Kinixys belliana – eine wunderbare Landschildkröte

Während die rund um das Mittelmeer verbreiteten Landschildkröten der Gattung Testudo sich ungebrochener Beliebtheit erfreuen und in großen Stückzahlen für die Terraristik nachgezüchtet werden, sind die im tropischen Afrika mit sechs Arten weit verbreiteten Gelenk-Landschildkröten der Gattung Kinixys als langweilig und schwierig verschrien. Ja, man rät geradezu von ihrer Pflege ab!

Dabei sind es eigentlich ideale Terrarien-Landschildkröten, denn sie sind ver­gleichs­weise ruhig und bleiben klein, stellen also keine hohen Platzansprüche, ganz anders als die meisten anderen Landschildkröten. Hinzu kommen ihre wunderschönen, dunklen, mandelförmigen Augen – ein Traum!

Kinixys haben ein Gelenk im hinteren Rückenpanzerbereich, das es ihnen erlaubt den Rückenpanzen nach unten zu klappen, was den Hinterleib praktisch unangreifbar macht. Panzerscharniere haben eine ganz Menge Schildkröten entwickelt, die ver­wandtschaftlich einander nicht nahe­stehen. Aber bei den anderen “Dosen­schildkröten” ist es der Bauchpanzer, der über Scharniere verfügt. Der ungewöhnliche Scharnier­mecha­nismus bei Kinixys erklärt sich, wenn man die Tiere im Terrarium beobachtet. Denn sie kriechen stets mit dem Kopf voran in ein Versteck. Der steil abfallende Rücken­panzer – ein weiteres gattungs­typisches Merkmal – verschließt die Versteck­höhle des Tieres perfekt und das Zuklappen des Panzers schützt die verletz­baren Hinter­beine.

Männchen aus Togo (K. b. nogueyi)

Die Notwendigkeit, rückwärts aus dem Versteck zu kriechen erklärt vielleicht auch, warum Kinixys einen so einzigartigen “Zehen­­spitzengang” entwickelt hat, der so ganz anders aussieht als das bei Land­schildkröten Gewohnte.

Weibchen aus Togo (K. b. nogueyi)

Kinixys belliana kommt in einigen Unterarten – heutzutage werden sie auch oft als eigenständige Arten gesehen – in einem breiten Verbreitungsstreifen in Afrika vor, der sich von der Westküste bis zur Ostküste des Kontinents erstreckt. Ihr Lebens­raum ist die wechselfeuchte Steppe mit lockeren Baum- und Buschbeständen. Aktiv ist K. belliana nur bei relativ hoher Luftfeuchtigkeit und Temperaturen von 25-30°C (unter dem Strahler bis 45°C). Im Terrarium muss man deshalb regelmäßig sprühen, sonst gehen die Tiere nicht ans Futter, sondern verstecken sich, wie sie es in der Natur bei Trockenheit auch täten.


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Eine Gruppenhaltung ist möglich und empfehlenswert, aber pro Gruppe darf man dauerhaft nur ein geschlechtsreifes Männchen pflegen; unten im Bild zwei Männchen beim Kommentkampf (rammen, beißen und stoßen), oben schaut ein Weibchen zu. Solche Zusammenkünfte können zur Zucht notwendig sein, dürfen aber nur kontrolliert durchgeführt werden und müssen zeitlich begrenzt sein, sonst kann es zu Todesfällen durch Distress bei unterlegenen Männchen kommen.

Wie die meisten Landschildkröten ist K. belliana, die Maximal­größe liegt übrigens bei etwa 22 cm Panzerlänge (Stockmaß), hauptsächlich Vegetarier, doch ist sie einem saftigen Regen­wurm, etwas Aas oder dergleichen gelegentlich durchaus nicht abgeneigt – jedenfalls ist das die allgemeine Lehrmeinung. Neuere Feldforschungen ergeben jedoch ein anderes Bild. Demnach sind auch die steppenbewohnenden Kinixys-Arten hauptsächlich Pilz- und Insektenfresser mit einem hohen Anteil an Aas im Futter! Bislang dachte man, diese Nahrungsspezialisierung beschränke sich auf die Regenwaldarten (K. homeana, K. erosa), aber auch K. spekii (eine Art, die lange Zeit als Unterart von K. belliana galt) frönt ihr. Man glaubt, dass Kinixys als Spezialisierung Chitinase besitzen, ein Enzym, das in der Lage ist, Chitin zu spalten, woraus sämtliche Insektenpanzer bestehen. Das Fressen von Pilzen – auch sie sind schwer verdaulich – ist ebenfalls schwer erklärbar; wie unterscheiden die Schildkröten giftige von ungiftigen Pilzen? Oder sind sie immun gegen Pilzgifte? Man weiß nichts darüber, aber diese Nahrungsspezialisierung kann zumindest die bisherigen schlechten Pflegerfahrungen mit diesen Schildkröten erklären. Denn wer einen solchen Nahrungsspezialisten mit dem üblichen Grünzeug, das man Landschildkröten sonst reicht, füttert, wird eine Bauchlandung machen. Süßes, sehr reifes Obst, vor allem Bananen, sind von den vegetarischen Futtermitteln noch am ehesten zu empfehlen.

Die Paarung von Kinixys belliana ist landschildkrötentypisch.

Wie fast alle Landschildkröten (eine berühmte Ausnahme sind die Riesenschildkröten der Galapagos-Inseln und der Seychellen) leben Kinixys belliana in der Natur einzeln und treffen nur zur Fortpflanzungszeit zusammen. Wie sie das machen, ist unbekannt, aber man hüte sich davor, mehrere geschlechtsreife Männchen im Terrarium zu vergesellschaften, das gibt Mord und Totschlag. Eine paarweise Haltung oder in Herden von einem Männchen und mehreren Weibchen ist aber möglich.

Weibchen (das untere Tier) bei der Eiablage

Hoffen wir, dass die neueren Erkenntnisse zur Ernährung von Kinixys-Arten dazu führen, dass diese wunderschönen Schildkröten bald genauso regelmäßig nachgezüchtet werden können, wie ihre europäischen Verwandten. Denn leider wird der Lebensraum in Afrika immer knapper und die Tiere werden werden außerdem in großen Mengen als „bushmeat“ für den Verzehr gesammelt.

Frank Schäfer

Der Pyramiden-Kofferfisch Den Pharaonen ein Vorbild

Die Formen- und Farbenvielfalt der Natur ist schier unerschöpflich und so manches Bauwerk, das wir voller Respekt bewundern, hat in der Natur schon längst eine Kreatur umgesetzt. Was hätten die alten Ägypter wohl gesagt, wenn sie den Pyramiden-Kofferfisch Tetrosomus gibbosus gesehen hätten? Gibt es doch tatsächlich ein Abbild der gewaltigen Totenstätten ihrer Pharaonen in den Korallenriffen des Roten Meeres, Indonesiens, den Philippinen und Teilen des australischen Barriere Riffs.

Etwa 5 cm langes Jungtier des Pyramiden-Kofferfisches.

Der Pyramiden-Kofferfisch ist die einzige der bis dato vier beschrie­benen Arten in dieser Gattung, der regel­mäßig eingeführt wird. Mit einer Länge von bis zu 30 cm ist er für große Aquarien ge­eignet.
Da er in den ersten Wochen nicht ganz ein­fach an das Leben im Aquarium zu gewöh­nen ist, ist die Art dem erfahrenen Pfleger vorbehalten. Neben Hauterkrankungen ist es anfangs die oft zögerliche Nahrungsauf­nahme, die einem zu schaffen macht.

Die Strömung ist ein weiteres Kriterium das Schwierigkeiten bereitet. Die heutigen Riffaquarien sind oft mit einer starken Wasser­umwälzung ausgestattet, was den Kofferfisch zu einem Spielball der Wasser­bewegung werden lässt.

Man beachte die Stacheln am Bauch des Tieres.

Wer sich Kofferfische genauer betrachtet, wird schnell feststellen, dass ihr Außenskelett einem Panzer gleich kommt. Der Körper der Kofferfische ist von verwachsenen, sechs­eckigen Knochenplatten bedeckt. Lediglich Öffnungen für Flossen, Schwanz, Kiemen, Augen, Maul und Ausscheidungsorganen unterbrechen den Panzer. Dennoch ist die Konstruktion in sich geschlossen, denn alle genannten Organe sind über ein Häutchen mit dem Panzer verwachsen. Dieses schließt die Kiemendeckel ein, was sie damit unbe­weglich macht.

Damit das Wasser die Kiemen dennoch durchströmt, muss stattdessen der Mund­höhlenboden für den Wasserstrom durch die Kiemenbögen sorgen.
Viele Kofferfische tragen zusätzlich zum Panzer Auswüchse, die an Hörnchen (z. B. Lactoria cornuta) oder Zacken (z. B. Tetro­somus gibbosus) erinnern. Damit wirken Kofferfische plump. Ihre Manövrierfähigkeit jedoch ist gewaltig und kann mit jedem hochmodernen Hubschrauber konkurrieren. Durch den kantigen Körper entstehen kleine Wirbel, die den Kofferfisch lagestabiler machen, als jeden anderen Fisch. Der stromlinienförmige Körperbau kann sich sehr energiesparend durch das Korallenriff bewegen. Bei Experimenten mit Modellen, die der Morphologie des Kofferfisches nachempfunden wurden, ließ sich ein cw-Wert (Strömungswiderstandskoeffizient) von 0,06 messen.


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Die Schwanzflosse sitzt an einem beweglichen Schwanzstiel und kann umgeklappt werden.

Kofferfische produzieren ein potentes Gift, das als Pahutoxin (früher: Ostracitoxin) bekannt ist. Es wird unter Stress abgegeben.
Pahutoxin ist ein Nervengift, das auf die Nervenenden wirkt. Dies hat eine Lähmung des Muskelapparates zur Folge. Der Vergif­tete erstickt.
Kofferfische sind gegen ihr eigenes Gift unempfindlich.
Die Ursache liegt in dem Wirkungsort des Pahutoxins, das an jene Rezeptoren bindet, die von einer ganzen Reihe von Zellen, aus denen die Kiemen aufgebaut sind, präsent sind. Den Kofferfischen fehlen diese Rezeptoren.

Giftigkeit und ihre Folgen

Die Kofferfische (Ostraciidae) sind nicht die einzigen Giftfische in ihrer Verwandtschaft. Denn sie gehören in die Ordung der Tetraodontiformes, zu der u.a. auch die Drücker-, Kugel- und Igelfische gehören. Und diese Fische sind ebenfalls hochgiftig, jedenfalls wenn man sie verzehrt. Sie besitzen nämlich das Gift Tetrodotoxin, ein extrem starkes Nervengift, das Atemlähmung verursacht. Auch die Kofferfische besitzen dieses Gift in den inneren Organen.

Berühmt wurde das Tetrodotoxin, da manche Kugelfische (Fugu) in Japan als besondere Delika­tesse gelten. Es ist dabei weniger der Geschmack, sondern eher die schwache Vergiftung und die dadurch ausgelöste Erregung, die den besonderen Genuss ausmacht. Diesen Genuss bezahlen trotz einer mehrjährigen Ausbildung, die ein Koch machen muss, um Fugu anbieten zu dürfen, jedes Jahr einige Menschen mit dem Leben. Sicher ist es der Schutz durch ihr Gift, der die Kugel- und Kofferfische so relativ furchtlos macht und ihre Pflege darum so besonders reizvoll.

