Gambusia holbrooki: der Fisch, der den Panama-Kanal baute

Der Panama-Kanal ist eine wichtige Wasserstraße, er verbindet den Pazifik mit dem Atlantik und erspart den Schiffen die gefährliche Fahrt um das legendäre, sturmumtoste Kap Horn. Als man 1880 mit dem Bau begann, war man zuversichtlich, den Kanal in wenigen Jahren fertigstellen zu können, doch erst 34 Jahre später war der Bau des Suez-Kanals gelungen. Die fieberverseuchte Sumpflandschaft forderte einen unglaublichen Blutzoll unter den Arbeitern. Zwischen 1881 und 1889 starben 22.000 Arbeiter an Malaria und Gelbfieber, das entspricht 7-8 Menschen am Tag! Man kannte die Erreger beider Seuchen noch nicht und auch ihre Übertragung – nämlich durch Stechmücken – war nicht bekannt. Das wurde erst in etwa zeitgleich erforscht, der Entdecker des Malariaerregers, Charles Louis Alphonse Laveran (18. Juni 1845 – 18. Mai 1922) erhielt 1907 dafür den Medizin-Nobelpreis. 1889 wurde der Bau des Panama-Kanals abgebrochen, unter anderem wegen der enormen Todeszahlen unter den Arbeitern. Erst 1905 wurde weitergebaut. Bis zur Fertigstellung 1914 starben immer noch 5,609 Arbeiter an Unfällen und Krankheiten, immer noch eine schrecklich hohe Zahl, doch ohne die Einfuhr eines kleinen Fisches, der Gambuse – auch Moskitokärpfling genannt – wäre der Panama-Kanal wohl nie fertig gestellt worden.

Die Stechmücken oder Moskitos, die Gelbfieber und Malaria übertragen, entwickeln sich in kleinen und kleinsten Gewässern. Nur wenige Fische können dort überleben und kommen mit den stark schwankenden Temperaturen und dem oft erbärmlich niedrigen Sauerstoffgehalt aus. Gambusen können das und ihre Lieblingsnahrung sind Moskito-Larven. Wir Aquarianer kennen die Stechmückenlarven als „Schwarze Mückenlarven“. Die Aussetzung von Gambusia war so erfolgreich, dass der Panama-Kanal gebaut werden konnte. Andernorts erwies sich der Moskitokärpfling aber als Landplage und die Art gehört darum heute zu den übelsten Bioinvasoren weltweit. Temperaturen unter 10°C vertragen Gambusen nicht, aber sonst sind sie kaum umzubringen. Und statt Moskitolarven fressen sie auch sehr gerne Jungbrut und Laich anderer Fische. Darum geben Gambusen in vom Menschen gestörten Lebensräumen den dort lebenden einheimischen, ohnehin schon unter starkem Druck stehenden Fischarten oft den Todesstoß.

Mehr über Gambusia holbrooki und ihre Pflege und Zucht im Aquarium erfahren Sie im kommenden News-Bookazine (erscheint im Herbst 2017): https://www.aqualog.de/news-bookazine/

Text & Photos: Frank Schäfer


Anzeige


Über den Autor Frank Schäfer

Frank Schäfer, geboren 1964, Biologe, seit frühester Jugend Tier- und Pflanzenhalter aus Leidenschaft. Sein besonderes Interesse gilt seit jeher den Fischen, aber Reptilien, Amphibien, Wirbellose, Kleinsäuger und Vögel sowie eine Vielzahl von Pflanzen begeistern ihn ebenso.

Seit 1980 Mitglied im Verein für Aquarien- und Terrarienkunde Hottonia e.V., dort seit 1982 auch immer wieder Vorstandsämter (Gartenwart, Redakteur der Vereinszeitschrift, 1. Schriftführer), seit 1982 Mitglied in der Internationalen Gemeinschaft für Labyrinthfische (IGL), seit 1992 auch im European Anabantoid Club (EAC). Erste Fachartikel über Pflege und Zucht von Puntius vittatus, Macropodus opercularis, Trionyx ferox und Polypterus senegalus in der Hottonia-Post 1981; erste große Fischfangreise in die Tropen 1983 nach Sumatra, worüber anschließend zahlreiche Aufsätze in der Hottonia-Post, der Zeitschrift „Der Makropode“ und „Das Aquarium“ erschienen; von da an regelmäßig Publikationen in vielen aquaristischen Fachzeitschriften, sowohl national wie auch international. Seither außerdem jährlich mehrere Dia-Vorträge auf nationalen und internationalen Tagungen.

Studium der Biologie in Darmstadt von 1984-1989, Abschluss als Diplom-Biologe mit den Prüfungsfächern Zoologie, Botanik, Ökologie und Psychologie. Diplomarbeit bei Prof. Ragnar Kinzelbach zum Thema „Wirtspezifität der Glochidien von Anodonta anatina“.

Zahlreiche Fang-, Sammel- und Studienreisen in das europäische Ausland, die Türkei, Sambia und vor allem Indien; Forschungsschwerpunkt ist die Süßwasserfischfauna des Ganges mit dem Ziel einer kompletten Revision der Arbeit von Francis Hamilton (1822): An account of the fishes found in the river Ganges and its branches. Edinburgh & London. Wissenschaftliche Erstbeschreibung von Oreichthys crenuchoides und gemeinsam mit Ulrich Schliewen von Polypterus mokelembembe. Wissenschaftliche Besuche und kurzzeitige Arbeiten in den zoologischen Sammlungen von London, Paris, Brüssel, Tervueren, Wien, Berlin, Frankfurt und München.

Seit 1996 bis heute Redakteur bei Aqualog und wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Fischbestimmung bei Aquarium Glaser, Rodgau. In dieser Zeit verantwortlich als Autor oder Co-Autor von über 20 Büchern und über 400 größeren Fachartikeln, nicht nur bei Aqualog, sondern bei nahezu allen deutschsprachigen Fachverlagen, vereinzelt auch in internationalen Publikationen. Seit 2009 Betreuung der Homepage und des Newsletters bei Aquarium Glaser mit 3-5 Posts pro Woche. Nach wie vor leidenschaftlicher Tier- und Pflanzenpfleger, quer durch den Gemüsegarten: Aquaristik (Süß- und Seewasser), Terraristik, Teichpflege, Kleinvögel.

Frank Schäfer ist verheiratet und hat zwei Töchter, die 1989 und 1991 geboren wurden.

Weiterlesen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert