Kinder der Sonne

Als um 1877 die ersten Barsche der in Nordamerika heimischen Familie Centrarchidae Europa erreichten, kannte die Begei­sterung der Liebhaber kaum Grenzen.

Der Gemeine Sonnenbarsch, Lepomis gibbosus, ist eine der schönsten Arten und war lange Zeit die einzige, die fast immer im Angebot des Zoofachhandels zu finden war. Heutzutage besteht ein Handelsverbot innerhalb der EU für diese Art. Sie ist jedoch unausrottbar in vielen Teilen Europas seit 200 Jahren naturalisiert.

Bei Lepomis gibbosus unterscheiden sich die Geschlechter äußerlich nur geringfügig. Die Männchen sind größer und bunter. Die Freialndaufnahme zeigt ein Paar in einem Teich an der hessischen Bergstraße, wo die Art außerordentlich häufig ist.

Sonnenbarsche nannte man sie, denn in der Sonne strahlten und funkelten sie, dass es eine Pracht war. Bis heute gibt es kaum eine Fischgruppe, die es an Farbenpracht mit den Sonnen­bar­schen aufnehmen kann. Als Kaltwas­ser­fische verkümmern Sonnen­barsche je­doch, wenn sie jahr­ein, jahraus in zentral­ge­heizten Wohn­zim­mer­aqua­rien unter­ge­bracht sind. Vor der Entwick­lung der hoch­­wertigen Frost­futter muss­te man sie außerdem mit Lebendfutter versor­gen, dessen Beschaffung für Stadt­be­woh­­ner nicht eben einfach ist – denn Troc­kenfutter nehmen Sonnenbarsche nicht an. Dies ließ die Fische lange in Ver­ges­senheit geraten. Erst mit der Garten­teichwelle in den 1980er Jahren kamen auch die Son­nen­­barsche zurück in den Zoofachhandel. Heutzutage sind die Tiere ebenfalls hauptsächlich als „Teichfische“ im Angebot und darum am leichtesten saisonal – etwa von April bis Juli – erhältlich.

Der Scheibenbarsch, Enneacanthus chaetodon, war in den 1950er Jahren auch als „Arbeiterdiskus“ bekannt.

Sonnenbarsche bilden eine exklusiv nordamerikanische Familie, die aktuell 8 Gattungen mit insgesamt 38 Arten umfasst. Das sind im einzelnen (in Klammern jeweils die Artenzahl): Acantharchus (1), Ambloplites (5), Centrarchus (1), Enneacanthus (3), Lepomis (13), Micropterus (13) und Pomoxis (2). Hinzu kommen die Zwergsonnenbarsche, Elassoma, mit 7 Arten. Sie wurden früher zu den Sonnenbarschen gerechnet, heutzutage biligt man ihnen den Rang einer eigen Familie, der Elassomatidae, zu, die nur diese eine Gattung enthält.

Die kleineren Arten sind sehr em­pfeh­lenswerte Aquarienfische. Im Gegensatz zu vielen europäischen Arten unter den so genannten Kaltwasserfischen, die nur mit Mühe mit den hohen Temperaturen im Zimmeraquarium während des Som­mers zurechtkommen, sind Sonnenbar­sche diesbezüglich völlig unempfindlich. Bis 26°C vertragen sie ohne dabei ab­zumagern, was ein typischer Warm­wasserschaden anderer Kaltwasser­fische ist. Diese verbrauchen nämlich bei zu hohen Temperaturen mehr Energie, als sie mit der Nahrung aufnehmen können. Auszehrung und auf lange Sicht der Tod sind die Folge.

Der Diamantbarsch, Enneacanthus gloriosus, ist empfindlich gegen Verpilzung.

Enneacanthus obesus wird auf deutsch ebenfalls Diamantbarsch genannt. Er und E. gloriosus wurden in der Literatur schon oft verwechselt. E. obesus hat Streifen, E. gloriosus nicht. Weibliche E. obesus sind oft ziemlich farblos.

Um über Jahre hinweg gesund zu blei­ben, müssen Sonnenbarsche kühl überwintert werden. Die Zwergsonnen­barsche (Elassoma) sind diesbezüglich am an­spruchs­losesten, ihnen genügen einige Wochen bei 15-16°C, um fit zu bleiben. Andere Arten, vor allem die etwas größeren Lepomis und Centrarchus, sollten hingegen Temperaturen um 10°C zur Überwinterung geboten bekom­men. Da die Fische in dieser Zeit nicht fressen, kann ein alter Kühlschrank dafür gute Dienste leisten. Man stellt ein flaches Aquarium hinein (Durchlüfter nicht vergessen!) und setzt die Barsche hier für 6-8 Wochen ein. Die Phase des Herunterkühlens sollte dabei vorsichtig über mehrere Stunden erfolgen; die Folge eines zu raschen Temperaturabsenkens sind vor allem Pilzerkrankungen, die einen sehr raschen und drastischen Verlauf nehmen können. Berüchtigt sind in Bezug auf die Empfindlichkeit gegen diese Saprolegnia die Scheiben- und Diamantbarsche (Enneacanthus). Diese Arten bevorzugen im Freileben einen ziemlich niedrigen pH-Wert und huminstoffreiche Gewässer. Beim Herausfangen lasen sich winzige Hautverletzungen kaum vermeiden. Das ist normalerweise völlig harmlos, bei unter Distress stehenden Fischen ist jedoch das Immunsystem angegriffen. Dadurch ist die Abwehrkraft gegenüber im Prinzip harmlosen Pilzen, die sich eigentlich nur von abgestorbenem Gewebe ernähren, deutlich herabgesetzt. Huminstoffe bewirken eine deutliche Verstärkung der Schleimhautschicht bei Fischen. Die Schleimhaut ist sehr wichtig, um das Eindringen von potentiellen Krankheitserregern zu verhindern. Und so erklärt es sich zwanglos, warum die Diamant- und Scheibenbarsche im Ruf stehen, gegen ein Umsetzen besonders empfindlich zu sein. Vor 150 Jahren war die Kenntnis um die Bedeutung der chemischen Wasserzusammensetzung kaum vorhanden…