Wie ein kleines UFO schwebt der Kofferfisch durch das Wasser.

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Die Frage ist berechtigt: Eignen sich Kofferfische für eine Pflege im Riffaquarium?

Während man sich darüber einig ist, dass Kofferfische alleine zu transportieren und in einem eigenen Behältnis an das Aquarien­wasser zu gewöhnen sind, scheiden sich die Geister bezüglich des Gefahrenpotenzials.
Geht man aber davon aus, dass circa 2.87 µM Pahutoxin ausreicht, um den Tod zu bringen, bleibt zumindest beim Gedanken daran ein mulmiges Gefühl bei der Pflege von Kofferfischen im Aquarium.

Joachim Frische

Zitronengrundeln – Kleine Kobolde aus Sulawesi

Die Insel Sulawesi (früher Celebes) in Indonesien ist ein Zentrum der Artenvielfalt, oder, wie man auf Neudeutsch sagt, ein Hotspot der Biodiversität. Durch die Meeresstraße von Makassar verläuft die berühmte Wallace-Linie, die eine Trennungslinie zweier tiergeo­gra­fischer Regionen darstellt: westlich der Wallace-Linie gehören Pflanzen und Tiere zur asiatischen Lebewelt, östlich davon zur australischen.

Männchen der Zitronengrundel, Mugilogobius rexi.

Die Zitronengrundel (Mugilogobius rexi) wurde erst 2001 wissenschaftlich be­schrieben. Die Gattung Mugilogobius um­fasst derzeit 32 Arten. Keine Art wird länger als 15 cm, die allermeisten bleiben er­heb­lich kleiner. Die Gattung ist weit im West-Pazifik ver­breitet, man findet sie von Afrika bis nach Ozeanien. Viele Arten sind Brack­wasserfische mit einem marinen Larven­stadium, was die weite Verbreitung erklärt.

Die kleine, gelbe Mugilogobius rexi ist anders als die meisten ihrer Verwandten ein Frei­was­ser­bewohner. Die Maximallänge beträgt etwa 4-5 cm. Die territorialen Männ­chen werden schön gelb, man erkennt sie außerdem an den vergrößerten Flossen, die dunkle Bänder aufweisen. Die Weibchen sind schlicht gefärbt, ihre Flossen nicht vergrößert und durchsichtig.

Die Weibchen sind schlichter gefärbt.

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Die Art kommt nur auf Sulawesi und dort nur in den Seen Towuti und Mahalona vor. Das Wasser ist dort warm (29°C und mehr), sehr sauber und leicht alkalisch (pH um 7,5). Der Leitwert beträgt etwa 225 µS/cm.
Die niedlichen Fische haben im Aquarium schon wiederholt abgelaicht. Das kreisrunde Gelege wird offen, bevorzugt an senkrechten Flächen abgesetzt. Über eine gelungene Aufzucht wurde bislang m.W. nicht berichtet.

Die Pflege der Zitronengrundel erfolgt am besten paarweise. Trotz der geringen Größe der Fische sollte das Aquarium nicht zu klein sein, denn die kleinen Kerle können recht energisch werden.

Flockenfutter nimmt Mugilogobius rexi nur selten an. Frost- und kleines Lebendfutter aller Art wird jedoch gerne gefressen, so dass die Ernährung kein Problem darstellt.

Frank Schäfer

Wilde Killis aus Peru

Der Name “Killifisch” für die Eierlegenden Zahnkarpfen hat sich weltweit durchgesetzt. Er klingt für den Uneingeweihten etwas brutal, hat jedoch mit dem Wort “Killer” nichts zu tun. Der Name Killifische entstand in der Umgebung von New York und wurde dort für die Art Fundulus heteroclitus macrolepidotus verwendet.

Fundulus heteroclitus wird in der Umgebung von New York als „Killifish“ bezeichnet und ist Namenspatron für alle Eierlegenden Zahnkarpfen geworden. Photo:Lothar Seegers

Die erste Erwähnung des Namens „Killifisch“ in der Literatur datiert auf das Jahr 1788, als D. J. Schoepf in der Zeitschrift “Schriften der Berlinischen Gesellschaft naturforschender Freunde” den Aufsatz “Beschreibungen einiger Nord-Amerikanischer Fische, vor­züglich aus den Neu-Yorkischen Gewässern” veröffentlichte. Dort verzeichnet er als den ortsüblichen Gebrauchsnamen für den oben genannten Fundulus als “Killfish” , erklärt ihn jedoch nicht. Es gibt zwei Erklärungen für die Herkunft des Namens: die gebräuchliste ist, dass sich das Wort Killifisch von den holländischen Wort “kill” für “Fluss” und “Fisch” ableitet, also “Flussfisch” bedeutet. Allerdings lebt dieser Fundulus kaum in Flüssen; daher mag auch die zweite Wort­herleitung zu­treffend sein, wonach der Ausdruck “killing bait” für einen besonders effektiven Angel­köder benutzt wird. Bis heute wird Fundulus heteroclitus in der Umgebung von New York als Köderfisch benutzt. Mag dem sein, wie es will: der Name Killifisch bezeichnet in kein­ster Weise das Verhalten dieser wunder­vollen Tiere im Aquarium!

Männchen von Aphyolebias schleseri
Weibchen von Aphyolebias schleseri

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Wildfang oder Nachzucht?
Nur von wenigen Fischgruppen gibt es derartig viele Aquarienpopulationen, die auf höchstem (auch wissenschaftlich anspruchs­vollen) Niveau gezüchtet werden, wie bei den Killifischen. Theoretisch ist man für das Hobby darum nicht auf Importe ange­wiesen. Trotzdem ist es sehr zu begrüßen, dass Aquarium Glaser eine ganze Reihe von verschiedenen Killifischarten aus Peru als Wildfang importieren konnte. Denn wenngleich Inzucht bei Aquarienfischen gewöhnlich kein nennenswertes Problem darstellt (die hohe Nachkommenrate von Fischen erlaubt es immer, durch sorgfältige Selektion eventuelle vererbbare Schäden in der Zuchtlinie zu eliminieren), gehen doch die meisten Aquarienstämme auf nur ganz wenige Ursprungsexemplare zurück. Das bedeutet, dass über die natürlich exis­tierende innerartliche Variantionsbreite oft nur wenig bekannt ist. Importe vergleichs­weise zahlreicher Exemplare (50-200 Tiere) schließen diese Wissenlücke und helfen so, die Biologie solcher Arten zu verstehen. Die Entnahme von Fischen zur Lebend­haltung stellt aus natur- und artenschützerischer Sicht kein Problem dar, man braucht also wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man Wildfänge erwirbt.

Aphyolebias peruensis, Männchen
Aphyolebias peruensis, Weibchen

Saisonfische und Lebenskünstler
Alle hier vorgestellten Arten leben in der Natur unter extremen Bedingungen. Da wären zum Einen die klassischen Saison­fische, zu denen Aphyolebias schleseri, Austrolebias peruensis und Moema cf. piriana gehören. Als Saisonfische bezeichnet man Killifische, die in der Natur periodisch austrocknende Ge­wässer besiedeln können. Ihr gemeinsames Merkmal ist die Fähigkeit, unglaublich schnell zu wachsen; vom Schlupf bis zum geschlechtsreifen Tier vergehen nur wenige Wochen. Dabei wird z. B. Moema cf. piriana gut und gerne 15 cm lang! Andere, wie Aphyolebias schleseri, erreichen aber kaum 5 cm Länge. Vom Zeitpunkt des Eintritts der Geschlechtsreife paaren sich die Tiere täglich. Die hier vorgestellten Arten sind Bodentaucher, d. h. das laichende Paar taucht vollständig in den Boden des Gewässers ab und legt unterirdisch seine Eier.
In der Natur beträgt die Lebensdauer solcher Tiere meist nur wenige Monate. Dann trocknet ihr Wohngewässer aus und sie müssen sterben. Nur die Eier überdauern im Boden und kommen viele Monate später beim nächsten Regen zum Schlupf. Im Aquarium leben die Tiere erheblich länger.

Moema cf. piriana sind große, prächtige Bodentaucher. Männchen.
Weibchen von Moema cf. piriana

Rivulus, die Grashüpfer
Ganz anders die Strategie der Rivulus-Arten und ihrer engen Verwandten. Diese schlankenTiere haben den Landgang erlernt. Bei feuchter Witterung springen sie aus dem Wasser und kleben sich an feuchte Landpflanzen an. So vermindern sie deutlich den Fressdruck durch Raubfische und können gleichzeigt Gewässer besiedeln, die diesen Namen eigentlich kaum verdienen, wie nasse Wiesen, in denen einige kleine Pfützen stehen. Diese Tiere leben erheblich länger als ihre Kollegen, die Saisonfische. Rivulus sind Haftlaicher, die ihre Eier an Pflanzen, in feinen Wurzeln etc. absetzen. Die Eier entwickeln sich meist binnen 2-3 Woch­en. Da Rivulus besonders gern Mos­kito-Lar­ven fressen sind sie für bio­logischen Müc­ken­bekämpfung sehr interessante Fische.


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Laimosemion (früher: Rivulus) rectocaudatum, Männchen
Laimosemion (früher: Rivulus) rectocaudatum, Weibchen
Anablepsoides (früher: Rivulus) ornatus, eine Zwergart. Männchen
Weibchen von Anablepsoides ornatus

Frank Schäfer

Hyperolius riggenbachi Sowas von bunt!

Die Riedfrösche (Hyperolius) sind mit 128 derzeit anerkannten Arten in Afrika südlich der Sahara verbreitet. Diese Formenfülle allein macht schon neugierig, aber Hyperolius setzen noch einen drauf: es gibt von allen Arten mindestens zwei Farbformen, von vielen auch etliche mehr. Oft genug sehen sich Männchen und Weibchen nicht einmal ähnlich! Hierher gehört auch der fantastische Hyperolius riggenbachi.

Hyperolius riggenbachi, Weibchen

Man unter­scheidet bei Hyperolius zwischen zwei generellen Farb­phasen und zusätzlichen Morphen. Der Unterschied zwischen Phasen und Morphen liegt darin, dass sich eine Phase im Laufe des individuellen Lebens verändern kann, während eine Morphe lebenslang konstant bleibt.
Farbphasen

Hyperolius riggenbachi, Weibchen


Alle Hyperolius zeigen unmittelbar nach der Metamorphose von der Kaulquappe zum Frosch die Farbphase “J”, wobei der Buch­stabe “J” für “juvenil”, also jugendlich, steht. Die meisten Männchen behalten zeitlebens diese Farbphase J, während sich alle Weib­chen und einige wenige Männchen mit dem Eintritt der sexuellen Reife in die Farbphase “F” (für „fertil“, also geschlechtsreif) umfärben.

Hyperolius riggenbachi, Männchen. Sie bleiben mit etwa 3 cm Länge kleiner als die Weibchen.

