Hemiodus gracilis Günther, 1864

Der Keulensalmler, Hemiodus gracilis, ist sehr weit in den Systemen des Amazonas und des Orinoko verbreitet. Er wird ungefähr 15-20 cm lang, in der Natur meist 12-15 cm, im Aquarium, wo die Tiere ja erheblich länger leben, kann er etwas größer werden.

Vermutliches Männchen der hübschesten bisher bekannten Variante von Hemiodus gracilis aus Brasilien.

Je nach Herkunft variiert die Färbung etwas, besonders in Bezug auf die Intensität der Rotfärbung in der unteren Schwanzflossenhälfte. Teilweise ist das aber wohl auch ein Geschlechtsmerkmal, wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt es aber nicht.

Vermutliches Weibchen dieser Population.

Alle Hemiodus-Arten (der in der Aquaristik häufig verwendete Gattungsname Hemiodopsis gilt als Synonym zu Hemiodus) sind in Flüssen und Seen verbreitet, wo sie in kleinen Trupps umherstreifen. Es sind Kleintierfresser.

Links das vermutliche Männchen, rechts das vermutliche Weibchen.

Als Jungfisch lebt Hemiodus gracilis oft in gemischten Schwärmen mit der Art Anodus orinocensis (Steindachner, 1887). Die Tiere sehen sich wirklich verblüffend ähnlich, allerdings ist Anodus ein Aufwuchsfresser und Filtrierer und schwimmt meist in „normaler“, waagerechter Schwimmposition. Mit gut 30 cm Endlänge wird A. orinocensis deutlich größer als H. gracilis.


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Anodus orinocensis, der Doppelgänger von H. gracilis, Exemplar aus Venezuela.

Voll erwachsene H. gracilis – wenn es denn welche sind, siehe Bildunterschrift unten – reduzieren offenbar die Flankenzeichnung, oft ist nur noch ein Punkt zu sehen, während von dem artcharakteristischen schwarzen Halblängsband oft nur noch ein paar schmutzig aussehende Melanophorenreste bleiben.

Voll erwachsene Exemplare von H. gracilis? Diese Tiere habe ich in Chicago im Shedd Aquarium fotografiert, wo sie als Hemiodus gracilis ausgeschildert ware. Allerdings kommen mir die Schuppen sehr klein vor.

Im Aquarium sind H. gracilis sehr schöne Pfleglinge, die wegen ihres rasanten Schwimmverhaltens in großen Aquarien ab 120 cm Kantenlänge gepflegt werden sollten. Die Wassertemperatur sollte im oberen Bereich des Üblichen liegen, 26-30°C sind günstig. Während der Eingewöhnung können Hemiodus-Arten etwas schreckhaft sein, ein kleines Licht, das man nachts brennen lässt, hilft, in dieser Zeit Verletzungen zu vermeiden. Die chemische Wasserzusammensetzung ist für die Pflege von Hemiodus nicht sehr bedeutsam, farblich am schönsten werden sie in weichem bis mittelharten Wasser bei einem pH-Wert zwischen 6 und 7,5.

Vermutliches Männchen von Hemiodus gracilis aus Venezuela.
Vermutliches Weibchen von Hemiodus gracilis aus Venezuela.

Viel wichtiger als das ist es, das Aquarium nicht allzusehr vollzuräumen, sondern viel freien Schwimmraum zu lassen. Hemiodus-Arten sind nicht sehr konkurrenzstark, vor allem dürfen sie nie mit ruppigen Fischen zusammen gepflegt werden. Ihrerseits sind Hemiodus gracilis völlig friedfertig und herrlich Kontrastfische zu bunten, ruhig auch deutlich kleineren Salmlerarten.


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Hemiodus gracilis, eine andere Population aus Brasilien.
Oben der Doppelgänger der brasilianischen H. gracilis, unten H. gracilis.
Möglicherweise handelt es sich auch bei dem Doppelgänger der brasilianischen H. gracilis um eine Anodus-Art.

Über das Fortpflanzungsverhalten von Hemiodus gracilis ist noch nichts berichtet worden. Es ist davon auszugehen, dass es sich um Freilaicher ohne weitere Brutfürsorge handelt. Die Zucht im Aquarium ist wohl noch nicht versucht worden.

Frank Schäfer

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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