Nur selten im Angebot: Lepomis megalotis

Zurück zur Überwinterung: Am Besten betreibt man das Aquarium im Kühlschrank erst ein paar Tage bei gezogenem Kühlschrankstecker. Ist das Wasser dann ausreichend abgestanden, setzt man die Fische ein und stellt den Kühlschrank auf die wärmste Temperatur ein, die der Regler zulässt; gewöhnlich sollte sich das Wasser im Überwinterungsbecken nun auf 12-16°C abkühlen, je nach Modell des Kühlschranks. Dann dreht man täglich den Regler etwas zurück, bis die Temperatur im Becken 10°C erreicht hat. Hierbei sollte man es belassen. Unter 6°C sollte die Temperatur niemals sinken. Es schadet den Tieren nicht, wenn es im Kühl­schrank dunkel ist, denn während der Überwinterung ist ihre gesamte Aktivität stark eingeschränkt. Übrigens muss man sich auch um die Filterbakterien keine großen Gedanken machen, eine Einlaufphase, wie im regulären Aquarium, ist gewöhnlich nicht nötig, da auch der Stoffwechsel der Stickstoff abbauenden Bakterien bei Temperaturen um 10°C sehr stark reduziert ist.

Manche Arten, hier Lepomis punctatus (oben), L. macrochirus und L. microlophis, wurden wohl noch nie nach Europa importiert. Die Aufnahmen entstanden im Shedd-Aquarium in Chicago.

Lepomis macrochirus

Lepomis microlophis

Viele Arten der Sonnenbarsche sind im mitteleuropäischen Klima winterhart, man kann sie darum auch im Garten­teich halten, doch ist dies nicht zu empfehlen, es sei denn, der Teich wurde speziell für die Sonnenbarsche konzi­piert. Molchlarven, Kaulquappen und sämtliche Wasserinsekten werden näm­lich mit Vorliebe von den Sonnen­barschen verzehrt. Und so würden in einem normalen Gartenteich, der ja als Refugium für viele bedrohte einheimische Kleintiere dient, Sonnenbarsche eher stören als Freude bereiten.

Jungtier des Pfauenaugenbarsches.
Pfauenaugenbarsche, Centrarchus macropterus, sind heutzutage Raritäten im Aquarium.

Die Männchen der Sonnenbarsche – die Geschlechter sind nach äußerlichen Merkmalen übrigens kaum zu unterscheiden, nur sehr geübte Betrachter erkennen an Nuancen des Körperbaus und den etwas matteren Farben die Weibchen – besetzen nach der Win­terruhe kleine Reviere, meist in der Nähe eines Pflanzenbuschs. Hier schaffen sie eine Mulde im Sand, in dem der Laich und die frischgeschlüpften Jungfische untergebracht sind. Die Brutfürsorge beschränkt sich eher auf die Revier­ver­teidigung als auf die aktive Jungen­pflege. Im Gegensatz zu den Bunt­barschen lassen Sonnenbarsche die Be­pflanzung völlig in Ruhe.

Zwergsonnenbarsche betreiben keine Brutpflege, die Männchen bewachen lediglich ein kleines Ablaichrevier. Diese Tierchen setzen ihre Eier in feinfiedrigen Pflanzen ab. Die Jungtiere sind sehr winzig und schwer zu entdecken. Zwergsonnenbarsche züchtet man am besten im Daueransatz, zumal sie während der Laichsaison über etliche Wochen hinweg ständig ablaichen.

Forellenbarsche, Micropterus salmoides, werden bei uns als Speisefische gezüchtet. Sie eignen sich nur als Jungtiere für das Aquarium und sind ziemlich aggressiv.

Die ideale Unterbringung von Sonnenbarschen ist ein im Freiland (Garten oder Balkon) aufgestelltes möglichst großes Aquarium, das morgens 2-3 Stunden Sonne erhält, ansonsten aber vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt ist. Ein solches Aquarium muss, um allzu drastische Temperaturschwankungen zu vermeiden, an den Seiten, durch nicht geschaut wird, mit einer dicken Isolierung versehen sein, Das ist auch für den Winter nötig; wenn Frost herrscht, muss geheizt werden, um ein durchfrieren und platzen des Aquariums zu verhindern.  Weitere Technik ist bei kluger Einrichtung nicht nötig.

Zwergsonnenbarsche, hier Elassoma evergladei, stehen in einer eigenen Familie, Elassomatidae. Sie werden nur 2-3 cm lang. Die Weibchen haben keine Glanzpunkte. Leider überwiegen in den Zuchten oft ganz erheblich die Männchen.

Die Ernährung von Sonnenbarschen mit Frostfutter ist heutzutage problem­los und kein Grund mehr, sich die Pflege dieser herrlichen Fische zu verkneifen.

Elassoma zonatum. Die Männchen aller Elassoma-Arten können sich tiefschwarz einfärben, aber es ist schwer, sie im Photoaquarium so abzubilden, denn die Tierchen sind etwas scheu und brauchen oft Tage, um sich sicher zu fühlen. Diese Zeit habe ich leider meist nicht.

Elassoma okatie ist eine absolute Rarität.

Die Männchen von E. okefenokee haben hübsch blaue Flossensäume, die Weibchen nicht.

Elassoma gilberti ist ebenfalls eine aquaristische Rarität.

Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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Ein Kommentar zu “Kinder der Sonne

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