Morphen oder Unterarten?
Innerhalb einer Population können zu­sätzlich zu den bei allen Arten auf­tre­tenden Phasen noch Morphen auftreten, die, wenn sich die Frösche einmal umgefärbt haben, auch beibehalten werden. So gibt es be­sonders in der Phase F Individuen, die deut­lich unterschiedlich aussehen. Von H. riggenbachi wurden zwei Unterarten be­schrie­ben, die Nominatform und H. r. hieroglyphicus. Der Unterschied zwischen den beiden besteht darin, dass H. r. riggenbachi in Phase F dreifarbig ist, sich das komplizierte Rückenmuster aus rot, schwarz und weiß zusammensetzt, während H. r. hieroglyphicus in Phase F zweifarbig ist, also das Rückenmuster nur aus schwarz und weiß gebildet wird. Heute neigt man dazu, die beiden nicht als Unterarten zu unter­scheiden, sondern nur als Morphen, denn zum Einen sind die Phasen J bei ihnen nicht zu unterscheiden und zweitens liegt das Verbreitungsgebiet von H. r. riggenbachi mitten in dem von H. r. hieroglyphicus. Die Photos zeigen alle die hieroglyphicus-Morphe. Verbreitet ist die Art im Hochland des westlichen Kameruns und des an­grenzenden Nigerias.


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Weibchen erreichen eine Länge von etwa 4 cm.

Zucht
Diese Hyperolius-Art legt ihre Eier an Land in unmittelbarer Wassernähe ab. Nach dem Schlupf schlängeln sich die Kaulquappen ins Wasser. Da in den Importen die Männchen sehr überwiegen (sie bilden Rufgemein­schaften und können so leicht in größeren Mengen gesammelt werden), werden sie für den Zoofachhandel heute auch gezüchtet angeboten.

Frank Schäfer

LPS aus Australien

Hinter dem Kürzel LPS verbirgt sich der Begriff Large Polyp Stony Coral oder auch Large Polyped Scleractinian – beides bedeutet einfach großpolypige Steinkoralle. Da die entsprechende deutsche Abkürzung GPS aber allgemein für das Global Position System gebraucht wird und sich darum niemand ein GPS ins Aquarium setzen will, haben sich unter den deutschen Meer­wasser­freunden die Anglizismen LPS und SPS (letzteres für die kleinpolypigen Arten, englisch small = klein) fest eingebürgert. Einige wunderschöne Arten der LPS werden aus Australien importiert.

Scolymia australis
Scolymia australis
Euphyllia ancora

Man kann es gar nicht oft genug sagen: noch vor 30 Jahren galt die erfolgreiche Haltung von Steinkorallen im Aquarium als nahezu unmöglich und heutzutage züchten wir sie sogar im privaten Aquarium! Den wesentlichen Durchbruch brachten dabei technische Hilfsmittel. Vor allem Strömungspumpen sind heute sehr leistungsstark, dabei aber energiesparend und mit geringer Abwärmentwicklung. Auch die Lampenentwicklung ermöglicht die Korallenhaltung, denn Steinkorallen leben in Symbiose mit Algen. Diese Algen haben übrigens einen erheblichen Anteil an der Farbigkeit der Tiere. Und diese Algen brauchen Licht in bestimmter Stärke und Zusammensetzung, um zu überleben und die Koralle zu ernähren. Den wahren Durchbruch brachte aber die Umkehr­os­mose, die es erlaubt, praktisch destilliertes Wasser kostengünstig selbst herzustellen. Denn der Anteil an Phosphaten und Nitraten in unserem Trinkwasser ist so hoch, dass das Trinkwasser nicht zur Herstellung von Meerwasser genutzt werden kann, wenn darin Steinkorallen gepflegt werden sollen.


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Euphyllia ancora
Catalaphyllia jardinei

LPS mögen es gar nicht so hell

Im Unterschied zu vielen kleinpolypigen Steinkorallen, leben viele großpolypige Ar­ten in etwas tieferem Wasser, etwa um 10-20 Meter Wassertiefe. Dort ist es immer noch sehr hell, denn das Wasser in Korallenriffen ist äußerst nährstoff- und schwebstoffarm und somit klar, doch das Wasser filtert das Licht. In Tiefen ab 10 m sind zwar noch alle sicht­baren Lichtfarben vorhanden, jedoch ist bereits eine Verschiebung zum Blau deutlich spürbar. Außerdem kommt weniger als 10% der an der Wasseroberfläche einstrahlenden Lichtmenge hier noch an. In einem Aquari­um, dessen Beleuchtungskapazität für licht­hungrige kleinpolypige Steinkorallen ausge­legt ist, muss man großpolypige Steinkoral­len darum an etwas schattiger Stelle unter­bringen. Analoges gilt für die Strömung. In dieser Wassertiefe sind die Verwirbelungen, die nahe der Wasseroberfläche herrschen und an die zahlreiche Riffbildner angepasst sein müssen, bei weitem nicht mehr so heftig. Man sollte also LPS nicht direkt mit einer Strömungspumpe anstrahlen, das vertragen sie nur schlecht.

Catalaphyllia jardinei
Euphyllia ancora

Große Polypen – großer Hunger?

Unter Meerwasseraquarianern wird heftig und kontrovers diskutiert, ob, und wenn ja, wie LPS gefüttert werden sollen. Tagsüber bleiben die Polypen einiger Arten geschlos­sen, da in der Natur die Planktondichte nachts erheblich zunimmt. Als passive Fresser, die ihre Nahrung nicht verfolgen können, müssen Korallen mit dem Vorlieb nehmen, was von allein in ihre Arme treibt. Tagsüber sind viele Fressfeinde der Korallen (z.B. Falterfische) unterwegs, da ist es sicherer und besser, die Polypen erst nachts zu entfalten, ein Verhalten, das diese Arten auch im Aquarium beibehalten. Wie bereits gesagt, es besteht keine Einigkeit unter den Praktikern, welche Pflegemethode optimal ist. Die einen haben hervorragende Erfolge in extrem nährstoffarmem Wasser (Phosphat nicht nachweisbar, Nitrat unter 3 mg/l), anderen sterben die großpolypigen Steinkorallen unter solchen Bedingungen schnell ab. Hingegen werden immer wieder gute Erfolge in etwas nährstoffreicherem Wasser und abwechslungsreicher Fisch­fütterung beschrieben. Dabei fällt vom Futter für die Fische immer auch allerlei für die Korallen ab. Es ist wohl kein Zufall, dass in Aquarien, in denen täglich häufiger in kleinen Portionen gefüttert wird und das Fut­ter möglichst abwechslungsreich ist, nicht nur die Fische prächtig gedeihen, sondern auch die großpolypigen Steinkorallen.

Catalaphyllia jardinei
Fungia sp.

Welches Futter?

Manches sagt sich leichter, als es sich tut und niemandem nutzt graue Theorie. Es ist nun einmal so, dass die Meeresaquaristik für die meisten Menschen ein Hobby ist und nicht der Lebensmittelpunkt. Es ist ein durch und durch sinnvolles Hobby, muss aber vom Zeitaufwand vertretbar bleiben. Berufs­tätigen sei darum geraten, morgens und abends Frostfutter zu reichen – es eignen sich sämtliche im Handel befindlichen Sorten – und einen Futterautomaten zu installieren, der über den Tag verteilt 2-3 mal Trocken­futter (Flocken oder Granulat) spendet. Dabei darf pro Fütterung nicht mehr Futter gereicht werden, als in ca. 5 Minuten restlos aufgefressen wird. Man probiert das am Besten am Wochenende aus. Damit kommt man den Bedürfnissen von sehr vielen im Riffaquarium gepflegten Arten ideal ent­gegen. Eine perfekte Gesellschaft für die LPS sind z. B. Fahnenbarsche, denn die sind planktivor, fressen also nur Plankton und lassen die festgewachsenen (= sessilen) Wirbellosen völlig in Ruhe. Und auch die Fahnenbarsche gedeihen am besten, wenn mehrmals täglich gefüttert wird. Zudem mögen es auch die Fahnenbarsche nicht übermäßig hell. Eine ideale Kombination also! Über Fahnenbarsche gibt es hier einen Blog. Und dort gibt es auch Tipps für den richtigen Umgang mit Trockenfutter und Futterautomaten, denn hier werden häufig aus Unwissenheit schwere Fehler begangen.


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Heliofungia actiniformis
Euphyllia sp.

Alles in allem sind die aus Australien importieren großpolypigen Steinkorallen eine ganz wunder­volle Bereicherung für die Riff­aqua­ristik. Ihr vergleichsweise geringer Lichtbe­darf macht sie zudem sehr zeitgemäß, denn die Stromkosten, die für ein hell erleuchtetes Riffaquarium anfallen, sind nicht unerheb­lich. 

Frank Schäfer

Nicht aus „dem Netz“ – aus dem wirklichen Leben…

Kein Mensch glaubt mehr an Hexen. Moderne Zeiten brauchen modernen zeitgeistigen Aberglauben. Die Idee man könne die wesentlichen Antworten „im Netz“ finden zählt dazu. Denn diese findet man im richtigen Leben dort, wo sich Leute treffen, welche solche Antworten erarbeitet haben. Man muss nur hingehen. Wenn dort steht „Gäste sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei!“ kann nichts schiefgehen. Man muss es nur einfach mal ausprobieren. Zwei interessante Veranstaltungen gab es im Kreis der DKG soeben. Das ist die Deutsche Killifisch Gesellschaft, die in Regionalgruppen organisiert ist. https://www.killi.org/

In Trebur bei Rüsselsheim berichtete Dr. Thomas Litz über „Killis und andere Süßwasserfische Uruguays“ bei der Regionalgruppe Rhein/Main, Leitung Christoph Samborski. Er stellte das rund 400 x 400 km kleine Land am südlichen Rand der Tropen vor sowie die Besonderheiten der besuchten Biotope. Diese sind meist verlandende Tümpel und oft permanent wasserführende Gräben in einer offenen Graslandschaft, die zur Zucht von Rindern genutzt wird. Völlig anders als man sich tropische Fische im Dschungel vorstellt. Das gilt auch für die Temperaturansprüche der diskutierten Fischarten. Sie benötigen in der Regel eine Winterpause.

Das ist die Typenlokalität von Cynolebias nioni, ebenfalls findet man dort Austrolebias arachan und Austrolebias juanlangi. An weiteren Tieren: Characidium rachovii, weitere unbestimmte Salmler, Kaulquappen von Pseudis minutus und Hyla pulchella. Photo: Thomas Litz.

Die Fischfauna permanenter Gewässer kam nicht zu kurz. So kam der Berichterstatter zu unerwarteten Informationen über kleine Welse, von deren Existenz er von alleine nichts gewusst hätte (Otothrys, Hisonotus). Bei einem Teilnehmerkreis von rund 20 Anwesenden ist die Atmosphäre entspannt familiär. Zwischenfragen zu stellen ist da leicht möglich. Da der Referent im Laufe von Jahrzehnten oft in Uruguay unterwegs war lassen sich auch Fragen beantworten, die ein Zuhörer hat, der vielleicht selber einmal dort hinreisen möchte.

Im etwas größeren Rahmen geht das auch. Die DKG Regionalgruppe Stuttgart, Leitung Klaus Umfahrer, lud ein zu einem Vortrag von Roland Wendel: „Killifischgärten – Gartenteiche im Dienste der Killifische“. Er fand in einem Vortragsaal in Plochingen bei Stuttgart statt. Rund 40 Teilnehmer waren erschienen, dem Augenschein nach 8 Gäste „U 40“. Roland Wendel hat die vorgestellten nordamerikanischen Killifische auf zahlreichen Reisen vor Ort studiert und zeigte auf, wie man diese im Garten halten und überwintern kann, wobei auch die Ausnahmen benannt wurden, die im Winter kühl, aber frostfrei gehalten werden müssen. Er richtete das Augenmerk auf Dinge, auf die ein motivierter Anfänger, der das auch einmal probieren möchte, wohl nie von selber gekommen wäre.

