Städtereisen mit Xiphophorus hellerii (2): Die Frankfurter Kreuzung

Frankfurt am Main wird von vielen heutzutage als Mainhattan bezeichnet. Riesige Bankenhochhäuser bestimmen die Skyline der Metropole. Es gibt aber auch die beschaulichen Ecken in Frankfurt und schon immer eine aktive aquaristische Szene. In der Zeit zwischen den Weltkriegen wurde ein sehr attraktiver Schwertträger in Frankfurt gezüchtet. Der hervorragende Schwertträger-Züchter Günther Schramm (30. Januar 1945 – 29. März 2011) hat in der AqualogNews 26 über ihn berichtet. Ich bringe den Bericht hier noch einmal. Günther Schramms Homepage mit vielen wertvollen Hinweisen zur Xipho-Zucht ist immer noch aktiv, ein Besuch lohnt sich: http://xiphophorus-zuchtformen.de/index.php

Spitzentiere der Frankfurter Kreuzung sind fast nie zu finden. Meist zeigen Frankfurter, wie das oben abge­bil­dete Tier, viele Farbunregelmäßigkeiten und werden mit Berliner Schwertträgern verwechselt.

Doch hier nun der Bericht:

Frankfurter Schwertträger (Xiphophorus helleri) – eine seltene Zuchtform

von Günther Schramm

Unter den vielen Zuchtformen, die aus den Schwertträgern und Platys der Gattung Xiphophorus herausgezüchtet werden konnten, finden manche bereits seit Jahrzehnten trotz gewisser Schwierig­keiten bei der Zucht begeisterte Anhänger. So auch der halb­schwarze „Frankfurter Helleri“. Seit 25 Jahren beschäftige ich mich mit dieser seltenen und schwierigen Zuchtform. Wie ist dieses Zeichnungsmuster entstanden?

Roter Platy – Vater,  Grüner Helleri – Mutter: Die Frankfurter Kreuzung

Der Frankfurter Züchter Ph. Stettner er­zielte durch Kreuzung eines roten Männ­chens von Xiphophorus maculatus mit einem Weibchen vom grünen X. hellerii und weiterer stän­diger Auslese der Nach­zuchten eine Spiel­art, die an Kopf, Brust und dann bis zur ungefähren Rumpf­hälfte die rote Färbung des Stamm­vaters aufwies, während die Unterpartie des Kör­pers tiefschwarz war. Den Übergang zwischen schwarz und rot bildete eine feine schwarze Sprenke­lung. Die Schup­pen waren mit metallisch-grün schim­mern­­den Pünkt­chen übersät, der Bauch zeigte eine orange-rote Tönung, die Iris weißlichgrün, Flossen, mit Ausnahme der Brustflossen, waren dunkel gesprenkelt. Dieser Stamm war 1929 bereits aus­gereift vorhanden (Jacobs, 1969).

Die Kreuzung Helleri x Montezuma-Schwertträger

Über einen anderen „rot-schwarzen Helleri“ berichtete der amerikanische Ichthyologe und Genetiker Dr. Myron Gordon 1959. Hierbei wurde in viel­jährigem Einkreuzen aus der grünen Wild­form von Xiphophorus hellerii und dem, im gleichen Gebiet verbreiteten, Xiphophorus montezumae ebenfalls eine schwarz-rote Farbkombination heraus­ge­­­züchtet. Nach Gordon sind die Schwanz­­­flossen und der hintere Körper­ab­schnitt seines „rot-pechschwarzen Schwert­­trägers“ völlig schwarz, wo­ge­gen der übrige Körper in einem leuch­ten­­den Rot erstrahlt. Das Schwert ist, im Gegensatz zu anderen Helleri-Kreuzun­gen und den bei Züchtung dieser Farb­form auftretenden Vorstufen, sehr lang und schmal. Bei optisch gleicher rot-schwarz Färbung kann man die amerika­ni­sche  „rot-pechschwarze“ Kreuzung durch das längere Schwert von der „Frankfurter Kreuzung“ unterscheiden.

