Rückenschwimmende Kongowelse

So ungewöhnlich das auch aussieht, für manche Fische ist es ganz normal, auf dem Rücken zu schwimmen. Der Feuerschwanz (Epalzeorhynchos bicolor) dreht sich beispielsweise öfter auf den Rücken, wenn er die Unterseite eines Blattes abweiden möchte. Aber die wahren Meister des Rückenschwimmens sind zweifellos einige Arten der Welsfamilie Mochokidae.

Synodontis batensoda wird manchmal auch als Brachysynodontis batensoda bezeichnet.

Innerhalb der Mochokidae, die im Deutschen auch als Fieder­bart­welse bezeichnet werden, ist der Rücken­schwimmende Kongowels (Synodontis nigriventris) sicherlich die am häufigsten im Aquarium anzu­treffende Art. Ungeachtet dessen, dass er auf dem Rücken schwimmen kann, tut er das keineswegs den ganzen Tag. Er tut es allerdings gerne und häufiger als die meisten anderen Fiederbartwelse, einer immerhin rund 190 Arten umfassenden Fami­lie. Die tatsächliche Artenzahl, das soll hier nicht verschwiegen werden, ist aller­dings nicht unum­stritten, ich folge hier der Listung bei: www.fishbase.org.

Jungtiere von S. batensoda sind getupft.

Auch die Anzahl der Gattungen ist nicht klar und Gegenstand von Diskussionen. Meist werden 8-10 ange­ge­ben. Dies liegt daran, dass der Status zweier Gattungen nicht einheitlich bewertet wird. Eine Art. wird z.B. manchmal als Hemisynodontis membranaceus bezeichnet, während sie in vielen anderen Publikationen Synodontis membranaceus genannt wird. Natürlich handelt es sich in beiden Fällen um den gleichen Fisch.

Synodontis membranaceus oder Hemisynodontis membranaceus

Auch einer der größten unter den Rücken­schwimmenden Kongowelse taucht unter verschiedenen Namen im Hobby auf: Synodontis batensoda, Hemisynodontis ba­ten­­soda und Brachysynodontis batensoda. Das ist ein recht beliebter Aquarienfisch, obwohl er mit gut und gerne 50 cm Länge doch den Rahmen des Üblichen erheblich sprengt.

Kurz und gut: Bei etlichen Vertreten der Familie Mochokidae herrscht eine wahre babylonische Sprachenverwirrung. Zusätzlich zum verkehrten Schwimmen weisen viele Fiederbartwelse auch noch eine verkehrte Färbung auf. Anders gesagt: Statt eines hellen Bauches und dunklen Rückens haben die Rückenschwimmer einen dunk­len Bauch und einen helleren Rücken. Die Tatsache, dass dies bei mehreren Arten zu beobachten ist, könnte darauf hin deuten, dass diese “verkehrte” Zeichnung in evo­lutionärer Hinsicht schon recht alt ist. Es wirft natürlich auch die Frage auf, wozu diese verkehrte Zeichnung dient.

Auch Hemisynodontis membranaceus macht im Laufe der Entwicklung eine starke Umfärbung durch.

Auch wenn das zunächst unwahrscheinlich klingt: Die Antwort mag im niedrigen Sauerstoffgehalt des Wassers liegen. 1994 experimentieren Chapman, Kaufman und Chapman mit Synodontis nigriventris und fanden, dass diese Art bei niedrigem Sauerstoffgehalt des Wassers lange mit dem Bauch nach oben unter der Wasser­ober­fläche herum­schwamm. Dieser Fisch ist also in der Lage, unter üblen Bedingungen seine Sauer­stoff­aufnahme zu verbessern, ohne den Kopf aus dem Wasser strecken zu müssen und ohne allzuviel Wirbel an der Wasseroberfläche zu verursachen. Es liegt auf der Hand, dass in die­ser Situation eine dunkle Bauchseite die Ge­fahr, von einem Feind aus der Luft ent­deckt und attakiert zu werden, wesentlich gegenüber einer hellen Bauchseite reduziert.

Der beliebteste aller Synodontis: S. nigriventris

Einige im Hobby populäre Arten von Fiederbartwelsen schwimmen ebenfalls ziemlich häufig auf dem Rücken, so der Perlhuhnwels (Synodontis angelicus), beson­ders beim Fressen. Das gleiche gilt für Synodontis brichardi, S. decorus und S. eup­terus. Weitere Arten können das, tun es aber nur ziemlich selten. Es wäre wirklich span­nend, einmal herauszufinden, warum das manche so gerne tun und andere nicht. Vielleicht sitzt ja gerade jetzt und hier jemand an dem Problem und versucht es zu lösen. Auf das Ergebnis – wenn es denn kommt – darf man gespannt sein.

Synodontis angelicus

Im Aquarium sollte man Fiederbartwelsen viel Platz zur Verfügung stellen. Sie mögen auch dichte Bepflanzung und zahlreiche Versteckmöglichkeiten. Es empfiehlt sich ferner, feinen Bodengrund und nicht zu grelle Beleuchtung einzusetzen. Eine spezielle Mondlichtlampe ermöglicht es, die nächtlichen Aktivitäten dieser Fische zu beobachten.

Bezüglich der Wasserchemie sind Synos anspruchslos. Die meisten Arten tolerieren weiches leicht saures Wasser ebenso wie hartes und alkalisches, wobei die Temperatur zwischen 22 und 26°C liegen sollte. Wenngleich Lebendfutter, das mit der Zeit absinkt, absolut bevorzugt wird, nehmen Synodontis doch auch gerne Kunst­futtersorten in Form von Flocken oder Granulat, sowie alle Sorten Frostfutter und gefriergetrocknete Futtermittel. Speziell die Rückenschwimmer nehmen ihr Futter auch von der Wasseroberfläche.

Die meisten Arten der Gattung Synodontis wurden im Aquarium noch nicht gezüchtet, doch ein paar schon. Berühmt ist das Kuckucksbrutverhalten des S. multipuncta­tus, der seine Eier maulbrütenden Bunt­bar­schen aus den großen Grabenseen unter­schiebt. Bei S. nigriventris soll es sich um einen Spaltenlaicher handeln, der manchmal auch in Höhlen laicht. Brutpflege wird nicht ausge­übt. Bis zum Schlupf dauert es sieben Tage.

John Dawes


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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