Photo: Roland Wendel

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Es gibt zwei Wege Killifische im Freiland zu halten. Das sind einmal große Maurerkübel, rund 100 x 70 x 40 cm, welche im Frühjahr draußen aufgestellt und eingerichtet werden. Gräbt man sie ein, gibt es Schutz gegen zu hohe Sommertemperaturen.

Oder man richtet größere permanente Gartenteiche ein. Die sind aber alle 2-3 Jahre zu leeren, weil sich, wer hätte das gedacht, zu viele Predatoren einfinden. Eisvögel und Ringelnattern sind erfolgreich, aber nur temporär da, Libellenlarven und die Larven großer Wasserkäfer (Gelbbrandkäfer) aber laufend. Interessanterweise kann man Killifsche und Sonnenbarsche zusammen halten, wobei die letzteren diese Predatoren gut kontrollieren, ohne selber den Killifischen zu stark nachzustellen. Es kommen in jedem Sommer zahlreiche Nachkommen hoch. Algen sind in diesem Fall hilfreich. Ein Punkt ist dabei aber wesentlich: „Es eignen sich die kleinbleibenden Arten: Enneacanthus gloriosus (Kiemenfleckdiamantbarsch) oder E. chaetodon (Scheibenbarsch). Die großwerdenden Arten wie Lepomis gibbosus (Sonnenbarsch) sind ungeeignet.“ (Roland Wendel)

Besonders Spaß macht es wenn der Praktiker Dinge quasi nebenbei berichtet, die man eben „im Netz“ nicht findet, weil man nicht weiß wo man danach wie fragt. So sind bei Herrn Wendel Aphanius mentoides „Kirk Göz“ in einen kleinen Teich eingewandert, der bis dahin nur Aphanius vladykovi beheimatete.

Aphanius vladykovi Photo: Roland Wendel

Die kleineren A. mentoides „Kirk Göz“ verdrängen dort langsam aber sicher die scheinbar robustere größere Art.

Fundulus lineolatus ist ein Fisch, den Wendel im Winter in einen Kaltraum holt. Die Art ist extrem agressiv untereinander, auch die Weibchen. Es ist daher nahezu unmöglich alle Tiere komplett über den Winter zu bringen.

Interessant auch dass beide Autoren die positive Bedeutung von täglichen Temperaturschwankungen für süd- und für nordamerkanische Killifische betonen. Bei letzteren sind kurzzeitig hohe Wassertemperaturen auch die Voraussetzung für einen guten Schlupferfolg.

So hat sich der Weg dorthin allemal gelohnt und man ist versucht diese Erfahrung des Informationserwerbs ohne Umwege zu vertiefen. Das geht auch – etwa bei einem guten Aquarienverein.

Fortsetzung folgt…

Michael Bischof

Keilfleckbärblinge

Scheinbar hat jeder irgendwann schon einmal Keilfleckbärblinge (Trigonostigma heteromorpha) gepflegt, so groß war und ist immer noch die Popularität dieses wunderschönen Fisches. Doch wer denkt schon darüber nach, dass dieser Fisch in Deutschland oft Keilfleck-Barbe und im englischen Sprachraum „Rote Rasbora“ genannt wird?

Diese schöne Wildfangvariante von Trigonostigma heteromorpha wird von Aquarium Glaser ab und zu importiert. Alle Photos: Frank Schäfer

Dabei sind beide der alternativen Namen nicht leicht nachzuvollziehen und auch wenig diagnostisch. So fehlen dem Keilfleckbärbling Barteln, und das sollte doch eines der deutlichsten Kennzeichen einer „Barbe“ (der Name „Barbe“ bedeutet „der Bärtige“ und spielt auf die Barteln an) sein.

Der zweite Name führt auch nicht weiter, denn der Keilfleckbärbling ist nicht unbedingt stärker rot gefärbt als der nächste Verwandte, Espes Bärbling (Trigonostigma espei) oder kontrastreicher als der Glühlicht-Keilfeckbärbling (Trigonostigma hengeli). Auch der weniger gut bekannte, stark vom Aussterben bedrohte Somphongs Bärbling (Trigonostigma somphongsi), der heutzutage leider kaum im Hobby vertreten ist, kann unter entsprechender Beleuchtung sehr rot sein.

Eine weitere Wildfangvariante des Keilfleckbärblings, Trigonostigma heteromorpha.

Ich persönlich finde zwei der englischen Populärnamen, nämlich „Lammkotelett“ (lamb chop) für T. espei und „Schweinekotelett“ (pork chop) für T. hengeli – sie beziehen sich auf den Keilfleck, der entfernt an die Form eines Koteletts erinnert – besonders amüsant, denn man muss schon ziemlich viel Vorstellungsgabe mitbringen, um hier zwischen Lamm und Schwein zu unterscheiden! Den eigentlichen Keilfleckbärbling hat man nie mit Koteletts in Verbindung gebracht, genauso wenig Somphongs Bärbling, der auch keinen eigentlichen Keilfleck, sondern nur einen Strich in der hinteren Körperhälfte aufweist.

Tiefrote Variante von T. espei, Männchen
Tiefrote Variante von T. espei, Weibchen

Der Keilfleckbärbling ist nicht nur einer der populärsten Aquarienfische überhaupt, sondern gehört auch zu den Dienstältesten. Er kam schon 1906 nach Europa, nur zwei Jahre nachdem die Art von G. DUNCKER entdeckt und als Rasbora heteromorpha in den Mitteilungen aus dem Naturhistorischen (Zoologischen) Museum in Hamburg beschrieben worden war.


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Männchen einer sehr rotrückigen Wildform des Keilfleckbärblings, Trigonostigma heteromorpha.

Der Artname „heteromorpha“ (= „von verschiedener Gestalt“) bezieht sich auf die Hochrückigkeit – verglichen mit den eher stromlinienförmigen Arten, die damals ansonsten in der Gattung Rasbora standen. 1999 gliederten M. KOTTELAT und K. E. WITTE die Keilfleckbärblinge aus Rasbora aus und vergaben für sie den passenden Namen Trigonostigma (= Dreiecksfleck), der sich auf den für drei der Arten so typischen Keilfleck bezieht.

Pärchen (Männchen vorn) des vom Aussterben bedrohten Trigonostigma somphongsi

Man sagt, zu viel Vertrautheit schadet nur, aber für den Keilfleckbärbling trifft dieses Sprichwort nicht zu. Er ist immer noch stark nachgefragt. Dafür gibt es viele Gründe, aber einer davon ist sicher der, dass die Art leicht zu pflegen ist.

Trigonostigma hengeli, der Glühstrich-Keilfleckbärbling

In der Natur, also in Indonesien, Malaysia, Singapur und Thailand, bewohnt der Keilfleckbärbling Waldbäche, die weiches, leicht saures Wasser führen und wo ein dämmeriges Licht herrscht. Aber im Aquarium wird ein recht weiter Bereich von Bedingungen toleriert, was sicher zumindest zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die Art schon so lange kommerziell gezüchtet wird. So kann man einen pH-wert zwischen 5,5 und 7,5, eine Härte zwischen 1 und 12°dH und eine Temperatur zwischen 22 und 28°C für den normalerweise rund 3 cm, maximal bis zu 5 cm langen Fisch wählen. Eine Schwimmpflanzendecke, eine dichte Bepflanzung des Aquariums und ein dunkler Bodengrund sorgen dafür, dass das Tier in seinen schönsten Farben erstrahlt.

Bezüglich des Futters ist der Keilfleckbärbling unproblematisch, eine große Palette möglicher Futtermittel wird akzeptiert; man sollte aber daran denken, dass der Fisch in der Natur Kleintierfresser ist und gelegentlich Frost- und Lebendfutter reichen.

Orangefarbene Variante von Trigonostigma espei

Trigonostigma heteromorpha ist ein friedlicher Schwarmfisch. Darum sollte man niemals Einzelexemplare pflegen. Ein Trupp sollte mindestens aus fünf, besser mehr Exemplaren bestehen. Dann zeigen die Keilfleckbärblinge ein reiches Sozialverhalten, sind nicht scheu und zeigen ihre schönsten Farben.


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Bezüglich des Fortpflanzungsverhaltens haben Keilfleckbärblinge eine faszinierende Strategie entwickelt. Anstatt, wie die meisten Bärblinge, ihre Eier frei in Pflanzen zu verstreuen, laichen Keilfleckbärbling mit dem Bauch nach oben an der Unterseite von Pflanzenblättern ab. Das tun sie auch im Gesellschaftaquarium, jedoch muss man ein Paar zur Zucht in ein separates Aquarium setzen. Nach dem Ablaichen müssen nämlich die Eltern entfernt werden, die ihren Laich sonst verzehren. Bei Temperaturen im oberen Bereich brauchen die Eier 24-48 Stunden, um zu schlüpfen und bis zu einer Woche, um frei zu schwimmen. Dann benötigen sie feinstes Futter zur Aufzucht.

Dieser Wildfang steht in seiner Merkmalsausprägung zwischen Trigonostigma espei und T. hengeli.

Verschiedene Farbformen des Keilfleckbärblings sind im Handel verfügbar, die Blaue und Goldene sind sicher die bekanntesten. 2012 veröffentlichen R. A. Collins et al. (PLoS ONE, 7(1):e28381) eine Studie, nach der die Trigonostigma heteromorpha im Handel eine Anzahl nahezu identisch aussehender, aber verschiedener Arten (kryptische Arten) darstellen. Überraschenderweise wird in dem Artikel der Keilfleckbärbling als Rasbora heteromorpha bezeichnet…

Lexikon Keilfleckbärblinge

Trigonostigma: bedeutet „Dreiecksfleck“
heteromorpha: bedeutet „von verschiedener Gestalt“
Rasbora: nach der bengalischen Bezeichnung für eine der Arten
hengeli: Widmungsname für J. von Hengel, einem holländischen Zierfischimporteur
espei: Widmungsname für H. Espe, einem deutschen Zierfischimporteur
somphongsi: Widmungsname für den thailandischen Zierfisch­exporteur Somphongs

John Dawes

Zebra-Plecos aus Peru: Panqolus changae?

Viele Harnischwelse (Loricariidae) sind sehr variabel gefärbt. Bei einigen Arten der Gattung Hypancistrus ist dieses Phänomen extrem ausgeprägt und betrifft die individuelle Färbung: es gibt bei manchen Arten nicht zwei Individuen, die gleich gefärbt sind. Bei anderen Gattungen scheint die Farbvarianz eher geografisch bedingt zu sein.

Rein zoologisch gesehen gehören die hier vorgestellten, im Juni/Juli 2010 erstmals durch Aquarium Glaser, Rodgau, importierten Arten wohl zu der Art Panaqolus changae. P. changae ist aqua­ristisch gut be­kannt und erhielt bereits ver­schiedene L- und LDA-Nummern (LDA26, L206, L226). Die ersten Tiere kamen Mitte der 1990er Jahre nach Europa, wissenschaftlich beschrieben wurde die Art im Jahr 2002. Es sei hier nochmal daran erinnert, dass L- und LDA-Nummern nicht bedeuten, dass es sich um unterschiedliche Arten handelt, sondern nur, dass es sich um unterschiedlich aus­sehende Tiere handelt. Die Frage, was eine Art und was eine Population ist, ist philo­sophischer Natur und wird in wissen­schaftlichen Kreisen kontrovers diskutiert. Für die Aquaristik ist diese Frage allerdings von untergeordneter Bedeu­tung. Wenn Tiere aus Fluss X rot ge­färbt sind und solche aus Fluss Y gelb, soll­ten wir grundsätzlich nur mit gleich gefärbten Exemplaren aus dem gleichen Herkunfts­gebiet züchten, auch wenn rote und gelbe momen­tan vielleicht zur gleichen Art gerechnet werden.

