Skorpione gelten allgemein als Einzelgänger – zu Recht, sehen doch viele in ihren Artgenossen nur eine unnütze Belästigung oder eine willkomene Zwischenmahlzeit. Aber die eingeschworene Gemeinde der Skorpion-Fans weiß auch um die friedvollen, großen schwarzen Arten. Besonders beliebt sind deswegen die Kaiserskorpione (Pandinus imperator) aus Afrika. Die Schwestergattung Heterometrus aus Asien beeinhaltet jedoch auch prachtvolle, große schwarze Arten.
Im Handel werden die großen schwarzen Arten meist als Heterometrus scaber bezeichnet. Diese Art kommt aber nach gegenwärtigem Kenntnisstand nur in Indien vor und fehlt in Thailand und Vietnam – den Hauptexportnationen für solche Tiere für den Tierhandel. Aufgrund der besonders glatten und glänzenden Scherenoberseiten glaube ich, dass die hier besprochene Art zu Heterometrus cimrmani zu stellen ist. Leider wurden die Tiere nicht konserviert und eine Bestimmung nur nach Photos ist immer etwas unzuverlässig.
Äußerlich unterscheiden sich die ”Schwarzen Thaiskorpione”, wie sie umgangssprachlich genannt werden, kaum von ihren Vettern aus Afrika. Heterometrus cimrmani wird etwa 12 cm lang und ist einfarbig lackschwarz gefärbt. Die Scheren sind groß und eindrucksvoll.
Giftig oder nicht?
Grundsätzlich sind natürlich alle Skorpione giftig, d.h. sie besitzen am Schwanzende eine giftgefüllte Blase, die in einem Stachel endet. Die Giftwirkung eines Stiches auf den Menschen ist jedoch bei den einzelnen Arten sehr unterschiedlich. Es gibt Arten, wie den südamerikanischen Tityus serrulatus, mit dem es alljährlich zu einigen tödlich verlaufenden Unfällen kommt und Arten, deren Stichwirkung in etwa der eines Bienenstiches ähnelt, also vergleichsweise harmlos ist. Wenn man aber andererseits bedenkt, dass Bienenstiche wegen allergischer Reaktionen der Gestochenen zu mehr Todesfällen führen, als etwa Giftschlangenbisse, relativiert sich diese Aussage wieder etwas. Man sollte grundsätzlich jedes Gifttier vorsichtig behandeln und bei der Pflege jedes unnötige Risiko vermeiden.
Es gibt bei Skorpionen kein äußeres Merkmal, das gefährliche von ungefährlichen Arten unterscheidet. Aber es gibt einen Hinweis: Nahezu alle sehr giftigen Arten haben schwache, dünne Scheren, während nahezu alle vergleichsweise harmlosen Arten dicke und kräftige Scheren besitzen. Unser Heterometrus cf. cimrmani hat solche kräftigen Boxerfäuste uns – siehe da – der Stich der Art gilt als harmlos.
Gruppenhaltung möglich
Auch bezüglich seines Sozialverhaltens ist Heterometrus cf. cimrmani – wie eingangs schon erwähnt – eine angenehme Art. In ausreichend großen Becken (ab 60 x 40 cm Bodenfläche) kann man sie in kleinen Gruppen pflegen. Da die Geschlechter nicht leicht auseinander zu halten sind (die Scheren sind bei Männchen und Weibchen unterschiedlich proportioniert) erhöht sich bei der Gruppenhaltung auch die Wahrscheinlichkeit, beide Geschlechter zu besitzen und somit züchten zu können. Nicht immer gelingt eine Vergesellschaftung (siehe den Kommentar zu einer früheren Version dieses Blogs von Dr. Heimann). Die Ursachen sind nicht bekannt, jedoch könnte es daran liegen, dass unabsichtlich unterschiedliche Arten zusammen gesetzt wurden. Die verschiedenen Heterometrus– und Pandinus-Arten sehen sich außerordentlich ähnlich und es können sogar im gleichen Import zwei oder mehr Arten enthalten sein. Im Terrarium werden artfremde Skorpionen gewöhnlich nicht toleriert!
In der Natur bewohnen Heterometrus cf. cimrmani feuchte Wälder und Grasland. Sie stören sich nicht an der Gegenwart des Menschen, ohne indes direkte Kulturfolger zu sein. Aber es fand sich z.B. ein Exemplar unter einem zu einer Hütte gehörigen Brett, das als Fußabtreter fungierte, in einer Urwaldlodge in Süd-Thailand, das wir am Abreisetag zufällig anhoben. 10 Tage waren wir täglich über das stattliche Exemplar hinweggetreten, ohne davon zu wissen!
