Sternarchorhynchus aus Peru

Der eigentümliche Sternarchorhynchus, der heute Thema unseres Blogs ist, stammt aus Peru und gehört zu der Familie Apteronotidae. Die Artenzahl in der Gattung Sternarchorhynchus ist in den vergangenen Jahren geradezu explodiert. 1994 waren gerade einmal 4 Arten bekannt, 2006 erhöhte sich die Artenzahl auf 10 und heute (2021) sind 32 Arten anerkannt! Damit ist Sternarchorhynchus die artenreichste Gattung innerhalb der Apteronotidae. Die Artunterschiede liegen vor allem in der Ausprägung der Schnauze. Die Artzugehörigkeit kann man bei lebenden Tieren nur ganz grob bestimmen, sie werden darum meist als Sternarchorhynchus mormyrus im Handel geführt; diese Art wurde bereits 1868 wissenschaftlich beschrieben. Es ist aber auch möglich, dass die fotografierten Exemplare der Art Sternarchorhynchus goeldii zuzuordnen sind, eine erst 2010 beschriebenen Art. S. mormyrus wird etwa 50 cm lang, S. goeldii rund 30 cm. Die Fische auf den Fotos sind 14-16 cm lang.

Viel spannender als die Frage nach der Artzugehörigkeit ist aber das Verhalten der Tiere. Sie sind untereinander nämlich nicht so sonderlich gut verträglich, was übrigens für die meisten Messerfische gilt. Es kommt aber nicht zu Beschädigungskämpfen, sondern in unglaublicher Eleganz und großer Geschwindigkeit gleiten die Tiere umeinander und mache die Rangordnung dadurch aus, wer der bessere Schwimmer ist. Eine besondere Rolle kommt bei dem Kampf der Schnauze zu, die wie beim Florett als Fechtwaffe eingesetzt wird. Wir dokumentieren dieses faszinierende Verhalten hier erstmals im Bild. Die Ernährung von Sternarchorhynchus ist im Aquarium problemlos mit Frost- und Lebendfutter möglich, besonders beliebt und als Futtergrundlage gut geeignet sind gefrostete Rote Mückenlarven.

Die Nachzucht etlicher Messeraale ist schon gelungen, hauptsächlich in den Labors von Frank Kirschbaum, der eine Technik entwickelt hat, um eine Regenzeit zu simulieren. Dadurch wird die Gonadenentwicklung (Hoden, Eierstöcke) erst möglich. Im Prinzip funktioniert das so, dass man den Leitwert des Wassers kontinuierlich über mehrere Wochen senkt, indem man destilliertes Wassers für die Wasserwechsel verwendet. Es ist oft nötig, zuvor eine mehrwöchige „Trockenzeit“ mit relativ hohen Temperaturen (24-30°C) und steigendem Leitwert ohne Wasserwechsel durchzuführen, wobei natürlich Fingerspitzengefühl gefragt ist, um die Fische nicht zu schädigen. Brutpflege üben die Apteronotidae – so weit untersucht – nicht aus. Die Eier werden bei den Arten, die auch gewerblich gezüchtet werden (hauptsächlich Apteronotus albifrons) in Gesteins- oder Wurzelspalten abgelegt. Insgesamt wird die Nachzucht von Apteronotidae wenig praktiziert, da der sehr geringe aquaristische Bedarf gut durch Wildfänge zu decken ist und es keinen Markt für regelmäßig anfallende größere Stückzahlen aus Nachzuchten gibt. Aber für Aquarianer*innen mit Forscherdrang sind die Messeraale exzellente Aquarienfische, an denen es unendlich viel zu beobachten gibt.

Eine weitere Sternarchorhynchus-Art aus Peru, vielleicht S. roseni.

Lexikon: Sternarchorhynchus: bedeutet „Schnauze mit dem After an der Brust“; der Name bezieht sich einerseits auf die lange Schnauze und andererseits auf die Tatsache, dass bei den Tieren der After direkt hinter dem Kopf sitzt. mormyrus: bedeutet „wie ein Nilhecht“; Nilhechte aus Afrika (Mormyrus) haben auch eine lange Schnauze. goeldii: Widmungsname für Emilio (eigentlich: Emil) Goeldi (1859-1917) für seine Verdienste um die Erforschung der Tierwelt Amazoniens.

Text & Photos: Frank Schäfer


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Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

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