Panaqolus cf. changae “New Zebra Jutai”
Unter diesem Aspekt sind auch die beiden von Aquarium Glaser importierten Panaqolus zu sehen. Der “New Zebra Jutai” erreichte Aquarium Glaser im Juni 2010. Was die Fundortangabe “Jutai” bedeutet, ist nicht klar, der Rio Jutai liegt in Brasilien, doch diese Tiere stammen sicher aus Peru.

Panaqolus cf. changae „New Jutai“, vermutlich ein Männchen

Der Import enthielt zwei klar unter­scheid­bare Phänotypen: hochrückige Fische mit fast weißer Körpergrundfarbe und flacher gebaute Tiere mit orangefarbener Grund­färbung. Ob es sich dabei um Geschlechts­unterschiede handelt oder ob vielleicht zwei, sehr ähnliche Arten in dem Import vertreten waren, kann derzeit nicht entschieden werden. Jedenfalls waren die Importfische 4-6 cm lang, die Endlänge von P. changae liegt bei etwa 12 cm. Verschiedene Halter berichten, dass die helle Färbung stimmungsbedingt sei (Stressfärbung?) und alle Tiere, wenn sie in einer Gruppe gepflegt werden, eine einheitliche, deutlich dunklere Färbung annehmen. Das kann sein, es ist aber auch möglich, dass die helle Farbe nur in freier Natur gezeigt wird. Sehr viele Harnischwelse ganz unterschiedlicher Verwandtschaftsverhältnisse färben sich im Aquarium schmutzig grau ein, während sie als Frischfänge von leuchtend weißer Grundfärbung sind. Möglicherweise spielen Beleuchtungsverhältnisse und das im Aquarium ja immer klare Wasser (in der Natur oft lehmtrüb mit Sichtweiten von weniger als 20 cm) dabei eine Rolle.

Panaqolus cf. changae „New Jutai“, vermutlich ein Weibchen

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Panaqolus cf. changae “Pucallpa”
Auch hierbei dürfte es sich um eine Lokalvariante von P. changae handeln. Am at­traktivsten sind Jung­tiere von 3-4 cm gefärbt, mit zunehmendem Alter werden die Farben leider im­mer düsterer. Die größten Im­port­tiere waren etwa 8 cm lang und sexuell voll differenziert.

Panaqolus cf. changae „Pucallpa“, Jungtier

Holzfresser
Panaqolus sind, genau wie ihre größeren Vet­tern, die Pana­que-Ar­ten, haupt­säch­­lich Holz­fresser. Weiches Holz stellt grundsätzlich einen unverzichtbaren Nahrungs­bestandteil für die Tiere dar. Daneben kann man zahlreiche andere Futterstoffe reichen, etwa Futtertabletten, totes Laub, Gurke, Kartoffelscheiben, Karottenstücke etc., doch ist es ganz wichtig, sowohl zu hohe Eiweiß- wie auch zu hohe Kohlen­hydrat­gaben zu vermeiden. Darauf ist das Verdau­ungs­system dieser Tiere nicht eingerichtet, im schlimmsten Fall kann falsche Fütterung zum Tode der Tiere führen. Da die Tiere sehr viel fressen ist eine starke Filterung unbedingt angebracht, um der in großen Massen anfallenden Kot­mengen Herr zu werden.

Panaqolus cf. changae „Pucallpa“, halbwüchsig

Zucht
Panaqolus changae hat sich als relativ leicht züchtbar erwiesen. Das Zuchtbecken sollte allerdings recht groß sein (etwa ab 120 cm Länge), da die Tiere in Brunft sehr ruppig werden können. P. changae sind typische Höhlenbrüter. Bezüglich der Wasserwerte werden keine besonderen Ansprüche gestellt, die Zucht gelingt meist im normalen Leitungswasser bei 28-30°C. Es ist sehr wichtig, den Jungtieren rechtzeitig Kot der Eltern zum Fressen zu geben, damit sie die überl­ebensnotwendigen symbiotischen Bak­terien erhalten, denn bekanntlich kann sich kein Tier ohne solche Symbionten von pflanzlichem Material ernähren.

Panaqolus cf. changae „Pucallpa“, geschlechtsreifes Männchen

Frank Schäfer

Das Rätsel von Hemichromis sp. „Fire Lips“

Die Roten Cichliden gehören zu den schönsten Süßwasserfischen der Erde. Sie sind zudem sehr leicht zu pflegen und zu züchten. Ihre Artbestimmung jedoch gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Fischkunde.

Paar von Hemichromis sp. Fire Lips

Bis zum Jahr 1979 machte man es sich in Aquaristik und Wissenschaft gleichermaßen einfach. Man unterschied lediglich zwei Arten von Buntbarschen in der Gattung Hemichromis, nämlich den Roten Cichliden, den man Hemichromis bimaculatus nannte, und den Fünffleckbuntbarsch, den man Hemichromis fasciatus nannte. Es wurden zwar auch vor 1979 schon einige weitere Arten beschrieben, die Komplexität der Merkmale bei Hemichromis, genauer gesagt: die hohe individuelle Farbvarianz und körperliche Veränderlichkeit in Abhängigkeit der Lebensumstände und dazu auch noch eine massive stimmungs- und altersabhängige Farbveränderlichkeit – führte jedoch immer wieder dazu, dass die in den Beschreibungen angegebenen Artmerkmale als nicht ausreichend angesehen wurden.

Bei diesem Hemichromis-Männchen aus Ghana handelt es sich wahrscheinlich um den „echten“ H. bimaculatus. Diese Art wird so gut wie nie im Aquarium gepflegt.
Hemichromis frempongi ist ein Vertreter der zweiten Verwandtschaftsgruppe innerhalb Hemichromis, der Fünffleck-Buntbarsche. Es sind wunderschöne, aber sehr aggressive Fische.

Die große Revision

Doch dann veröffentlichte PAUL V. LOISELLE eine Revision der Gattung Hemichromis, in der er drei Arten der Fünffleckbuntbarsche – nämlich Hemichromis fasciatus, H. elongatus und H. frempongi – und acht Arten der Roten Cichliden – H. bimaculatus, H. cristatus, H. paynei, H. guttatus, H. stellifer, H. cerasogaster, H. letourneauxi und H. lifalili – unterschied. Von diesem Zeitpunkt an schauten die Aquarianer etwas genauer hin und interpretierten die Revision (die leider Bildverwechslungen enthält) recht unterschiedlich. Es wurde immer wieder versucht, das folgende Durcheinander zu entwirren. So stellte FREYHOF (1995) einige grundlegende Dinge richtig, dem viele Autoren folgten, etwa LINKE & STAECK (2002) und LAMBOJ (2004). Dennoch halten sich einige Fehlbestimmungen hartnäckig, etwa die, dass eine (übrigens ziemlich aggressive) Zuchtform der Roten Cichliden, die es in freier Natur gar nicht gibt, als Hemichromis lifalili bezeichnet wird. Der „echte“ H. lifalili wird hingegen kaum im Aquarium gepflegt und findet sich nur bei wenigen Spezialisten.


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Hemichromis sp. „Fire Lips“

Diese Aufnahme entstand noch am Tag der Ankunft und dokumentiert die außerordentliche Schönheit der Tiere. Die blutroten, wie angemalt wirkenden Lippen führten zu der Bezeichnung ”Fire Lips”.

Diesen Hintergrund muss man kennen, um zu verstehen, warum die Bestimmung der Artzugehörigkeit Roter Cichliden so kniffelig ist. Aber ist das denn überhaupt so wichtig? Muss man denn wissen, wie ein Tier heißt, um sich daran zu erfreuen? Natürlich nicht. Unwichtig ist die Frage nach der Artzugehörigkeit aber auch nicht. Denn leider verschwinden immer mehr Tierarten von diesem Planeten für immer, ohne dass wir ihre Existenz überhaupt erfassen konnten. Da der Mensch für das Aussterben der meisten Tier- und Pflanzenarten verantwortlich ist, weil er – oft in Unwissenheit! – ihren Lebensraum so verändert, dass die Tiere und Pflanzen dort nicht mehr existieren können, liegt es in unserer Verantwortung, die Vielfalt der Lebensformen auf der Erde zu erfassen. Nur was wir kennen können wir schützen! Die Aquarienkunde ist dabei die wichtigste Hilfswissenschaft, um diese Aufgabe im Bereich der kleinen Fische zu bewältigen. Es kann in diesem Zusammenhang gar nicht oft genug betont werden, dass die Pflege und Zucht auch und gerade wildgefangener Fische im Aquarium aktiver Artenschutz ist! Ausgerottet wurde dadurch noch nie eine Tierart.

Männchen von Hemichromis sp. Fire Lips

Die Hemichromis sp. „Fire Lips“ kamen als Nachzuchtexemplare zu Aquarium Glaser, über ihre Herkunft war nichts in Erfahrung zu bringen. Natürlich wurde ich als Betriebszoologe mit der Bestimmung beauftragt, musste aber passen: die Merkmalkombination passte einfach auf gar keine bislang bekannte Art von Hemichromis! Körperform und Verteilung der blauen Glanzpunkte (den so genannten Iriodophoren) passten am ehesten zu der Art Hemichromis guttatus, doch hat diese Art immer einen gut sichtbaren, längsovalen Fleck in der Körpermitte. Bei den „Fire Lips“ (es handelte sich um etwa 25 Exemplare) war aber keinerlei Seitenfleck erkennbar. Dafür sahen die Fische bereits im Fotografieraquarium so attraktiv aus, dass ich beschloss, mir ein Pärchen mit nach Hause zu nehmen, sie nachzuzüchten und einmal zu schauen, was bei der Nachzucht herauskommen würde.

Weibchen von Hemichromis sp. Fire Lips

Hemichromis guttatus

Dieser kleine Rote Cichlide – Männchen werden etwa 10 cm lang, Weibchen bleiben kleiner – ist die wohl am weitesten verbreitete Art der Gattung im Hobby. Auch bei der Entstehung der so genannten „lifalili“- Zuchtform dürften Kreuzungen von H. guttatus den größten Anteil haben. Denn dieser Buntbarsch weist bereits innerhalb ein und derselben Population eine große Bandbreite an Farbvarianten auf. Während die Körperform und die Form und Position des Seitenflecks innerhalb einer Population recht einheitlich ist, variiert die Färbung erheblich. So gibt es quietschrote, aber auch graugrüne Individuen, hinzukommen zahlreiche Übergänge und Zwischenformen. Das ist unabhängig vom Geschlecht. Ebenso variabel ist die Anzahl der Iriodophoren, also der blauen Glanzpunkte.

Es gibt Tiere mit sehr vielen, aber auch solche mit sehr wenigen Iriodophoren und zwar sowohl bei den roten wie auch bei den graugrünen Fischen. Der Sinn dieses Farbpolychromatismus – so der Fachausdruck für „Vielfarbigkeit“ – ist völlig unverstanden. Da wir Aquarianer immer mit den in unseren Augen schönsten Fischen weiterzüchten – also den möglichst roten mit vielen Iriodophoren – und sich diese Färbung augenscheinlich auch erblich fixieren lässt, erscheinen die Aquarienstämme im Vergleich zu Wildfängen sehr einheitlich. Nun hatten wir bei Aquarium Glaser aber auch gerade H. guttatus-Wildfänge aus Nigeria, die aus dem Benue-River stammten. Ich nahm mir zum Vergleich mit den „Fire Lips“ auch ein Pärchen dieser Fische mit nach Hause, wobei ich lediglich darauf achtete, ein Paar zu fangen, aber die Färbung bewusst ignorierte.

