Wenn man diesen walzenförmigen, unscheinbar gefärbten Fisch unvoreingenommen betrachtet, so hält man ihn sicher nicht für etwas Besonderes. Und doch ist er es. Die Art Phractolaemus ansorgii – auf deutsch auch Schlammfisch genannt – ist die einzige Art einer eigenen Familie, der Phractolaemidae. Die Familie ist eine ziemlich ranghohe systematische Einheit, gewöhnlich werden viele Gattungen und Arten hier zusammengefasst. Die Familie der Buntbarsche (Cichlidae) enthält z.B. 227 Gattungen mit über 1.600 Arten. Die nächsten Verwandten des Schlammfisches sind einerseits die Ohrenfische (Kneriidae), mit denen sie manchmal auch zusammengefasst werden (dann wären die Schlammfische eine Unterfamilie Phractolaeminae in der Familie Kneriidae), es bestehen aber auch anatomische Übereinstimmungen mit den Knochenzünglern und hier besonders zu den Schmetterlingsfischen (Pantodon).
Jedenfalls sind Schlammfische ganz besondere Tiere mit ihrem röhrenförmig vorstreckbaren Mäulchen, ihrer Luftatmung und den verlängerten Nasenöffnungen. Früher wurden sie ab und zu importiert, die ersten Importberichte stammen aus dem Jahr 1906. Die wissenschaftliche Beschreibung erfolgte 1900 durch Boulenger, der die Art dem Entdecker W. Ansorge widmete, der den Schlammfisch im Nigerdelta entdeckte. Von dort kamen bis in die 1990er Jahre auch die stets seltenen Importe. Diese in den 1990ern importierten Tiere erwiesen sich immer als äußerst hinfällig, weshalb der Import schließlich eingestellt wurde. Warum die Schlammfische so empfindlich waren, ist unbekannt. Alte Berichte, wie der von Arthur Rachow aus dem Jahr 1928 (Handbuch der Zierfischkunde), schildern das Tier als leicht zu pflegen. Es soll wärmebedürftig sein (nicht unter 22°C), aber in Bezug auf die Behältergröße, Filterung etc. völlig anspruchslos. Die Nahrung soll aus allerlei Kleintieren, aber auch pflanzlichem Material bestehen, das aus dem Boden herausgegründelt wird, wobei immer viel Schlamm aufgewirbelt wird. Sogar Schabefleisch soll das Tier im Aquarium fressen.
Vielleicht sind unsere modernen Aquarien einfach zu sauber?
Bei dem Import aus dem Kongo fiel mir auf, dass eher rötliche und eher schwarze Exemplare im Import enthalten waren. Solche Farbunterschiede sind mir bei den nigerianischen Tieren nie aufgefallen; diese waren einheitlich braun. Ein Geschlechtsunterschied ist die Färbung jedenfalls nicht.
Ich habe mich sehr gefreut, dass gestern seit vielen, vielen Jahren wieder einmal Schlammfische bei Aquarium Glaser eintrafen. Diesmal sind es Tiere aus dem Kongo. Ich habe ein kleines Aquarium mit Schlammboden und Zisternenwasser vorbereitet, in das morgen einige Exemplare einziehen sollen. Vielleicht gelingt es ja doch noch, ihnen im Aquarium ihre Lebensgeheimnisse zu entlocken, vielleicht sogar, sie zu züchten – es sind solche Herausforderungen, die dafür sorgen, dass Tier- und Pflanzenpflege niemals zur langweiligen Routine werden!
Frank Schäfer
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