Papyrus (Cyperus papyrus) ist eine legendäre Pflanze. Bereits vor 5.000 Jahren erfand man im alten Ägypten eine Methode, aus dem Mark der Stängel einen Stoff herzustellen, auf dem man schreiben konnte. Bis heute nennt man ihn Papier, nach der Papyrus-Pflanze!
Da Papyrus bei Frost abstirbt, sieht man ihn in Mitteleuropa gewöhnlich nur in botanischen Gärten und Gewächshäusern. Sein Hauptverbreitungsgebiet ist Afrika und Südwestasien, wo er riesige Bestände und schwimmende Wiesen bildet. In Südeuropa gibt es ebenfalls einige Vorkommen, berühmt ist der Bestand auf Sizilien.
Papyrus ist eine attraktive Pflanze, die sicherlich auch mehr Menschen als Kübelpflanze ziehen würden, gäbe es da nicht einige Probleme: erstens braucht Papyrus eine hohe Luftfeuchtigkeit, sonst können die Blattschöpfe vertrocknen und es stellen sich sehr schnell Spinnmilben (Tetranychidae) ein, die die Pflanze sogar zum Absterben bringen können; und zweitens wird Papyrus wirklich riesig! Die Blattstiele können bis zu 5 Meter lang werden (meist um 3 m), weshalb normaler Papyrus auch für ”Aquarien oben ohne” kaum in Frage kommt. Schade, schade. Aber es gibt zwei Alternativen!
Die kleinbleibende Sorte
Seit etwa sieben Jahren werden in Gartencentern neben dem allgegenwärtigen Gewöhnlichen Zyperngras (Cyperus alternifolius), das bekanntlich eine altbewährte und auch in großen Aquarien oder Paludarien verwendbare Pflanze ist, auch kleine Papyrus-Stauden angeboten. Übrigens: aufgepasst bei dem Namen: viele Anbieter bieten ”normales” Zyperngras als Papyrus an, sogar mit dem wissenschaftlichen Namen Cyperus papyrus. Das ist wohl weniger ein Betrugsversuch als schlicht mangelhafte Botanik-Kenntnis. Umgangssprachlich wird nämlich das gewöhnliche Zyperngras oft als ”Papyrus” bezeichnet, obwohl beide Pflanzen ein sehr verschiedenes Aussehen haben. Das Zyperngras hat einen Blattschopf aus 10-25, relativ breiten (5 – 20 mm), normal aussehenden Blättern.
Gewöhnliches Zyperngras (Cyperus alternifolius) wird oft irrtümlich als Papyrus bezeichnet
Der Echte Papyrus (Cyperus papyrus) hat hingegen als Blattschopf einen dichten Busch fadenförmiger Blätter, was ihm das Aussehen eines Wuschelkopfes verleiht. Auch die Zwergform des Papyrus hat diesen Wuschelkopf!
Echter Papyrus (Cyperus papyrus) mit seinen typischen „Wuschelköpfen“.
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Pflege-Erfahrungen
Vor elf Jahren erwarb ich einen solchen Zwergpapyrus. Es war Sommer und ich pflanzte den kleinen Busch, desser Blattstiele 35-40 cm hoch waren, in einen wasserdichten, emaillierten Blech-Blumenkasten. Die Kulturerde ließ ich am Papyrus und füllte nur rundum mit ungewaschenem Rheinsand auf. Zu dem Papyrus pflanzte ich noch einen Topf Grasartiges Pfeilkraut (Sagittaria graminea, emerse Form). Der Wasserstand über dem Boden betrug zwischen ein und drei Zentimeter. Der Standort im Freiland war schattig mit 2 Stunden Morgensonne. Die Pflanzen wurde nicht gesprüht oder gedüngt, lediglich das Wasser immer wieder aufgefüllt, sobald der Boden nicht mehr mit einer Wassersäule bedeckt war. Unter diesen Bedingungen wuchs der Papyrus und neu geschobene Triebe wiesen den gleichen Habitus wie die Triebe auf, die die Pflanze beim Erwerb bereits hatte. Meine anfängliche Befürchtung, die Pflanze könnte mit einem Hormon behandelt sein, das eine Zeitlang normales Wachstum verhindert und nach dieser Zeit die Pflanze normale Riesenwedel entwickelt, bestätigte sich nicht. Ganz offenbar ist der ”Zwerg-Papyrus”, der in Gartenmärkten angeboten wird, wirklich eine kleinwüchsige Sorte!
Überwinterung
Leider steht mir kein Gewächshaus zur Verfügung, aber ein Badezimmer mit großen Dachfenstern. Hier gelang mir die Überwinterung der Pflanze problemlos, ohne dass ich zusätzlich beleuchtete. Das Pfeilkraut bildete sich dabei übrigens zur submersen Form (=Unterwasser-Form) um, die es bis heute beibehielt. Der Papyrus verträgt keinen Frost. Eine zweite, später gekaufte Pflanze, die eine Nacht leichten Frost ertragen musste, ging ein.