Rotes Wildfang-Männchen von Hemichromis guttatus aus Nigeria.
Grünliche Wildfang-Männchen der gleichen Population.

Rote Cichliden im Aquarium

Männchen und Weibchen lassen sich bei Roten Cichliden recht gut unterscheiden. Die Männchen sind größer, haben länger ausgezogene Bauchflossen und eine steilere Stirn. Ich habe es noch nie erlebt, dass ein willkürlich zusammen gesetztes Paar sich nicht vertragen hätte. Gewöhnlich sind zumindest die verschiedenen Wildformen von Hemichromis guttatus sehr friedliche Tiere, sowohl gegenüber Artgenossen wie auch gegenüber artfremden Fischen.

Natürlich muss man aufpassen, wenn die Tiere laichen und Junge führen, denn sie sind ausgezeichnete Eltern und verteidigen ihr Revier und den Nachwuchs nachhaltig. Rote Cichliden dieser Gruppe sind allesamt Offenlaicher mit Elternfamilie, d.h. sie laichen auf einem harten Substrat (einem Stein, einer Wurzel etc.), aber nicht in einer Höhle und beide Eltern bewachen und führen den Nachwuchs.
Die chemische Wasserzusammensetzung bezüglich Härte und pH-Wert ist dabei unerheblich, solange sie sich innerhalb normaler Parameter bewegt, also pH möglichst nicht wesentlich unter 6 oder über 8,5 und Härte zwischen 3 und 25°GH. Die Wassertemperatur sollte zwischen 22 und 28°C liegen. Gefressen wird jegliches übliche Fischfutter, egal ob trocken, gefrostet oder lebend. Die Jungfische haben zunächst einen typischen schwarzen Längsstrich, sie erinnern ein wenig an Nannostomus-Arten. Man kann sie vom ersten Tag an mit Artemia– Nauplien füttern. Später verliert sich der Längsstreifen und damit auch der Schwarm-zusammenhalt der Jungfische.

Weibchen von Hemichromis sp. Fire Lips mit Jungen

Interessanterweise kann man die Jungen aber noch lange bei den Eltern lassen, sie werden auch mit 2-3 cm Länge, wenn sie schon wie Miniaturkopien der Eltern aussehen, nicht verfolgt. Die Geschlechtsreife tritt im Alter von etwa 4 Monaten ein, dann sind die männlichen Roten Cichliden etwa 5 cm lang. In der Größe von 6-7 cm sind sie für meinen Geschmack am schönsten, dann sind sie voll ausgefärbt, aber noch grazil. Später werden die Tiere (zumindest im Aquarium) sehr bullig, wirken wenig ästhetisch und die Farben wirken etwas verwaschen.
Die Einrichtung des Aquariums ist Roten Cichliden ziemlich egal. Es sollte nicht zu hell beleuchtet sein und einige Versteckmöglichkeiten aufweisen. Für einen Zuchtansatz reicht ein handelsübliches 60-cm-Aquarium völlig aus, dann sollten allerdings keine Beifische im Aquarium sein. Pflanzen werden von den Fischen gewöhnlich nicht behelligt.

Männchen von Hemichromis sp. Fire Lips mit Jungen

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Des Rätsels Lösung

Beide mitgenommenen Paare machten ihrer Sippe alle Ehre und laichten bald ab und zwar ziemlich zeitgleich (im Abstand von nur zwei Tagen), so dass ich gute Vergleichsmöglichkeiten hatte. Bis auf den fehlenden Seitenfleck glichen dabei die „Fire Lips“ in allen Details den Hemichromis guttatus-Wildfängen. Beide Weibchen legten als Brutpflegefärbung ein atemberaubend schönes Farbkleid an, bei dem der Rücken bis etwas unter die Körpermitte leuchtend gelb, der Bauch hingegen brillant rot gefärbt war.

Junge führendes Wildfang-Weibchen von Hemichromis guttatus

Beide Männchen färbten sich hingegen eher dezent ein, der Rücken war bis weit unterhalb der Körpermitte warmgelb, die Brust zartrot gefärbt. Die Augen waren bei den Weibchen strahlend gelb, bei den Männchen nur messingfarben. Als die „Fire Lips“ die Babystreifen verloren hat, kam die Stunde der Wahrheit. Fast alle Tiere entwickelten einen ganz normalen Hemichromis guttatus-Fleck! Lediglich acht von 134 Jungtieren, die ich aufzog, wiesen einen fehlenden oder stark reduzierten Seitenfleck auf. Somit kann ziemlich zweifelsfrei festgehalten werden, dass es sich bei Hemichromis sp. „Fire Lips“ um eine Auslese-Zuchtform von Hemichromis guttatus handelt. Was blieb, war die Frage, ob der Seitenfleck später bei allen Tieren verschwinden würde.

Junge führendes Wildfang-Männchen von Hemichromis guttatus

Ich züchtete diese Linie vier Generationen und alle Nachfahren hatten einen Seitenfleck. Dann ließ ich den Stamm aussterben. Leider ist es kaum möglich, diese Buntbarsche und ihre zahlreiche Nachkommenschaft unterzubringen. Aber ich bin mir sicher, früher oder später schwimmt wieder ein Pärchen Hemichromis guttatus in einem meiner Aquarien und begeistert mich mit ihrem interessanten Verhalten, ihren herrlichen Farben und der intensiven Brutpflege.

Frank Schäfer

Phago boulengeri

Es gibt Fischarten, die nur auf besondere Bestellung und/oder in sehr kleiner Stückzahl importiert werden, da sie doch sehr spezielle Gewohnheiten haben. Dazu zählen die flossenfressenden Phago-Arten Afrikas. Flossenfressen ist eine ziemlich weit verbreitete Ernährungsform im Fischreich. Es handelt sich dabei schließlich um eine nachwachsende Ressource und es ist besser, die Kuh zu melken, statt sie zu schlachten.

Phago boulengeri

Aber selbstverständlich ist die Fütterung solcher Nahrungsspezialisten recht aufwändig und man muss auch dafür sorgen, dass die als Flossenspender genutzten Goldfische nicht über Gebühr strapaziert werden. Der Biss selbst ist für die Goldfische offenbar völlig schmerzlos, denn sie zeigen auch danach keinerlei Fluchtverhalten vor dem flossenfressenden Phago. Der Biss ist sehr glatt, die gestutzte Flosse sieht aus, als sei sie mit einer sehr scharfen Schere bearbeitet worden. Die Flossen regenerieren sich binnen ca. 2 Wochen wieder vollständig.


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Die Bilder zeigen einen solchen Flossenfresser, einen etwa 10 cm langer Phago boulengeri aus dem Kongo, und wie er sich arttypisch ernährt.

Im Aquarium nehmen die Phago-Arten nach relativ kurzer Zeit auch „normales“ Futter in Form lebender Daphnien und Roter Mückenlarven, später auch gefrosteter Roter Mückenlarven und dann weiterer Frostfuttersorten an. Aber zumindest während einer Eingewöhnungszeit von zwei bis drei Wochen muss man damit rechnen, dass frisch importierte Tiere auf natürliche Nahrung bestehen.

Die Bisskante ist absolut glatt. Mehr als 1-2 Bisse pro Exemplar sollte man den Futter-Goldfischen nicht zumuten, auch wenn diese Bisse den Goldfischen nicht weh tun. Die Flossen regenerieren wieder vollständig.

Das Flossenfressen aufgeben tun Phago-Arten nie. Eine Pflege in Gesellschaft ist darum ausgeschlossen. Es ist eine interessante Frage, wie Phago-Arten ihre Artgenossen erkennen und das Flossenfressen dann unterdrücken; denn täten sie es nicht, gäbe es ja keine kleinen Phagos mehr…

Frank Schäfer

Was macht einen Fisch eigentlich zur Seltenheit?

Kürzlich wurden aus Peru ungewöhnlich schöne Panzerwelse importiert, die – technisch gesehen – zur Art „Metallpanzerwels“, Corydoras aeneus, gehören. In Wirklichkeit, das weiß man seit Jahrzehnten, verbergen sich hinter dem Begriff „Metallpanzerwels“ etliche Arten, die sich jedoch mit klassischen Methoden nicht voneinander trennen lassen. Der Aquarien-Metallpanzerwels ist die häufigste Panzerwelsart im Hobby. Sein genauer Ursprung ist nicht dokumentiert, es handelt sich vermutlich um eine Mischform aus Populationen aus dem südlichen Südamerika, vor allem wohl aus Paraguay. Er ist schön, anspruchslos, anpassungsfähig und züchtet äußerst produktiv. Es ist fast unmöglich, einen Metallpanzerwels falsch zu pflegen. Metallpanzerwelse werden von hiesigen Hobbyzüchtern ebenso vermehrt, wie von den Berufszüchtereien in Europa und Übersee. Und so ist der „Aquarien-Metallpanzerwels“ allgegenwärtig und für wenig Geld zu haben.

Typischer Aquarien-Metall-Panzerwels

Die Wildfangtiere-Tiere aus de Madre de Dios hingegen gibt es nur gelegentlich in kleinen Stückzahlen und sie kosten ein vielfaches von dem, was der Aquarien-Metallpanzerwels kostet. Aber warum? Was macht sie zur Seltenheit?

Wildfang-Metallpanzerwels aus dem Madre de Dios

Die Antwort lautet: weil nur ein kleiner Markt für sie vorhanden ist. Die überwältigende Mehrzahl der Aquarienbesitzer auf der Welt interessiert sich wenig bis gar nicht für die gewaltige Artenvielfalt, die gerade die Fische zu bieten haben. Die Kriterien, nach denen diese Aquarienbesitzer den Besatz für ihr Aquarium aussuchen, sind völlig andere, nämlich: sind die Tiere pflegeleicht? Sehen sie gut aus? Vertragen sie sich mit den anderen Fischen? Darum gibt es im Zoofachhandel ein so genanntes Standard-Sortiment, bestehend aus vielleicht 300 bis 400 Formen, die genau diese Kriterien, nach denen Aquarienbesitzer ihren Besatz aussuchen, erfüllen. Bezogen auf die gesamte Artenfülle der für die Pflege im Aquarium geeigneten Formen, das dürften etwa 20.000 – 30.000 sein (inklusive Zuchtformen, Unterarten, Farbvarianten, Standortformen, etc.), ist das nicht viel, rund 1-2%. Die anderen 98-99% der Arten werden immer Raritäten bleiben.


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Wildfang-Metallpanzerwels aus Paraguay. Solche Tiere waren wohl an der Entstehung des Aquarien-Metallpanzerwelses beteiligt

Nicht, weil sie in der Natur selten wären. Es gibt es kaum eine Kleinfischart, die so selten wäre,  dass nicht eine regelmäßige Nutzung der wildlebenden Bestände ohne Gefährdung der Art möglich wäre; und selbst in den wenigen Fällen, wo ein regelmäßiger Wildfang aus Artenschutzgründen nicht wünschenswert wäre, kann man sie doch, wie jede Kleinfischart, sehr leicht und in praktisch beliebiger Menge nachzüchten. Denn selbst die Arten, die nur wenige Jungtiere produzieren, vermehren sich, verglichen mit Säugetieren oder Vögeln, in ungeheuren Mengen. Zu den Arten mit der geringsten Produktivität in Sachen Nachwuchs gehören die Lebendgebärenden Zahnkarpfen, also Guppy, Platy, Schwertträger, Molly & Co.. Sie bringen pro Wurf nur 10-150 Jungtiere, je nach Größe, Alter und Ernährungszustand des Muttertieres. Verglichen mit Eierlegern ist das ein Witz, laichen doch selbst die winzigen Neonsalmler 50-100 Eier pro Laichgang und das alle 6 Tage, während zwischen der Würfen der Lebendgebärenden 8-12 Wochen liegen.

