Positivliste droht – und damit das Ende der Heimtierhaltung!

Cem Özdemir (Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft) forderte seit Oktober 2022 mehrfach die Einführung von Positivlisten, die de facto ein Ende der Aquaristik, Terraristik (inklusive Kleinsäugerhaltung) und Vogelhaltung bedeuten würde, aber auch – via Qualzuchtverordnung – zu einem massiven Eingriff in die Züchtertätigkeit bei Hunden, Katzen, Kaninchen, Nutzgeflügel und Nutzvieh führen würde.

Hierzu die Pressemitteilung des Zentralverbandes Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V.:

Äußerungen von Cem Özdemir: „Schlag ins Gesicht von Millionen von Heimtierhaltern“
ZZF übt Kritik an Äußerungen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zur Haltung von Heimtieren/ ZZF will Vielfalt in der Heimtierhaltung bewahren und lehnt sogenannte Positivliste als grundfalsch ab.

Der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF) kritisiert Äußerungen des Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir in einem Artikel der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft, veröffentlicht in Partnerzeitungen am 19. Januar 2023. Darin hatte der Minister angekündigt, die private Heimtierhaltung bestimmter Tierarten verbieten zu wollen und sich für eine sogenannte Positivliste auf EU‐Ebene einzusetzen.
ZZF‐Präsident Norbert Holthenrich hält diesen Vorstoß für grundfalsch: „Trotz des harmlos klingenden Namens wäre eine Positivliste nichts anderes als ein grundsätzliches Verbot der Heimtierhaltung“. Lediglich für einzelne Tiere auf der sogenannten Positivliste oder Erlaubnisliste gäbe es einen Ausnahmevorbehalt. „Damit wird der Eindruck vermittelt, dass die Haltung von Heimtieren im Prinzip etwas Schlechtes sei. Das ist ein Schlag ins Gesicht von Millionen von verantwortungsvollen Heimtierhaltern in Deutschland!“


Persönliche Geschmacksfragen dürfen nicht Richtschnur für die Politik sein
„Es ist anmaßend, wenn der Minister den Menschen vorschreiben will, welche Heimtiere sie halten dürfen und welche nicht“, sagt Holthenrich. Bundesminister Özdemir hatte in dem Interview suggestiv gefragt: „Warum braucht jemand etwa anspruchsvoll zu haltende exotische Tiere wie Schlangen oder ein Chamäleon zu Hause? Das habe ich nie verstanden“. Dazu erklärt der ZZF‐Präsident: „Persönliche Geschmacksfragen und willkürliche Diskriminierung dürfen nicht Richtschnur für die Politik sein. Die Haltung von Heimtieren ist immer anspruchsvoll. Ob Tiere für das Zusammenleben mit Menschen in normalen Privathaushalten geeignet sind, hängt davon ab, ob sie ihrer Biologie und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden können.“
Das sei bei vielen vermeintlich exotischen Tieren wie Meerschweinchen, Zwerghamstern, Zierfischen, Wellensittichen und ebenso Schlangen und Chamäleons der Fall.

Ein beliebtes exotisches Tier, das als Heimtier geeignet ist: die Kornnatter 

Bislang gilt in Deutschland, dass Heimtierhaltung dem Grunde nach erlaubt ist und Ausdruck des in Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes geschützten Persönlichkeitsrechts ist. Menschen lieben Heimtiere: In knapp jedem zweiten Haushalt in Deutschland leben Menschen mit einem Heimtier zusammen. Von den Haushalten mit Kindern haben sogar mehr als zwei Drittel ein Heimtier als Lebensbegleiter. Das Leben mit Heimtieren trägt zum Wohlbefinden und zur Gesundheit des Menschen bei und wirkt sich positiv auf das soziale Miteinander aus. Auch Heimtiere profitieren bei artgerechter Haltung in menschlicher Obhut durch eine deutlich höhere Lebenserwartung.
Auch wenn Katzen und Hunde die am häufigsten gehaltenen Arten der rund 35 Millionen Heimtiere in Deutschland sind, werden auch tausende weitere Arten liebevoll und verantwortungsbewusst gepflegt. Eine Positiv‐ bzw. Erlaubnisliste würde diese Vielfalt behindern und einen radikalen Bruch mit dem bisherigen Verständnis des Zusammenlebens von Menschen mit Heimtieren in Deutschland darstellen.


Prinzip der Negativliste ist zielführend und verhältnismäßig
Der vor 75 Jahren gegründete Berufsverband ZZF tritt für eine tierschutzgerechte Zucht, Vermittlung und Haltung von Heimtieren ein. Dabei sind die Sachkunde des Tierhalters und das vielfältige Angebot von Heimtieren eine Voraussetzung für ein tiergerechtes und verantwortungsbewusstes Zusammenleben mit Tieren in Privathaushalten.
Um den Handel oder die Haltung von Tierarten einzuschränken, die vom Aussterben bedroht sind oder die als besonders gefährlich gelten, sind international und national Rechtsnormen erlassen worden, die auf dem Prinzip der Negativliste basieren. Beispiele sind das Animal Health Law VO (EU) 2016/429, die Unionsliste invasiver Arten, VO (EU) 1143/2014, das Washingtoner Artenschutzübereinkommen: VO (EG) 338/97 oder die Gefahrtierverordnungen der Bundesländer.
„Diese Regulierungsinstrumente sind konstruktiv und flexibel. Positivlisten dagegen verbessern nicht das Tierwohl und verhindern nicht den illegalen Handel mit Tieren. Um Menschen, Tier‐ und Pflanzenarten zu schützen, ist das Prinzip der Negativliste zielführend und verhältnismäßig“ sagt ZZF‐Präsident Norbert Holthenrich abschließend.