Das Haspan-Zyperngras
Vor sieben Jahren entdeckte ich zwischen den Angeboten von Gewöhnlichem Zyperngras einen Topf, dessen Inhalt ich nicht kannte. Es handelte sich um eine Pflanze, die mit ihrem dreieckigen Stängel und dem Strubbelkopf an Papyrus erinnerte, aber sehr viel zierlicher in allen Teilen war. Die Pflanze hatte eine Höhe von ca. 30 cm. Ich kaufte sie. Ich beließ die Pflanze in dem Topf, in der ich sie gekauft hatte, stellte sie in einen passenden Übertopf und hielt sie nass. Als ich sie zum Überwintern ins Haus holte, drohten alle Köpfe zu vertrocknen. Ich schnitt radikal zurück, die abgeschnittenen Stängel stellte ich kopfüber in ein Wasserglas. Tatsächlich wuchsen aus diesen Stängeln Jungpflanzen, genau wie man das vom Gewöhnlichen Zyperngras kennt. Bei meinem Papyrus habe ich das übrigens noch nicht versucht, die Pflanze ist recht schwachwüchsig (nur 5-6 neue Triebe pro Jahr), weshalb ich mich noch nicht entschließen konnte, einen der Triebe für den Versuch zu opfern. In der üblichen Gartenliteratur wird zur Vermehrung von echtem Papyrus immer nur die Teilung des Wurzelballens empfohlen.
Die zurückgeschnittene Pflanze stellte ich in ein Aquarium, so dass der Topf gerade mit Wasser bedeckt war. Hier trieb sie, wenn auch zunächst zaghaft, wieder aus und erholte sich im darauf folgenden Sommer 2015 vollständig.
Die Bestimmung der Art bereitete mir einige Schwierigkeiten. Der Neuaustrieb ist ganz anders als beim Papyrus. Bei diesem wächst der neue Trieb wie ein Pinsel, die feinen Blattanlagen sind schon gut zu erkennen. Der Neuaustrieb meines ”Mini-Papyrus” hingegen trug nur ein fahnenartiges Blatt. Erst wenn der Stängel die endgültige Länge erreicht hatte, begann der Strubbelkopf zu wachsen. Die kleinen, unscheinbaren Blüten sahen aus wie die des Papyrus.
Im Sommer 2015 (es war sehr, sehr heiß) kam ich nicht dazu, die beiden Pflanzen ins Freie zu bringen. Sie wuchsen beide, nebeneinander stehend, in dem Badezimmer mit Oberlicht sehr gut. Nur der Neue vergeilte etwas, weil er dunkler und tiefer stand als der Papyrus. Dennoch war die Entwicklung des Neuen insgesamt zufriedenstellend. Wenn die Stängel eine Länge von ca. 60 cm erreicht hatten, beugten sie sich zu Boden, als sei der Stängel nicht in der Lage, den Strubbelkopf zu tragen. Doch scheint dies tatsächlich die Form der vegetativen Vermehrung des Neuen zu sein. Denn es bildeten sich Jungpflanzen an den Köpfen der niederliegenden Stängel.
Endlich gelang mir die Bestimmung. Es handelte sich bei meinem neuen, lebendgebärenden Mini-Papyrus um die bereits 1753 von Linné unter dem noch heute gültigen Namen beschriebene Art Cyperus haspan.
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Weit verbreitet
Cyperus haspan kommt in den südöstlichen und südlich-zentralen Teilen der USA, in Mexiko und Mittelamerika, fast ganz Südamerika, in ganz Afrika, Indien, Südostasien, den warmen Gebieten Ostasiens, in Australien und auf den Pazifischen Inseln vor.
Die Pflanze bildet offenbar mehrere Wuchsformen aus, es wurden auch Unterarten beschrieben. Offenbar ist die papyrus-artige Wuchsform, die ich zufällig in einem Gartenmarkt ergatterte, eher selten. Denn in den üblichen Pflanzenbestimmungsbüchern wird gewöhnlich eine Form abgebildet, die nur das primäre Hochblatt zeigt und nicht den attraktiven Strubbelkopf. Ich kann natürlich auch nicht ausschließen, dass meine Pflanze ein Hybrid zwischen Cyperus haspan und C. papyrus ist. Als Größe wird für C. haspan eine übliche Höhe von 30-40 cm angegeben.
Verwendung im Aquarium
Weder der echte Papyrus noch Cyperus haspan sind Wasserpflanzen. Aber beide sind Sumpfpflanzen und vertragen einen Wasserstand bis ca. 15 cm über dem Boden sehr gut. Besonders Jungpflanzen von C. haspan sind eine tolle Bereicherung für Aquarien ”oben ohne”, also ohne Abdeckung. Man muss die beiden Arten natürlich erst einmal bekommen. Eine kurze Recherche im Internet ergab jedoch, dass zahlreiche Versandgärtnereien Cyperus haspan im Sortiment haben. Cyperus papyrus wird zudem häufig in Gartencentern angeboten.
Wenn eine Verwendung im Aquarium oder Paludarium geplant ist, so darf man niemals frisch erworbene Pflanzen dafür verwenden. Anders als bei Aquarienpflanzen wird im Garten- und Zierpflanzensektor oft mit Insektiziden und Herbiziden gearbeitet. Bei Blühpflanzen wurde sogar schon berichtet, dass Bienen nach dem Besuch starben! Kein Gärtner will unseren Viechern etwas Böses, aber Vorsicht ist hier unbedingt die Mutter der Porzellankiste. Darum sollten neu erworbene Pflanzen zunächst ein halbes Jahr ohne Tierkontakt gepflegt werden, am besten im Freiland, wo Wind, Licht und Wasser für einen guten Abbau eventueller Pflanzenschutzmittelreste sorgen.
Frank Schäfer
Hallo Frank,
interessanter Bericht! Sollten wir uns mal wieder über den Weg laufen, bimmele ich dich diesbezüglich mal an! 🙂
LG Mike
Pingback: Franky Friday: Mini-Papyrus - my-fish
Wie immer ein wieder Super-Artikel! Dazu gespickt mit eigenen Erfahrungen! Kleine Korrektur: Der Vernakularname Zypergras hat nichts mit Zypern zu tun, sondern mit dem Gattungsnamen Cyperus (Zypergräser). Herzliche Grüße M.