Xiphophorus meyeri, ein durch Umweltzerstörung gefährdeter Wildplaty aus Mexiko. Bei Bedarf könnte man ihn zu Millionen züchten, doch besteht keine Nachfrage.

Selbst wenn ein Guppy nur 10 Jungfische pro Wurf hat, die ihrerseits wieder nur 10 Jungfische pro Wurf produzieren und so weiter, so ergeben sich von einem einzigen Ausgangstier nach vier Generationen eine theoretische Nachkommenzahl von 19.450 Exemplaren in etwas mehr als einem Jahr! Dabei wird eine Generationsfolge von 12 Wochen zugrunde gelegt und davon ausgegangen, dass etwa 50% der Jungtiere Männchen und 50% Weibchen sind. Bei angenommenen 20 Jungtieren pro Wurf sind es schon 46.900 Nachkommen. Und bei 50 Jungtieren pro Wurf schwindelerregende 20.411.500. Wohlgemerkt, von einem einzigen Weibchen nach vier Generationen in etwas über einem Jahr. Die tatsächlichen Nachkommenzahlen bei Kleinfischen sind aber erheblich höher. Kurz und gut: einen seltenen Fisch bräuchte es eigentlich nicht zu geben, sie pflanzen sich reichlich fort. Doch wohin mit all den Fischen? Wer soll sie kaufen?

Chilatherina sentaniensis
Dieser wunderschöne Regenbogenfisch, der von innen heraus zu glühen scheint, ist in der Natur leider durch Umweltverschmutzung extrem vom Aussterben bedroht. Er lebt ausschließlich im Sentani-See auf Neu-Guinea und einigen Zuflüssen des Sees. Man könnte auch diese Rarität zu Millionen und Aber-Millionen züchten…

Niemand. Es gibt keinen Markt für 20.000 – 30.000 verschiedene Fischformen, wenn man sie ständig anbietet. Darum sind Raritäten letztendlich Raritäten, weil sie kaum jemanden interessieren. Aber diese „kaum jemand“ sind, in Zahlen ausgedrückt, doch immerhin einige hundert Menschlein. Und die haben ihre Freude an einem Metallpanzerwels, der anders als üblich aussieht, der ein Wildfang aus einer abgelegenen Region ist – in diesem Falle Puerto Maldonado, am Fluss Madre de Dios gelegen – und der zahllose Beobachtungsmöglichkeiten bietet, die man an der Haustierform des Metallpanzerwelses aus den verschiedensten Gründen nun einmal nicht machen kann.

Metall-Panzerwelse aus dem Madre de Dios sind eine Rarität und werden auch stets eine Rarität bleiben.

Darum werden solche Seltenheiten immer wieder einmal angeboten und finden dann – als vergleichsweise teure Rarität – auch ihre Käufer. Gut so!

Frank Schäfer

Der Flugfrosch (Rhacophorus reinwardtii) – Ein echter Überflieger?!

Rhacophorus reinwardtii, ein wunderschöner Baumfrosch aus dem Regenwald des tropischen Südostasiens (Malaysia bis Borneo) wird gewöhnlich als Flugfrosch bezeichnet. Allerdings fliegt er nicht wirklich.
Außer Fledertieren (Fledermäusen und Flughunden) können von den Wirbeltieren nur Vögel fliegen – obwohl die Beilbauchfische des Süßwassers (Gasteropelecidae) dem echten Fliegen nahe kommen, wenn sie auf der Flucht vor Fressfeinden aus dem Wasser springen und wild mit ihren Brustflossen schwirren, genau wie Fledertiere und Vögel es beim echten Fliegen tun. Davon einmal abgesehen sind alle sonstigen Wirbeltiere, die als “fliegend” bezeichnet werden, Gleiter – egal ob Echsen, Schlangen oder Hörnchen.

Die Flughäute zwischen den Fingern sind bei Rhacophorus reinwardtii schwarz gefärbt

Auch der Gegenstand unseres Interesses fällt in die Kategorie “Gleiter”. Darum würde er besser als “Gleitfrosch” bezeichnet werden. Im Englischen nennt man ihn manchmal auch “black-webbed treefrog”, also “Baumfrosch mit schwarzen Spannhäuten” – ein passender Name. Er bezieht sich auf die auffällig gefärbten Spannhäute zwischen den Fingern und Zehen der Art. Der Frosch hat außerdem Hautfalten entlang der Vorderseite der Arme, fast von der Schulter bis zum Handgelenk. Wenn der Frosch von einem Ast zum nächsten springt – es handelt sich um Bewohner der Baumkronen – spreizt er alle vier Extremitäten weit vom Körper ab, wodurch sich die Hautfalten und Spannhäute aufspreizen. Das erlaubt dem Tier Gleitsprünge von 10 – 15 Metern Weite. Das ist sehr bemerkenswert für einen Frosch von 5.5 – 8 cm (Weibchen) bzw. 4.2 – 5.3 cm (Männchen) Länge.

Rhacophorus reinwardtii kan nicht nur fliegen, er kann auch schreiten.

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In der Natur besiedelt die Art ein Areal von ca. 2.000 km2. Nach der World Conservation Union (IUCN) “…kommt er vermutlich weiter verbreitet vor als die gemeldeten Funde vermuten lassen, besonders in Gebieten zwischen gesicherten Fundorten, obwohl die Zerstückelung der Tieflandwälder sein Areal wahrscheinlich reduziert hat…”. Bezüglich der Höhenverbreitung gibt die IUCN an “er kommt bis 1.400 m über Seehöhe vor, hat seine Hauptverbreitung aber in tiefer gelegenen Arealen.” Man nimmt an, dass die wildlebenden Bestände rückläufig im Bestand sind. Dass die Art allgemein als selten gilt, ist vielleicht die Folge davon, dass die Tiere schwer zu finden sind. Eine Ausnahme ist nur die Fortpflanzungszeit,wenn sich eine Anzahl der Frösche an Waldtümpeln einfindet. Gründe für den Bestandsrückgang sind Waldvernichtung, Wasserverschmutzung und Ausdehnung des Siedlungsbereichs des Menschen. Daher wird R. reinwardtii derzeit von der IUCN als “Beinahe Gefährdet”gelistet. Man sorgt sich um die Zukunft dieses spektakulären Frosches, denn einige der bekannten Vorkommen, etwa die 6 auf der Malaiischen Halbinsel, liegen nicht in Schutzgebieten. Darüber hinaus weiß man nichts über die Häufigkeit der Art in den geschützten Gebieten Malaysias und Indonesiens. Dennoch ist der Flugfrosch vermutlich nicht ernsthaft gefährdet – jedenfalls noch nicht.

Wie die meisten Baumfrösche sitzt die Art gerne mit dem Kopf nach oben gerichtet.

In menschlicher Obhut braucht dieser Gleiter ein großes Terrarium. Ein etwa 150 cm hoher Behälter erlaubt es, eine Art von Dschungel-Terrarium einzurichten, in dem sich eine ausreichend große Anzahl von Ästen und Pflanzen befindet, die den Fröschen eine naturnahe Fortbewegung ermöglichen. Ein großer Wasserteil ist sinnvoller als ein Wassernapf, besonders, wenn man züchten möchte.

Rhacophorus pardalis hat orange-rote Flughäute; seine Pflege und Zucht entspricht der von R. reinwardtii.

Die Beleuchtung sollte naturnah sein, also einen 12-Stunden-Tag simulieren. Es ist aber möglich, ein schwaches Nachtlicht zu installieren, denn in der Dunkelheit ist die Hauptaktivitätsphase der Frösche und schließlich pflegt man sie ja, um sie zu beobachten. Die Feuchtigkeit sollte hoch sein (70-90%) und die Temperatur im Bereich von 21-32°C liegen; nachts sollte die Temperatur um 3-6°C sinken. Während der Ruhephase, die der Trockenzeit in der Heimat der Tiere entspricht und etwa von Mai bis September dauert, sollte die Temperatur generell um 5-10°C niedriger
liegen.


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Bei der verwandten Art Rhacophorus schlegelii sind die Flughäute kaum entwickelt.

Die Ernährung ist ausschließlich animalisch: Heimchen, Heuschrecken, Mehlwürmer etc. werden gern gefressen. Man sollte diese Futtertiere grundsätzlich mit einem Vitamingemisch einstäuben. Erwachsene Exemplare füttert man zweimal pro Woche, Jungtiere öfter. Wenn man züchten möchte ( in der Natur pflanzen sich die Tiere zur Regenzeit fort), muss man Äste anbieten, die über dem Wasserteil des Terrarium anzubringen sind. Das kleinere Männchen klammert sich in typischer Froschmanier auf dem Rücken des Weibchens fest (Amplexus). Sobald das Weibchen einen Fleck gefunden hat, das seinen Ansprüchen genügt, baut es ein Schaumnest, das es aus abgestreiften Hautsekreten produziert. Bis zu 800 Eier werden in ein solches Schaumnest gelegt, das an einem Ast oder einem Blatt angeheftet ist. Sobald die Eier befruchtet sind, trennt sich das Paar. Gelegentlich kehrt das Weibchen zum Schaumnest zurück, um weitere Eier hinein zu legen. Während der nächsten Stunden verhärtet sich die Oberfläche des Schaumnestes, wodurch verhindert wird, dass es sich auflöst. Erst wenn nach einigen Tagen die Entwicklung der Eier abgeschlossen ist, löst sich das Schaumnest auf und die Larven tropfen in das Wasser darunter. Da die Kaulquappen vollständig aquatisch leben, kann man sie in ein Aquarium überführen. Wenn das Wasserteil im Terrarium groß genug ist, kann man sie auch dort belassen. Sie werden mit Trockenfutter für Zierfische, Frostfutter und Algen ernährt. Es dauert 3.5 bis 4 Monate, bis sich aus ihnen kleine Frösche entwickelt haben, die dann mit vitaminisierten und mineralisierten, kleinsten Insekten aufgezogen werden.

John Dawes

Fahnenbarsche

Dank der vergleichenden Anatomie wissen wir heutzutage so einiges über die Verwandtschaftsverhältnisse im Tierreich. Manches davon ist verblüffend. Wer denkt schon beim Anblick eines Klippschliefers, eines Tieres, das wie ein fettes Murmeltier aussieht, dass man hier einen unmittelbaren Verwandten der Elefanten vor sich hat? Einen ähnlichen Größenunterschied findet man bei den Fahnenbarschen und ihren nächsten Verwandten.

Klippschliefer; Bild von Marcel Langthim auf Pixabay

Die Fahnenbarsche (Anthiinae) sind eine Gruppe relativ kleinwüchsiger Fische, die meist atemberaubend bunt gefärbt sind. Man unterscheidet derzeit etwa 22 Gattungen mit zusammen fast 250 Arten. Alle Arten leben im Meer. Sie sind tatsächlich die nächsten Verwandten der Zackenbarsche (Epinephelinae), deren größter Vertreter immerhin gut 3 m lang und über 400 kg schwer werden kann. Zusammen mit diesen und den Serraninae bilden die Fahnenbarsche die Familie der Serranidae.