Männchen des Montezuma-Schwertträgers haben das längste Schwert aller Schwertträger-Arten. Dies ist ein Männchen eines Wildstammes.

Manches, was gut aussieht, lässt sich nicht weiterzüchten

Als sensationell wurde Mitte der 50er Jahre eine Schwertträger-Zuchtform empfunden, die man im Handel als Frankfurter Schwertträger bezeichnete. Leider weiß heute niemand, wie sie ent­standen war. Auf roter Grundfärbung war die hintere Körperhälfte sattschwarz, die scharfe Trennung lag etwa unter der Mitte der Rückenflosse. Es gelang nicht, aus diesen Fischen erbfeste Nach­kommen zu gewinnen, so dass nur wenige Ab­bildungen dokumentieren, wie diese attraktive Zuchtform ausge­sehen hat (Stallknecht, 1989). Stallknecht führt weiter aus, dass durch Einkreuzung von Tuxedo-Schwertträgern versucht wurde, diesen Stamm zu erhalten, was jedoch misslang.

Ein Frankfurter Schwertträger auf Körperfarbe Gelb mit Lyraflossen

Man darf nicht wild draufloskreuzen!

Als Züchter beider Farbvarianten, des halbschwarz-quer (Frankfurter) und des halbschwarz-längs (Tuxedo), weiß ich, dass bei Kreuzungen dieser Farbschläge untereinander farb­lich nur Ver­schlech­terun­gen zu erzielen sind. Abgesehen davon, dass der bei diesen Formen manchmal vor­kommen­de Farbkrebs (Melanosarkom) dann ver­stärkt auftritt. Mir sind in meiner weit über 20jährigen Praxis als Züchter dieser Fische bei den Nachzuchten der halbschwarzen Tiere niemals Exemplare mit Längsband­zeich­nung (Tuxedo) untergekommen. Das Zeich­nungmuster halbschwarz-quer ist in jedem Fall erbfest. Die gewünschte  Zeich­nung lässt sich somit auf alle Grund­farben übertragen. Die Schwierigkeit besteht aller­dings darin, dass nur sehr wenige Tiere eine scharfe Quer­teilung aufwei­sen. Noch schwieriger ist es, ein gleich aus­sehendes Paar zu erhalten. Deshalb sind diese Fische auf den Leistungs­ausstellungen nur selten zu sehen. Bemerkenswert ist auch, dass relativ schlecht gezeichnete Fische jeder­zeit Spitzentiere bei den Nachzuchten her­vorbringen können.

Halbschwarz-längs gezeichnete Fische, hier ein rotes Männchen mit Simpson-Rückenflosse, bezeichnet man auch als Tuxedo.

Man kann diese Zuchtform beliebig ver­feinern. So ist es mir in den vergangenen Jahren gelungen, Fische dieses Farb­schlages mit roten Flossen zu züchten. Besonders schön sehen solche Tiere bei der Grundfarbe gelb aus. Wagtail­zeichnungen, d. h., Fische mit schwarzen Flossen, können ebenfalls über­tragen werden. Wenn man die ohnehin sehr wert­vollen Tiere noch in den Sonder­flossen­formen (Lyratail, Deltaflosser) züchtet, sind solche Fische kaum an Schönheit zu überbieten.

Ein nahezu ideales Frankfurter Weibchen auf gelber Grundfarbe.

Eigentlich sollte gerade diese Zuchtform eine Herausforderung für viele Züchter sein, sich mit diesen Tieren zu be­schäftigen. Leider ist dem nicht so! Das liegt hauptsächlich daran, dass bei den vielen Nachzuchten nur sehr wenige als aus­gesprochene Spitzentiere ange­sehen werden können.