Der ZZF nennt weitere Argumente gegen die Einführung einer Positivliste, welche auch von der EU‐Kommission abgelehnt wird:


Positivliste gefährdet Tierwohl und Vielfalt in der Heimtierhaltung
– Mit Einführung einer Positivliste würde die Vielfalt der im legalen Handel und im legalen persönlichen Besitz befindlichen Heimtierarten eingeschränkt, aber nicht die mengenmäßige Zucht und Einfuhr einer Art. Das könnte negative Konsequenzen für den Tier‐ und Gesundheitsschutz haben.
– Es besteht das Risiko, dass eine Positivliste keine für bestimmte Lebens‐ und Wohnsituationen geeignete Tierarten beinhaltet und davon betroffene Heimtierhalter deshalb mit tierschutzrelevanten Konsequenzen auf für sie zwar ungeeignetere aber erlaubte Tierarten ausweichen.
– Eine Positivliste könnte zu unerwünschten Folgen durch den Erwerb aus unkontrollierten Quellen (vgl. illegaler Welpenhandel) und in der Folge zu Tierschutzproblemen bei der Haltung von Heimtieren führen. Tiere, die am Zoofachhandel vorbei und über unprofessionelle Kurierdienste erworben wurden, würden möglicherweise nicht dem Tierarzt vorgestellt.
– Die verantwortungsbewusste private Tierhaltung und Nachzucht gerade auch von in ihren Biotopen durch Eingriffe des Menschen bedrohten Arten trägt zum Artenschutz bei.

Objektive Kriterien fehlen
– Die komplexe Frage, welche Tiere für ein Zusammenleben mit dem Menschen geeignet sind, lässt sich mit dem Instrument der Positivliste nicht beantworten. Sinnvolle allgemeingültige und objektivierbare Kriterien für die Aufnahme von Tierarten in eine Positivliste sind bisher nicht vorhanden, schwer aufzustellen und noch schwerer zu evaluieren. Ob Tiere für das Zusammenleben mit Menschen in normalen Privathaushalten geeignet sind, hängt davon ab, ob sie ihrer Biologie und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden
können. Doch wie wären gute Haltungsbedingungen zu definieren? Es besteht die Gefahr einer willkürlichen Diskriminierung.

Positivlisten sind nicht glaubwürdig
– Als Belgien mit den Untersuchungen zur Vorbereitung einer Positivliste für Säugetiere begann, stellte sich heraus, dass Hunde und Kaninchen es wohl nicht auf die Liste schaffen würden. Dies war offensichtlich politisch nicht durchsetzbar, weshalb eine Neubewertung vorgenommen wurde und beide Arten aufgenommen wurden. Das zeigt, dass eine Positivliste nicht notwendigerweise zum Ausdruck bringt, wie anspruchsvoll die Haltung einer Tierart ist.
– Bislang gibt es keinen Beleg, dass die Einführung einer Positivliste den Tierschutz im Heimtierbereich fördern würde.


Verlust von Fachwissen
– Eine Positivliste führt zum Verlust von Wissen im Bereich Artenschutz und Erhaltungszucht. Um die Haltungsansprüche von Tieren zu verstehen und über eine Eignung für die Privathaltung zu entscheiden, müssen erst Erfahrungen in der Haltung und Zucht gesammelt werden. Damit würde es unmöglich gemacht, Tierarten in die Positivliste zu übernehmen.
– Auch das Wissen über die Biologie und Haltungsanforderungen von Heimtieren droht verloren zu gehen. Die Heimtierindustrie hat Fortschritte bei der Entwicklung von Tiernahrung, Gehegen, Aquariumausstattung, Spezialbeleuchtung für Reptilien usw. ermöglicht, weil sie mit Absatzmöglichkeiten in einem heterogenen Heimtiermarkt rechnen konnte.

Xiphophorus meyeri. Der unscheinbare und anspruchsvolle Wildplaty ist in der Natur aufgrund zu hoher Wasserentnahmen akut vom Aussterben bedroht. Engagierte Züchter erhalten die Art wenigstens im Aquarium. Eine Positivliste bedeutet das endgültige Aus für diese und viele andere Spezies.

Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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2 Kommentare zu “Positivliste droht – und damit das Ende der Heimtierhaltung!

  1. Harsch

    Das Thema “ Positivlisten“ hatten wir ja schon im Jahre 1989 und wurde mit Hilfe des VDA erfolgreich abgewendet. Wer wirft denn nun wieder den Hut in die Manege ?

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  2. Silvio Klemm

    Ja, sie können es einfach nicht lassen, die arroganten grünen Verbotshanseln.
    Alles was diesen Zeitgenossen nicht in ihren Kram oder ihre verquere Weltanschauung passt wollen sie am liebsten verbieten oder abschaffen. Ein Minister der etwas verbieten will „weil er etwas nicht versteht“ gehört selbst verboten. Allein schon weil er offensichtlich nicht den geringsten Schimmer von der Materie hat und zudem auch nicht Willens scheint sich zu informieren.
    Naja, die nächste Wahl kommt und dann wird abgerechnet.

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