Mittelmeerfahnenbarsch, Anthias anthias
Zum Vergleich, ebenfalls aus em Mittelmeer: Epinephelus marginatus, der Braune Zackenbarsch
Und schließlich noch ein Vertreter der dritten Unterfamilie aus dem Mittelmeer, der Schriftbarsch, Serranus scriba

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Schwarmfische

Doch unterscheiden sich die Fahnenbarsche nicht nur äußerlich stark von ihren großen Vettern, auch ihr Verhalten ist völlig anders. Die Zackenbarsche sind nämlich sehr unverträgliche Einzelgänger, die man im Aquarium nur mühselig und mit viel Geduld aneinander gewöhnen kann, die Fahnenbarsche dagegen sind Schwarmfische. Man sollte immer versuchen, Fahnenbarsche in Gruppen zu pflegen. Dann zeigen sie ihr volles Verhaltensspektrum und auch ihre ganze Farbenpracht.

Die Farbenpracht von Pseudanthias ventralis lässt das Herz jeden Aquarianers höher schlagen.
Weibchen von Pseudanthias ventralis

Protogyne Zwitter
Etwas aber haben die Fahnenbarsche und die Zackenbarsche gemeinsam: sie beginnen ihr Leben als Weibchen und beenden es als Männchen. Sie sind Zwitter und Arten mit dieser Reihenfolge der Geschlechtsumwandlung nennt man protogyn, beginnt ein Zwitter sein Leben als Männchen und verwandelt sich dann in ein Weibchen, nennt man das protandrisch. Zwitter, die gleichzeitig Männchen und Weibchen sind, nennt man funktionelle Zwitter, aber das kommt nur recht selten vor. Der Sinn einer protogynen Zwittrigkeit liegt auf der Hand. Ein Männchen kann den Laich vieler Weibchen befruchten. Da die Überlebenswahrscheinlichkeit ständig sinkt, je älter ein Tier wird, reicht es bei protogynen Zwittern, wenn nur ein Tier von vielen es zum Männchen schafft. Die Arterhaltung ist trotzdem gesichert. Fischarten mit protandrischem Zwittertum findet man darum auch nur vergleichsweise selten.

Männchen von Pseudanthias bimaculatus
Weibchen von Pseudanthias bimaculatus


Ein Leben in Haremsverbänden

Ein Fahnenbarsch-Schwarm besteht zahlenmäßig stets aus viel weniger Männchen als Weibchen. Die Männchen imponieren untereinander heftig, was aber kaum zu Beschädigungskämpfen ausartet, sondern eher dazu dient, den Weibchen zu zeigen, was für ein toller Hecht man ist. Denn die Weibchen entscheiden bei den Fischen gewöhnlich, welches Männchen sich mit ihnen paaren darf.

Imponierendes Männchen von Pseudanthias barlettorum

Wenn man die Möglichkeit dazu hat, sollte man sich ein bis mehrere Männchen (das hängt natürlich von der Aquariengröße ab) und pro Männchen drei bis fünf Weibchen anschaffen. Leider werden aber häufiger Männchen als Weibchen exportiert, weil die Männchen viel schöner sind. Sie sind farblich attraktiver und besitzen größere Flossen.
Aber auch wenn es beim Händler nur Männchen gibt, sollte man lieber mehrere Exemplare erwerben. Denn derart soziale Tiere, wie es die Fahnenbarsche nun einmal sind, verkümmern geistig, wenn sie ohne Artgenossen gepflegt werden. Kauft man zwei Männchen, besteht das Risiko, dass eines der Tiere über das andere dominiert und das unterlegene Exemplar mittelfristig an den Folgen des permanenten negativen Stresses stirbt. Besser ist immer ein Trupp von mindestens fünf Exemplaren (wenn es die Aquariengröße zulässt), dann bildet sich ein komplexes Sozialgefüge, das zu beobachten viel Freude bereitet und sehr lehrreich ist.
Fahnenbarsche betreiben keinerlei Brutpflege, sie geben ihre Geschlechtsprodukte einfach frei ins Wasser ab, wo sich die befruchteten Eier im Plankton entwickeln. Diese Strategie ist scheinbar sehr erfolgreich, denn Fahnenbarsche zählen zu den häufigsten Fischen im Riff.

Alle drei Bilder zeigen Pseudanthias calloura

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Planktonfresser
Anders als ihre großen Vettern, die Zackenbarsche, die Raubfische sind, sind die Fahnenbarsche spezialisierte Planktonfresser. Als Plankton bezeichnet man alle frei im Meer lebenden Organismen. Das größte Planktontier ist demnach der Blauwal, der gleichzeitig das größte Tier auf Erden ist. Umgangssprachlich nimmt man das aber nicht so genau und bezeichnet als Plankton vor allem Kleinlebewesen.
Fahnenbarsche schnappen also so ziemlich nach allem, was frei im Wasser treibt und in das Maul passt. Die Eingewöhnung empfindlicher Arten muss manchmal mit Lebendfutter erfolgen, vor allem dann, wenn die Tiere sehr scheu sind. Sie haben dann so viel Angst vor dem Pfleger, dass das Frost- oder Trockenfutter längst verschwunden ist, bis sie sich wieder beruhigt haben. Einmal eingewöhnt, fressen aber fast alle Fahnenbarsche problemlos tote Futtermittel, wie das eben erwähnte Frost- oder Trockenfutter.
Trotzdem gelten Fahnenbarsche vielen Aquarianern als schwierige Pfleglinge. Warum das?
Diese Fische brauchen mehrmals täglich Futter, um gesund zu bleiben, da sie nicht in der Lage sind, Futter auf Vorrat zu fressen. Aber wer kann schon 5-7 mal täglich füttern? Ganz einfach, ein Futterautomat.

Pseudanthias fasciatus

Hat man Fahnenbarsche, die Trockenfutter fressen, so kann man ihnen über einen Futterautomaten die Form der Ernährung bieten, die diese Planktonfresser brauchen.
Leider wird bei Futterautomaten und beim Trockenfutter viel falsch gemacht. Trockenfutter, egal ob als Flocken oder Granulat, sind empfindliche Lebensmittel, die kühl, dunkel und luftgeschützt aufbewahrt werden müssen. Sonst oxydieren die kostbaren ungesättigten Fettsäuren, werden Vitamine von Licht und Wärme zerstört, greifen Bakterien und Pilze die Kohlenhydrate und Eiweiße an. Man sollte also dieses Futter am besten im Kühlschrank aufbewahren und den Futterautomaten im Idealfall täglich frisch befüllen.
Eine angebrochene Futterdose sollte spätestens nach vier Wochen aufgebraucht sein. Wer nur größere Gebinde kaufen kann, sollte die Hauptmenge einfrieren.
Wenn man jetzt noch morgens und abends mit Frostfutter füttert, sind Fahnenbarsche nicht nur wunderschöne, sondern auch ziemlich problemlose Pfleglinge, die durch ihre Farbenpracht und ihr interessantes Sozialverhalten immer wieder begeistern.

Pseudanthias squamipinnis

Frank Schäfer

Brachyrhamdia meesi (Sands & Black, 1985)

Junges Männchen von Brachyrhamdia meesi aus Brasilien

Die Gattung Brachyrhamdia umfasst nur sechs beschriebene Arten, eine weitere, die wissenschaftlich noch unbeschrieben ist, wurde vor über 10 Jahren als Beifang importiert, seither hörte man nichts mehr von ihr. Es handelt sich um relativ kleinwüchsige Welse. Brachyrhamdia meesi stammt aus Brasilien und wird etwa 8 cm lang. Wie alle Arten der Gattung schwimmt auch sie als Jungfisch mit verschiedenen Corydoras-Arten im Schwarm. Wenngleich die Färbung von B. meesi nicht sonderlich ähnlich zu der von z.B. Corydoras schwartzi ist, fällt B. meesi im Corydoras-Schwarm fast gar nicht auf.  Der Sinn dieser Nachahmung ist noch nicht erforscht. Es könnte sich um einen Fraßschutz handeln (allerdings verfügen Brachyrhamdia über kräftige Stacheln in den Brustflossen und der Rückenflosse, mit denen sie sehr schmerzhafte Stiche austeilen können), der Corydoras-Schwarm könnte aber auch zur Tarnung dienen, die es den räuberischen Brachyrhamdia ermöglicht, näher an kleine Beutetiere heranzukommen.

Männchen erkennt man am schwarzen Saum der Rückenflosse.
Weibchen

Im Aquarium sollte man Brachyrhamdia meesi im Schwarm mit ihresgleichen pflegen und unbedingt auch einen Panzerwels-Schwarm dazusetzen, um das Zusammenleben der beiden Arten beobachten und analysieren zu können. Man sollte dazu eine Corydoras-Art mit Augenbinde wählen, etwa den schon erwähnten C. schwartzi oder auch C. leucomelas, C. agassizii und ähnliche Arten. Gegenüber Fischen, die als Nahrung nicht in Frage kommen (also alle Arten, die etwa halb so groß oder größer als die Brachyrhamdia sind), verhalten sich B. meesi vollkommen friedlich. Im Aquarium sind die Welse Allesfresser, die jegliche Trocken-, Frost- und Lebendfutter zu sich nehmen. Pflanzliche Kost spielt keine Rolle, Pflanzen werden von den Fischen auch ansonsten völlig ignoriert.

Jungtiere sind im Wesentlichen wie die Erwachsenen gefärbt

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Das Aquarium für B. meesi sollte einen feinen Sandboden haben, mit zahlreichen Wurzeln dekoriert sein und nicht zu hell beleuchtet werden. Am besten kultiviert man eine Solitärpflanze – etwa eine Amazonas-Schwertpflanze (Echinodorus) – in einem Kulturgefäß und beleuchtet nur diese Pflanze gezielt, während im übrigen Aquarium etwas diffuses Licht herrschen kann. Die Wasserwerte sind von untergeordneter Bedeutung (pH zwischen 5,5 und 8, dGH zwischen 5 und 20° dH), die Wassertemperatur sollte zwischen 22 und 28°C liegen.

Erwachsenes Männchen von B. meesi
Erwachsenes Weibchen von B. meesi

Männliche Brachyrhamdia meesi haben einen schwarzen Saum in der Rückenflosse und entwickeln mit dem Eintritt der Geschlechtsreife stark vergrößerte Rücken- und Schwanzflossen. Bei den Weibchen bleibt die Größe der Flossen konstant. Sie setzen leicht Laich an und sind dann sehr dick, doch wurde in der aquaristischen Literatur noch nicht über eine erfolgreiche Zucht berichtet. Vermutlich liegt der Grund dafür an zu geringem Interesse der Aquarianer an diesen hübschen Welsen – schade! Es kann davon ausgegangen werden, dass B. meesi keine Brutpflege ausübt und ähnlich zum Ablaichen zu stimulieren ist, wie die Corydoras-Arten des zentralen Amazonasbeckens. Es gibt Beobachtungen aus den 1980er Jahren, nach denen die mit B. meesi verwandte Art B. imitator aus Kolumbien durch das Ablaichen von Corydoras brevirostris, mit denen sie gemeinsam gepflegt wurden, ebenfalls zum Ablaichen stimuliert wurde.

Frank Schäfer

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