie keinerlei Ableger gebildet. Das Exemplar wächst in einem Aquarium von Dieter. Da sie ausschließlich submers (untergetaucht) kultiviert wird, hat sie noch keine Gelegenheit zum blühen bekommen, was eine exakte Bestimmung unmöglich macht. Nur nach Unterwasser-Blättern lassen sich Cryptocorynen leider nicht determinieren. Es handelt sich aber mit Sicherheit um eine Art der Cryptocoryne-albida-Gruppe. Sie umfasst die Arten C. albida, C. crispulata und C. retrospiralis, die auch alle im fraglichen Gebiet vorkommen könnten. Doch auch ohne das Wissen um ihre Identität erinnert mich die schöne Pflanze, wenn ich Dieter besuche und seine Aquarien ansehe, nun schon viele Jahre an den herrlichen Bach am Rande des Himalaya und die schönen Stunden, die wir dort verbringen durften.
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Frank Schäfer
Lexikon zum Blog „Die Cryptocoryne vom Tigerbach“
Cryptocoryne: aus dem altgriechischen, bedeutet “mit verborgenem Kolben”, was sich auf die Blütenstruktur bezieht.
albida: latein, bedeutet “weißlich”, bezieht sich auf die Blütenfarbe.
crispulata: latein, bedeutet “leicht gekräuselt”, bezieht sich auf die Blattform.
retrospiralis: latein, bedeuted “zurückgedreht”, bezieht sich auf die Blütenform.
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