Noch einige Tipps zur Zucht

Zuerst sollte man dem Umstand Rech­nung tragen, dass diese Zuchtform dazu neigt, recht groß zu werden. Größen zwischen 10 und 12 cm sind keine Selten­heit. Xiphophorus hellerii hat eine Le­benserwartung von maximal 24 Mo­na­­ten. Es kommt vor, dass Männchen bis zu ihrem Lebensende wachsen und dabei nie geschlechtsreif werden. Neben solchen Tieren gibt es aber natürlich auch viele für die Zucht taugliche.

Es hat sich bei der Bekämpfung von Farb­krebs (Melanosarkom) als günstig er­wies­en, so oft als möglich einfarbige Tiere einzukreuzen. Dadurch ist in den letzten 10 Jahren der Farbkrebs nur noch selten in Erscheinung getreten. Bei der Ver­­paarung zweier halbschwarzer Tiere kommt man zwar schneller zum Zucht­ziel. Mit Rücksicht auf unsere Tiere und zur vorbeugenden Bekämpfung des Farb­k­rebses rate ich je­doch davon ab.

Welches Wasser für Helleris?

Eine mittlere Wasserhärte und ein pH-Wert um 7 sorgen für das nötige Wohl­be­fin­den. Es sollte darauf geachtet werden, dass der pH-Wert nicht unter 6 fällt. Das wird nicht vertragen. Ein wöchentlicher Teilwasserwechsel und häufiges Reini­gen des Filter­materials wirken sich positiv auf die Wasserqualität aus.

Was fressen Schwertträger?

Meine Fische erhalten so oft und so lange es im Jahr möglich ist lebendes Tümpelfutter. Flockenfutter, Rinderherz und Frostfutter er­gänzen den Speise­zettel. Wichtig ist, dass neugeborene Jung­­fische noch am gleichen Tag ihr erstes Lebendfutter erhalten. Dazu eignen sich bestens Salinen­krebschen  (Artemia). Setzt die Fütterung zu spät ein, er­folgen Hunger­schäden, welche nicht mehr auf­geholt werden können.

Eine rechtzeitige Vorauslese nach Qualitäts­­merkmalen sollte spätestens nach drei bis vier Wochen erfolgen. Die brauchbaren Tiere erkennt man schon sehr zeitig. Sie sollten gesondert, in großen Aquarien, bei mäßigem Besatz aufgezogen werden.

So weit Günther Schramm.

1956 wurde, wie oben schon erwähnt, von Myron Gordon eine sehr ähnliche Hybridform als „rot-pech­schwarzer Schwert­träger“ in der Zeitschrift TFH vor­gestellt. Ungeachtet ihrer Herkunft sind sowohl Frank­furter wie auch Rot-Pechschwarze Schwertträger ausgesprochene Raritäten. Mehrere Faktoren sind dafür verantwortlich. Hauptsächlich ist es jedoch so, dass immer nur wenige Tiere eines Wurfes die ge­wünschten Farbmerkmale in guter Qualität zeigen. Hinzu kommt die Neigung von Schwertträgern mit hohem Schwarz­anteil in der Färbung zu Farbkrebs (auch als „maligne Melanome“ bezeichnet). Was auch immer der Grund ist: Top-Qualitäts-Schwert­träger der Frankfurter Kreuzung sind nur sehr schwer zu bekommen.

Allerdings sind seit mehreren Jahren sehr gute und sauber gezeichnete Platys der Frankfurter Variante auf der Körperfarbe weiß zu haben. Im Handel werden sie als „Platy Panda“ bezeichnet. Kreuzungen dieses Frankfurter Platys mit Schwertträgern könnten die Qualität der Frankfurter Schwertträger vielleicht verbessern. Ich habe gerade damit angefangen, in diese Richtung zu experimentieren. Wenn etwas Gescheites dabei heraus kommt, werde ich an dieser Stelle darüber berichten.

Frank Schäfer

Weiteren Lesestoff über Lebendgebärende Zahnkarpfen finden Sie hier: https://www.animalbook.de/navi.php?qs=lebendgeb%E4rend


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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