Wie alle Skorpione ist auch der Schwarze Thaiskorpion ein nachtaktives Tier. Den Tag verbringt es in Höhlen, unter Steinen, totem Holz etc. Im Terrarium bietet man den Tieren leicht feuchte Gartenerde als Bodensubstrat, die man 5-10 cm hoch einfüllt. Einige flache Steine und Holzstücke werden zu Versteckmöglichkeiten gebaut, wobei man darauf achten muss, dass die kräftigen Skorpione etwaige Steinaufbauten weder unterwühlen noch zum Einsturz bringen können.
Eine spezielle Heizmöglichkeit ist nicht nötig, Raumtemperatur genügt. Umgekehrt sollte die Temperatur 28°C möglichst nicht überschreiten. Wichtig ist, dass immer eine flache Schale mit frischem Trinkwasser zur Verfügung steht. Gefressen werden alle Insekten passender Größe. Da Skorpione reine Fleischfresser sind, kann man das Terrarium beliebig bepflanzen.
Treusorgende Mama
Die Paarung ist bei Skorpionen, die über keine Kopulationsorgane verfügen, eine komplizierte Angelegenheit. In einem verzwickten ”Hochzeitstanz”, bei dem sich die Partner bei den Scheren gepackt halten, synchronisieren sich die Tiere. Das Männchen klebt schließlich einen Behälter, der die Spermien enthält, eine sog. Spermatophore auf dem Boden fest und führt das Weibchen über die Spermatophore, das sie mit ihrer auf der Bauchseite gelegenen Geschlechtsöffnung aufnimmt. Eine über die Paarung hinaus gehende Paarbindung besteht nicht.
Während der Trächtigkeit nimmt das Weibchen erheblich an Umfang zu. Anders als z. B. Krebse, die einen rundum geschlossenen Panzer besitzen, der sich nicht dehnen kann, ist der Chitinpanzer der Skoprione an den Flanken weich und dehnbar, so dass nach einer ausgiebigen Mahlzeit oder auch während der Schwangerschaft ein Skorpion deutlich runder als zuvor aussieht. Die Jungen werden lebend geboren und sind schon ziemlich groß. Im hier fotografierten Fall waren es 27 Stück. Sie sind zunächst schneeweiß und sehen den Erwachsenen nicht sehr ähnlich. Die Kinder versammeln sich auf dem Rücken der Mama und zehren hier von ihren Dottervorräten. Bis zur ersten Häutung nehmen sie keine externe Nahrung auf. Nach der ersten Häutung sind sie immer noch weiß, aber bereits Minaturskorpione. Bei den meisten Skorpionsarten erlischt nun der Brutpflegetrieb, die Jungen verlassen Mutters Rücken und verstreuen sich in der Umgebung. Oft entwickelt Mama sogar kannibalische Gelüste und verzehrt ihren Nachwuchs.
Nicht so bei Heterometrus cf. cimrmani. Die Brut bleibt geschlossen bei dem Muttertier. Bis zur zweiten Häutung suchen sie nach wie vor den Rücken der Mutter auf, die den noch weichen und kleinen Skopionen sogar größere Beutetiere erlegt und zerkleinert, so dass die Jungen daran fressen können. Nach der zweiten Häutung sind die Jungtiere hell beige gefärbt. Nun ist mit dem Rücken der Mutter endgültig Schluss, doch unter ihr verkriechen sich die Kleinen immer noch gerne. Obwohl die Mutter in dem hier geschilderten Fall 4 Monate ihre Jungen um sich duldete und sie nicht fraß, dezimierten sich die Jungen untereinander jedoch ab der vierten Häutung beträchtlich. Es bedarf noch weiterer intensiver Beobachtungen, um zu erforschen, ob der Geschwisterkannibalismus nur Folge von einem zu geringen Nahrungsangebot war, oder regelmäßig auftritt.
Alles in allem sind Skorpione der Gattung Heterometrus faszinierende Terrarientiere, an denen es noch viel zu beobachten und zu erforschen gibt.
Frank Schäfer
Literatur:
Kovařík, F. (2004): A review of the genus Heterometrus Ehrenberg, 1828, with descriptions of seven new species (Scorpiones, Scorpionidae). Euscorpius, 2004 (15), 1-60.
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Guten Tag, Herr Schäfer,
Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel. Für meinen Sohn habe ich zwei Skorpione aus Thailand erstanden, den Fotos nach Heterometri. Am darauffolgenden Morgen war einer der Beiden tot, der Panzer eröffnet. Ganz so friedlich sind die nicht nach meinen Erfahrungen:-). Das Terrarium ist 30×30 cm mit artgerechter Einrichtung. Was Sie ihrem Artikel noch hinzufügen könnten ist, daß die Tiere im Schwarzlicht intensiv blaugrün leuchten. Sieht toll aus. Wenn es denn die Skorpionart ist wie gedacht und gekauft.
Mit freundlichen Grüßen
Dr F.-J. Heimann